Kitzbüheler Anzeiger
27.03.2021
News  
 

In Heimen wächst Unverständnis

Die Durchimpfungsrate in den Altenwohnheimen ist durchwegs hoch, die Corona-Schutzmaßnahmen bleiben hingegen unverändert restriktiv. Rufe nach Lockerungsschritten werden zunehmend lauter.

Kitzbühel, Fieberbrunn, Westendorf | Betagte Menschen, die ihre Familien schmerzvoll vermissen; Angehörige, die unter den stark eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten leiden und ein Pflegepersonal, das seit einem Jahr am Anschlag und unter verschärften Bedingungen arbeitet. Das ist noch immer die bittere Realität in den Altenwohn- und Pflegeheimen – trotz mittlerweile hoher Durchimpfungsraten, sowohl unter den Bewohnern als auch unter ihren Pflegern und Betreuern. „Es ist tragisch“, erklärt der Westendorfer Heimleiter Joachim Wurzrainer auf Nachfrage. „Die Impfung hat uns in den Heimen die erhoffte Normalität nicht zurückgebracht. Wir sehen leider noch immer kein Licht am Ende des Tunnels.“
Dabei hat die Corona-Schutzimpfung durchaus hohen Zuspruch erhalten, das ergab eine Anfrage des Kitzbüheler Anzeigers: In Westendorf sind 99 % der Bewohner und 75 % des Personals geimpft, ähnlich ist die Lage in den Altenwohnheimen Fieberbrunn (99 % Bewohner, 75 % Mitarbeiter) und Kitzbühel (80 % Bewohner, 73 % Mitarbeiter). In den weiteren Heimen dürften die Zahlen ähnlich ausfallen.

„Maskenpflicht und Tests sind belastend“
Dass die geimpften Pfleger noch immer FFP2-Masken tragen und sich alle zwei Tage einem Coronatest unterziehen müssen, ist für die befragten Heimleiter „nicht nachvollziehbar“. Diese restriktiven Schutzmaßnahmen seien „enorm belastend“, sagt auch Sven Kolozs-Haid, Leiter des Altenwohnheimes Kitzbühel, „zumal wir seit einem Jahr ohnehin am Limit arbeiten“.
Ganz besonders aber leiden die Bewohner unter der Situation, da sie seit dem Pandemie-Ausbruch mehr oder weniger abgeschottet sind. Auf das totale Besuchsverbot im Vorjahr folgten nur geringfügige Lockerungsschritte.

„Die Enkel seit einem Jahr nicht umarmt“
Seit wenigen Wochen sind pro Bewohner nur zwei Besuche pro Woche mit jeweils höchstens zwei Personen zugelassen - unter Einhaltung des bestehenden Präventionskonzeptes. „Das bedeutet für unsere Bewohner, dass sie ihre Angehörigen seit einem Jahr nicht mehr in den Arm nehmen konnten. Viele leiden sehr darunter“, schildert Andrea Kranz, stv. Pflegedienstleiterin in Fieberbrunn, betroffen. „Wir versuchen mit allen Kräften, vieles zu kompensieren. Den Sohn, die Tochter oder die Enkelkinder können wir freilich nicht ersetzen.“
Trotz aller Bemühungen, den Alltag im Heim für die Senioren so normal wie möglich zu gestalten, stoße man an seine Grenzen, schildert Kolozs-Haid. Sei es, weil sich die Bewohner verschiedener Stockwerke nicht treffen dürfen, oder etwa, weil die Testpflicht für Friseurbesuche auch für Geimpfte aufrecht ist. „Wie aber soll ich einem Demenzkranken erklären, dass er trotz der Impfung auch noch einen Hals-Nasen-Abstrich benötigt, um sich die Haare schneiden zu lassen“, fragt Joachim Wurzrainer empört.

PVÖ Tirol fordert „humanere Regelungen“
In den Heimen hofft man jetzt um so mehr auf baldige gesetzliche Entschärfungen. Unterstützung kommt vom Pensionistenverband, der die aktuelle Besuchsregelung als „unmenschlich“ bezeichnet: „Die Impfungen wirken, verbunden mit den zusätzlichen Schutzmaßnahmen ergibt sich ein Fünffachschutz von Heimbewohnern, Personal und Besuchern“, so der Tiroler PVÖ-Landespräsident Herbert Striegl.„Viele Menschen in den Alten- und Pflegeheimen leben von Besuch zu Besuch. Tägliche Besuche, auch von mehreren Angehörigen, zum Beispiel der Tochter mit den Enkerln, bedeuten für die betagten Menschen unglaubliche Lebensfreude und sind auch für deren psychische Gesundheit von unschätzbarer Bedeutung.“ Alexandra Fusser

Bild: Die Corona-Impfung zeigt Wirkung in den Altenwohn- und Pflegeheimen, deshalb wird eine Entschärfung der noch immer stark eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten gefordert.Foto: Adobe Stock/ zinkevych

Welche Regelungen gelten? Aktuelle Besuchsregeln
Pro Heimbewohner höchstens zwei Besuche mit maximal zwei Personen pro Woche erlaubt (nicht am selben Tag); jeder Besucher muss ein aktuelles Covid-19-Testergebnis vorweisen; während der Besuchszeit ist das Tragen der FFP2-Maske (auch bei Spaziergängen) verpflichtend; es gelten Abstands- und Hygieneregeln, Anmelde- und Registrierungspflicht.

Schutzregeln für Personal
Das Tragen der FFP2-Maske sowie ein Hals-Nasen-Abstrich jeden zweiten Tag sind verpflichtend. (Stand 23. März)

 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen