Kitzbüheler Anzeiger
29.07.2022
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Ein Landarzt mit Leib und Seele

Im Beruf hat er seine wahre Berufung gefunden: Seit 33 Jahren ist Josef Tassenbacher rund um die Uhr für seine Patienten da. Mit Jahresende wird er die Pension antreten.
 
Kirchberg | Pflichtbewusst, zurückhaltend, bescheiden und sich niemals in den Mittelpunkt stellend - so kennt man den seit 1989 in Kirchberg ordinierenden, praktischen Arzt Josef Tassenbacher.
1957 in Kartitsch geboren wuchs Tassenbacher am „Oberjakoberhof“, auf 1.400 Metern Seehöhe gelegen, gemeinsam mit vier Brüdern auf. Als zehnjähriger Bub übersiedelte er –wie schon sein älterer Bruder zuvor – nach Hall, um dort am Gymnasium die Schulbank zu drücken. In diesen lehrreichen und unbeschwerten acht Jahren wird die Zeit zwischen den wenigen Besuchern in Osttirol von den herbeigesehnten Paketen der Eltern mit Speck und allerlei Hausgemachtem verkürzt.

Arbeit bei Mutter Teresa
Nach der Matura wechselt Tassenbacher zum Bundesheer und wird in Siezenheim und Absam stationiert, danach nimmt der Osttiroler sein Medizinstudium in Innsbruck auf. Der Berufswunsch Arzt wurde durch einen dreimonatigen Aufenthalt in Kalkutta bestärkt, wo Tassenbacher im Sterbehaus von Mutter Teresa arbeitete.

Nach dem Studium war Tassenbacher drei Jahre in Kitzbühel als Turnusarzt im Krankenhaus tätig. Bereits zu dieser Zeit war seine Frau Brigitte an seiner Seite. Josef wollte ursprünglich Kinderarzt werden, die hierarchischen Strukturen im Krankenhaus, mit denen der geerdete Arzt nicht umgehen wollte, haben ihn aber dazu bewogen, den Weg des Landarztes einzuschlagen und darüber hinaus eine Weiterbildung zum Umweltmediziner zu absolvieren, wodurch er auch die Wirtschaftstreibenden beraten konnte.  

Unter mehreren Möglichkeiten entschied sich Tassenbacher, sich in Kirchberg niederzulassen. Am 2. Jänner 1989 trat er die Nachfolge von Doktor Lichem an, der in Pension ging.
Er erinnert sich gerne daran zurück, wie gut er in Kirchberg aufgenommen wurde, obwohl aller Anfang hart war: Es war ein Kredit vonnöten, um die damalige Ordination einzurichten. 1999 übersiedelte er seine Praxis in das ehemalige „Kaufhäusl“, wo er bis zu seiner Pensionierung am 31. Dezember tätig sein wird.
In seiner 33-jährigen Tätigkeit als Landarzt gab es sehr viele bewegende Momente, vor allem Hausgeburten sind ihm in Erinnerung geblieben. „Wobei ich das heute nicht mehr so gern machen würde, weil ich schon etwas aus der Übung bin“, erzählt der Mediziner.

Tägliche Hausbesuche
Ebenso wichtig waren und sind ihm die Hausbesuche und die Visiten im Altersheim. Dorthin führt es ihn jede Woche und er besucht jeden Bewohner, ganz unabhängig davon, ob etwas gebraucht wird oder nicht – es geht darum, ein paar nette Worte auszutauschen.
Dieser persönliche Kontakt zu den Menschen, egal ob Patient oder nicht, ließ den Osttiroler immer daran festhalten, dass der Landarzt-Beruf für ihn genau das Richtige ist. Durch die Betreuung daheim, die immer zu Tassenbachers Steckenpferd gehörte, war den Menschen die Möglichkeit gegeben, zu Hause zu sterben. Auch die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, die Tassenbacher in seiner Praxis anbietet, sind ihm in guter Erinnerung – „Ich betreue die Menschen von der Wiege bis zur Bahre“ so der Mediziner.

Bei all den bürokratischen Hürden und dem zunehmenden Arbeitsaufwand hat es Tassenbacher aber nie bereut, einer jener wenigen Ärzte zu sein, die rund um die Uhr für seine Patienten erreichbar sind. Wo sonst findet sich ein Hausarzt, der seine private Telefonnummer auf dem Anrufbeantworter hinterlegt?
Traurig stimmt Tassenbacher die Tatsache, dass es kaum mehr Berufsnachfolger gibt, die sich dieser schönen, aber auch arbeitsintensiven Aufgabe widmen wollen. Zu seiner großen Freude scheint seine Nachfolge aber gesichert: Ein junger Mediziner würde die Landarztpraxis in seinem Sinne gerne übernehmen. Diese Entscheidung will die Ärztekammer gegen Ende des Sommers treffen.

„Bin kein Entertainer“
Tassenbacher gibt offen zu, nicht der geselligste Mensch zu sein, er mag es viel lieber ruhig und zurückgezogen. Jetzt freut er sich auf den bevorstehenden Ruhestand: „Ich möchte gerne ein bisschen mehr Bewegung machen, Radfahren, Wandern und vor allem in meinem Garten arbeiten“, so der bescheidene Arzt.  
Mit Josef Tassenbacher werden sich auch seine langjährigen treuen Seelen Charlotte und Sonja in die wohlverdiente Pension verabschieden. Ganz müssen die Kirchberger auf ihren allseits geschätzten „Doc“ aber künftig nicht verzichten: zumindest den Kindergarten- und Schulkindern bleibt er als Schularzt erhalten. Elisabeth Schill

Bild: In Kirchberg geht im Dezember eine Ära zu Ende: Nach 33 Jahren tritt Allgemeinmediziner Josef Tassenbacher die Pension an. Foto: Schill

 
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