Kitzbüheler Anzeiger

Westendorf

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4 Juli 2020 Thema Jakob Gossner berichtet anlässlich des Jubiläums „75 Jahre Kriegsende“ von seinen Erlebnissen. Im ers- ten Teil (Juniausgabe) be- schrieb er die Kriegswirren, im zweiten Teil geht er auf die Gefangenschaft ein. Alle Einheiten wurden nach Verona zu einem Feldflug- hafen gebracht, wo wir unsere kleinen Zelte auf- schlagen mussten, die wir ja stets mitgeschleppt haben. Nach ein paar Wochen beka- men wir Acht-Mann-Zelte, auf denen wir aber auch wie- der auf dem Boden schlafen mussten. In diesem Lager waren wir etwa 18 Mann aus Westendorf, die in den verschiedenen Abschnitten in Italien ihren Dienst ge- leistet hatten, denn auch in den anderen Landesteilen war der Krieg beendet. Die Verpflegung war halbwegs in Ordnung, wir waren da- mals aber auch mit einer Suppe und einem Stück Brot zufrieden. Nach einigen Wochen wur- den die ersten von uns in die Heimat entlassen. Jeden Tag hoffte man nun, dass man aufgerufen wurde, bei mir dauerte es aber bis zum 24. Juli, ehe ich mit dem Gass- ner-Simon endlich nach Hause durfte. Es war zufäl- lig mein Geburtstag! Wir wurden zum Bahnhof ge- fahren und in Viehwaggons verladen. Spät abends fuhr der Transport los. Am nächsten Tag dann ein neuerlicher Schreck: Wir waren in Rom auf einem Güterbahnhof eingetroffen. Was war da passiert? Mit dem wachhabenden Ameri- kaner konnten wir nicht re- den, denn niemand von uns konnte ein Wort Englisch und er sprach nicht Deutsch. Rom war aber nicht die Endstation unserer Irrfahrt, denn es ging – mit vielen Aufenthalten – weiter nach Süden. Einige Tage später erreichten wir Bari, wo wir in ein Lager mit Acht-Mann- Zelten kamen. Nichts war es mit dem Heimreise gewor- den! In Bari wurden wir zu Ar- beiten eingeteilt. Auf dem Flughafen standen 200 Dop- pelrumpf-Flieger, die zu die- sem Zeitpunkt flugunfähig waren, weil der Treibstoff fehlte. Diese Maschinen mussten wir abbauen und zerlegen. Die wertvollen Apparate wurden ausgebaut und das Wrack dann in Tei- le geschweißt. Die Appa- rate wurden in einer Halle gereinigt, verpackt und auf Schiffe verladen. Was nicht mehr brauchbar war, kam auf Müllhalden. Die Arbeit in Bari war eine heiße Angelegenheit. V or al- lem der Durst plagte uns oft, das Essen war zwar nicht schlecht, aber eben ziemlich wenig. Einmal täglich durf- ten wir alle zum Wassertrin- ken in die Halle. Immer wieder kamen Luft- geschwader mit weiteren Maschinen für uns an. Ein Flieger konnte seine Räder nicht ausfahren und musste eine Bruchlandung absol- vieren. Mit einem riesigen Feuerstrahl setzte die Ma- schine auf der Landebahn auf, und von allen Seiten eil- ten Feuerwehrmänner her- an, die löschen wollten, aber wie durch ein Wunder kam es zu keinem Brand. Erst Ende Oktober waren unsere Arbeiten in Bari be- endet und es kam zum Stel- lungswechsel nach Foggia. Inzwischen war es Weih- nachten geworden, was wir daran merkten, dass die Suppe etwas dicker war und einige Kameraden mit Inst- rumenten Weihnachtslieder spielten. Auch gesungen wurde am Heiligen Abend. Ich sehe noch heute diese harten Burschen, wie sie sich Tränen aus den Augen wischten. Unter anderem wurde auch ein Teil von „Lili Marleen“ angestimmt, in dem es heißt: „Unter ho- hem Stacheldraht, weit in fremdem Land, hat ein har- tes Schicksal so grausam uns verbannt. Alles will ich tragen, und wär´ es noch so schwer, könntest du mir sagen, wann ich zuhause wär´.“ In Foggia wurde ein Mi- litärflughafen gebaut. Wir Kriegsgefangene („Skla- ven“) mussten in einem Steinbruch schuften. Zuerst standen Bohrarbeiten an, zwölf Stunden täglich. Dann meldete ich mich zu ei- nem Sprengkommando und musste Sprengladungen in die Bohrlöcher stopfen und mit Zündschnüren versehen. Nach dieser Arbeit wurde rundum alles verräumt und die Zündladung mit einer Sprengmaschine aktiviert. Nach einem gewaltigen Knall und Staubwolken wurde begutachtet, ob alle Jakob Gossner berichtet von seinen Erlebnissen am Ende des Zweiten Weltkriegs (Teil 2) Kriegsgefangenschaft und Heimkehr Rückzug (Symbolbild)
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