Die Ruhe nach dem Gäste-Ansturm
Kitzbühel ist wieder einmal in aller Munde. Nicht wie üblicherweise wegen seines hohen Promi-Aufkommens, sondern aufgrund explodierender Infektionszahlen. Ist diese Wintersaison noch zu retten? Wir haben im Bezirk nachgefragt.
Kitzbühel | Sonntag, 9. Jänner: Die Kitzbüheler Innenstadt ist nahezu ausgestorben. Zahlreiche Lokale, die noch einen Tag zuvor von Gästen gestürmt wurden, sind leer oder überhaupt geschlossen. „Wir machen Pause“ steht auf Türschildern vermehrt zu lesen. „Kitzbühel befindet sich in einem Quasi-Lockdown“, bestätigt Tourismusobmann Christian Harisch angesichts des vorherrschenden Jännerlochs. Im Tal, aber auch am Berg, haben Gastrobetriebe vorübergehend zugesperrt. Teilweise, weil die Gäste fehlen, aber auch, weil Mitarbeiter erkrankt sind, wie Harisch weiß.
Ein an den Gesundheitsminister und die Tourismusministerin gerichtetes Mail, in dem ein in Kitzbühel urlaubender Wiener Infektiologe zahlreiche Verstöße gegen die Covid-Regelungen in Kitzbühel geortet haben will und diese scharf kritisiert, sowie in der Folge zahlreiche Medienberichte über den sogenannten „Corona-Hotspot Kitzbühel“, machen die Lage nicht gerade besser. Fakt ist, dass in der Gamsstadt, aber auch im Bezirk, seit den Weihnachtsfeiertagen die Infektionen in die Höhe schnellen. Mit 3.200 weist der Bezirk am Montag, 10. Jänner, nach dem Pongau die zweithöchste Inzidenz von ganz Österreich auf.
Die Auslastung sei zumindest von Weihnachten bis zum ersten Jänner-Wochenende zufriedenstellend gewesen, heißt es auf Nachfrage aus den Tourismusverbänden im Bezirk. Dennoch habe man an das Vorkrisenniveau nicht anschließen können. Vor allem im Brixental seien Gäste aus den Niederlanden und Großbritannien ausgeblieben, bestätigt Obmann Toni Wurzrainer. In der Ferienregion St. Johann, die weitgehend gut gebucht war, hat TVB-Geschäftsführer Gernot Riedel „so etwas ähnliches wie Normalität“ festgestellt. Kitzbühel habe sich hingegen zum Jahreswechsel in einer Ausnahmesituation befunden, erklärt Obmann Harisch: „Rechnet man Einwohner, Urlauber und Zweitwohnbesitzer zusammen, waren an die 15.000 Menschen oder mehr in der Stadt. Durch die vorverlegte Sperrstunde haben sich daher viele Gäste zur gleichen Zeit in den Lokalen befunden.“
Private Partys durch frühere Sperrstunde
Private Partys nach 22 Uhr seien die Folge dieser frühen Sperrstunde. Das weiß auch der Brixentaler Obmann Toni Wurzrainer, der von vereinzelten „Zimmerpartys, in denen die Flaschen kreisten“ berichtet. Dennoch hätten sich im Brixental sowohl Wirte als auch Gäste sehr diszipliniert verhalten, hält Wurzrainer fest.
„Schwarze Schafe waren die Ausnahme“
Mit täglich an die 300 Kontrollen habe die Polizei die Einhaltung der Corona-Regelungen überprüft, sagt Bezirkskommandant Martin Reisenzein, teilweise auch von Beamten in Zivil. „Schwarze Schafe“ seien im Zuge dieser Kontrollen aber die Ausnahme gewesen. Reisenzein: „Es wurden relativ wenige Verstöße zur Anzeige gebracht.“ Auch er weiß von privaten Partys, doch der Polizei seien hier die Hände gebunden.
Kann die Saison angesichts des vorherrschenden Pandemie-Geschehens noch gerettet werden? „Wir werden alles daran setzen, dass sich die Lage wieder beruhigt und einen sicheren Urlaub bis zum Winterende durchbringen“, ist Harisch überzeugt. Das Jännerloch soll bis zum Hahnenkamm-Rennen für Booster-Impfungen der Mitarbeiter genützt werden. Weniger zuversichtlich ist Toni Wurzrainer: „Jubelmeldungen werden wir in diesem Winter wohl nicht mehr verkünden können. Aber wir hoffen, dass wir zumindest ohne Schließungen drüberkommen.“
Andere Destinationen im Aufwind?
Zu befürchten sei ein bleibendes Negativ-Image, das eine Abwanderung von Gästen in andere Destinationen zur Folge hat.
Gernot Riedel bleibt pragmatisch. „Die Saison wird überschaubar. Wir müssen es nehmen, wie uns von außen vorgegeben wird. Aktiv beeinflussen können wir nichts, auch wenn wir uns noch so sehr bemühen.“ Alexandra Fusser
Bild: Das Testaufkommen nimmt stark zu, das beweist die lange Warteschlange vor der Screeningstation am Schwarzsee am vergangenen Sonntag. Foto: Monitzer
Daten & Fakten - Teststraße wird gestürmt
Das Testaufkommen ist hoch: Allein im Zeitraum von 3. bis 9. Jänner hat das Rote Kreuz in seiner Screeningstraße am Schwarzsee 8.257 Tests verzeichnet, davon waren 3.549 behördlich angeordnet. Letztere Zahl ist kontinuierlich im Steigen begriffen: Am 3. Jänner waren es 450, am 8. Jänner bereits 634 behördlich angeordnete Tests. Das Rote Kreuz führt täglich an die 1.000 Tests durch, den Höchststand hat man am 8. Jänner mit 1.358 Tests erzielt. Wartezeiten von bis zu zwei Stunden müssen dafür in Kauf genommen werden. Unterstützung kommt von Stadtgemeinde, Stadtpolizei und Polizei, die für Ruhe unter den Wartenden sorgen. Das Rote Kreuz appelliert, von den Gurgeltests in den Supermärkten Gebrauch zu machen.