Kitzbüheler Anzeiger
10.01.2021
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Fürstliches Obergericht ist am Zug

Der Gerichtsstreit zwischen der Bergbahn AG Kitzbühel und der „Meleda Anstalt“ geht in die nächste Runde. Nach dem Urteil des EFTA-Gerichtshofes (Europäische Freihandelszone) ist nun wieder das Fürstliche Obergericht Liechtensteins zuständig.

Kitzbühel | Mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und der nationalen Umsatzbestimmungen ist die Bergbahn AG Kitzbühel zur Bekanntgabe ihrer wirtschaftlichen Eigentümer verpflichtet. Dadurch muss die Bergbahn AG Kitzbühel bei Anteilsinhabern, die mehr als 25 Prozent halten, die natürlichen Personen, die hinter juristischen Personen stehen, benennen. Im Fall der Bergbahn AG Kitzbühel trifft dies bei zwei Anteilsinhabern zu: zum einen hält die Stadtgemeinde Kitzbühel mehr als 50 Prozent der Papiere und zum anderen scheint die „Meleda Anstalt“ mit 31,8 Prozent der Anteile auf.
Im Jahr 2018, mit Schreiben vom 22. und 28. Februar ersuchte die Bergbahn die Meleda unter Hinweis auf die Verpflichtung gemäß geltender Geldwäschevorschriften um Bekanntgabe ihrer wirtschaftlichen Eigentümer. Die Meleda kam dieser Aufforderung nicht nach und gab vor, dass ersatzweise ihr Verwaltungsrat in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer aufzunehmen sei.

Bergbahn klagte auf Bekanntgabe
Es folgte die Klage der Bergbahn AG Kitzbühel beim Fürstlichen Landgericht, die mit dem Urteil vom 27. März 2019 abgewiesen wurde. Dagegen erhob die Bergbahn Berufung an das Fürstliche Obergericht. Dieses setzte wegen der Bedeutsamkeit der Rechtsfrage das Berufungsverfahren aus und ersuchte den EFTA-Gerichtshof (Gerichtshof der europäischen Freihandelszone) ersucht, eine Vorabentscheidung zur Auslegung der Richtlinie zu fassen.
Nun liegt die Begutachtung bzw. das Urteil des EFTA-Gerichtshofes vor. Dieser hat festgestellt, dass der Artikel 30 der EU-Richtlinie nicht näher ausführt, was unter „angemessenen, präsizisen und aktuellen“ Angaben zu verstehen ist oder welche Anstrengungen eine juristische Person (in diesem Fall die Bergbahn Kitzbühel) letztlich unternehmen muss, um diese Angaben über ihre wirtschaftlichen Eigentümer zu beschaffen. Der Gerichtshof erkannte, dass bei Zweifeln hinsichtlich der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers es Aufgabe der Bergbahn sein muss, weitere Untersuchungen durchzuführen. Welche angemessenen Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Klagsführung, zu ergreifen sind, ist im Einzelfall zu entscheiden und muss in Bezug auf das Risiko bezüglich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhältnismäßig sein.

Die EU-Richtlinie sieht Verpflichtung nicht vor
Trusts (erfolgen durch eine Fusion mit einem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenschluss) und private Zweckgesellschaften (hier: Anstalten) sind ein Faktor, der dieses Risiko erhöhen kann. Demnach bejaht der EFTA-Gerichtshof die Verpflichtung einer juristischen Person, angemessene Maßnahmen zur Bestätigung der Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers treffen zu müssen. Die Frage, ob die Bergbahn Kitzbühel zur Klage verpflichtet ist, um alle Möglichkeiten zur Einholung der angemessenen Angaben zur Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers auszuschöpfen, beantwortete der EFTA-Gerichtshof damit, dass die Richtlinie selbst eine solche Verpflichtung nicht vorsieht.
Die Entscheidung des EFTA-Gerichtshofes überlässt es nun dem Fürstlichen Obergericht, in einer Einzelfallbetrachtung zu entscheiden, ob die Klagsführung eine unter Berücksichtigung aller Umstände angemessene Maßnahme ist.

Aufgrund der Entscheidung ist in einer juristischen Wertung offen, ob das Fürstliche Obergericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt oder aufhebt. „Dieser Entscheidung wird mit Interesse entgegengesehen. In jedem Falle bestätigt allein schon die Anrufung des EFTA-Gerichtshofes durch das Fürstliche Obergericht und die Entscheidung dieses Gerichtshofes, dass zu der Frage keine ausreichende Rechtssicherheit bestand; daher war die Klagsführung – unabhängig vom Ergebnis in Form einer letztendlichen Einzelfallentscheidung – wohl jedenfalls gerechtfertigt, um den geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung ex ante verantwortungsvoll gerecht werden zu können“, beurteilt Anton Bod­ner, Vorstandsvorsitzender der Bergbahn AG Kitzbühel das EFTA-Gerichtshof-Urteil. Elisabeth M. Pöll

Bild: Nach dem Urteil des EFTA-Gerichtshofes wird der Streit zwischen der Bergbahn AG Kitzbühel und der Meleda Anstalt am Fürstlichen Obergericht in Liechtenstein weitergeführt. Foto: KitzSki

 
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