Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
3 Aktuell 30. August 2018 Karin Kneissl sprach am Freitagabend auf Einladung des Alumni Vereins in der Alten Gerberei „Die Herausforderung ist China“ Außenministerin K arin Kneissl vermisst eine geo- politische Strategie in der EU und warnt vor der zu- nehmenden Einlussnahme Chinas. Das Thema Hoch- zeit und Putin wurde nur am Rande abgehandelt. St. Johann | Sechs Fragen an Au- ßenministerin K arin Kneissl standen auf den Programm des Alumni-Vereins am Freitag- abend. Keine davon beschäf- tigt sich mit dem Diskussions- thema der vergangenen Tage: Der Einladung und das Erschei- nen des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Hoch- zeit von Kneissl. „Wir wollen hier bewusst nicht tagespoliti- sche hemen diskutieren“, er- klärte Interviewführerin Alo- isia Wörgetter. Der kostenlose Diskussionsabend, zu dem der Absolventenverein des Gymna- siums einlud, lief unter dem Ti- tel „Geopolitik und Diplomatie“. Seit acht Monaten ist Kneissl (Parteifrei) als Außen- , E uropa- und Integrationsministerin im Amt. Sie gilt als Expertin im Nahen Osten und spricht sie- ben Sprachen. Kritik an fehlender Klarheit der Sprache Die Sprache sieht sie auch als das wichtigste Werkzeug in der Di- plomatie. „Man kann knallhart sein, aber trotzdem eine schöne Sprache plegen. Mein Motto ist es, immer eine Sprache zu bewah- ren, die eine weitere Kommuni- kation ermöglicht.“ Sie kritisiert auch die zunehmend fehlende Klarheit der Sprache: „Es gibt Resolutionen aus den 70er Jah- ren, da steht auf einer Seite al- les drinnen. Heute ist die Spra- che hülsenartig und r au – das ist eine bedauerliche Entwicklung.“ Die EU ist in einer „Sandwich-Situation“ Österreich und die EU s ind in einer politischen Sandwich-Si- tuation zwischen den Mächten USA, Russland und China, sagt die Außenministerin. C hina sei jedoch die wahre Herausforde- rung: „Ich habe den Eindruck, dass China mit einer unend- lich klugen Strategie vorgeht, um sich neue Einlusszonen zu verschafen. Wir wollen das aber immer noch nicht wahr haben.“ Als Beispiel nennt sie Südost- europa, Südamerika oder Af- rika, wo die Chinesen krätig investieren. Energieallianzen und Wettlauf um Ressourcen In Zukunt wird es weiterhin um Energieallianzen und den Wett- lauf um Ressourcen gehen. „Die Elektromobilität b raucht z.B. für die Batterien bestimmte Roh- stofe, wo auch otmals China bereits durch Lizenzen die Hand drauf hat“, veranschau- licht Kneissl. Das Hauptprob- lem in der EU sieht sie in ihrer Trägheit. „ Wir verlieren uns in Erbsenszählerei. Ü ber all die Bruchlinien in der EU vergisst man auf das geopolitische, stra- tegische Denken. Auch die im- mer mehr werdenden Sanktio- nen gegen andere Länder sehe ich als Problem.“ Neue Seite mit der Türkei aufschlagen Neue Wege will Kneissl in Sa- chen Türkei g ehen: „Ich bin angetreten, um eine neue Seite aufzuschlagen. Es liegt mir und dem türkischen A ußenminister sehr viel daran, dass wir wieder miteinander sprechen und uns nicht über die M edien etwas aus- richten lassen. Wir sind in vie- len Belangen unterschiedlicher Meinung. Es gibt aber auch Ko- operationsmöglichkeiten, eine kleine davon ist Ephesos, wo seit 1885 von Österreichern archäo- logische Forschungen betrieben werden – das können w ir nun wieder fortführen. Wenn man sich auf das konzentriert, wo man miteinander arbeiten kann, dann geht schon ein bisschen was weiter. Obwohl es große P rob- leme gibt, ist und bleibt die Tür- kei ein wichtiger Staat in unse- rer unmittelbaren Nähe.“ Naher Osten: Keine Lösung in Sicht Ein hema, das die Zuschauer besonders interessierte, war ihre Meinung zur Lage im Nahen Os- ten, mehrere Fragen zielten da- rauf ab. „Der Palästina-Konlikt wird mittlerweile von vielen an- deren Schauplätzen überschat- tet. Hätten w ir uns vor 30 Jah- ren zusammengesetzt, um die Nah-Ost-Frage zu lösen, h ät- ten wir damals vielleicht acht Teilnehmer gehabt. Heute ha- ben wir die unterschiedlichs- ten Gruppierungen – das macht verhandeln verdammt schwie- rig. Wer steht wofür? W er kann was garantieren? Wir üben uns in Konliktmanagement nicht in Lösungen. G egenwärtig s tehen wir auch in einer sehr schwieri- gen Phase mit dem Iran. Wenn wir die Übereinkunt mit dem Iran verlieren, dann können w ir gleich auhören völkerrechtliche Beziehungen zu plegen. Dann ist das Vertrauen weg“, so Kneissl. Entwicklungshilfe: Schwerpunkt Frauen In der Entwicklungshilfe will sie einen Schwerpunkt auf Genital- verstümmelung bei Frauen set- zen. „Damit kann ich die Welt nicht retten, aber ich kann das Leben dieser Frauen massiv ver- bessern. Familienplanung will ich auch stärker ansprechen, denn die demographischen Entwick- lungen lösen g roße P robleme aus. Wenn es uns außerdem g elingt, in Orten ein Minimum an Basis- versorgung mit Strom und Was- ser aufrecht zu erhalten, dann bleiben die Menschen in ihren Dörfer – das f ängt b ereits in der Ostukraine an“, so Kneissl. „Es war ein Knicks kein Kniefall“ Ein Besucher sprach die Außen- ministerin dann doch auf ihren russischen Hochzeitgast an. „Wer mich kennt, weiß, dass ich die al- lerletzte bin, die sich unterwirt. Es war ein Knicks, kein Kniefall. Wladimir Putin hat sich verbeugt und ich habe einen Knicks ge- macht, genauso wie ich das bei einem Tanz mit meinem auch Mann machen würde.“ Johanna Monitzer In entspannter Atmosphäre stand BM Karin K neissl (re.) Aloisia Wörgetter sowie den Besuchern in der Alten Gerberei am Freitagabend Rede und Antwort. Über eineinhalb Stunden sprach K neissl über W eltpolitik. Foto: Monitzer
< Page 2 | Page 4 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen