Kitzbüheler Anzeiger
15.02.2022
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Den Tagen mehr Leben geben

Der Tod ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema. Sigrid Wörgötter will mit ihrem Team die Hospiz-Arbeit in der Region verbreiten und Menschen am Ende ihres Lebens zur Seite stehen.

Bezirk | „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben“ ist das Motto der Hospiz-Bewegung, die mit der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft auch bei uns im Land fest verankert ist. Am 1. Dezember hat Sigrid Wörgötter die Leitung des Hospizteams für den Bezirk Kitzbühel übernommen, das derzeit aus 17 dafür ausgebildeten Frauen besteht. Gemeinsam betreuen sie kostenlos schwerkranke und sterbende Patienten zu Hause, im Alten- oder Pflegeheim und im Krankenhaus. Sie geben Halt, wenn sich das Leben zu Ende neigt.

Mit Gesprächen Kraft und Hoffnung schenken
In ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit arbeiten die Hospiz-Begleiter eng mit dem Palliativteam im Krankenhaus in St. Johann zusammen. „Die Palliativmediziner sind für die Symptomkontrolle und die medizinische Behandlung der Patienten zuständig. Wir vom Hospizteam kümmern uns um die seelische Begleitung. Am Lebensende ist Unterstützung in beiden Bereichen gleichermaßen wichtig für Patienten und Angehörige“, erklärt Wörgötter.
Unabhängig von Religion und Herkunft schenken sie und ihr Team Zeit, Kraft sowie Hoffnung. Sie sehen sich als Begleiterinnen im Alltag: „Da wird auch nicht jeden Tag über den Tod gesprochen. Vor allem die Angehörigen sind froh, wenn wir kommen und man sich auch einfach einmal über etwas Alltägliches austauschen kann.“ Im Nachhinein ist die Dankbarkeit für die Betreuung meist groß. Viele Menschen zögern allerdings lange, bevor sie sich Hilfe holen. Wer eine Hospiz-Betreuung braucht, ist eine Frage, die individuell zu klären ist.

Wenn es auf das Lebensende zugeht
Wichtig ist jedoch, dass nicht zu lange gewartet wird, bevor man sich die Hilfe des Hospizteams holt: „Je früher wir dazu geholt werden, desto besser können wir in Kontakt mit den Menschen kommen und Beziehungen aufbauen. Sensibilität spielt hier eine große Rolle.“
Sobald die Diagnose einer unheilbaren Krankheit vorliegt, sollte die Hospiz-Gemeinschaft kontaktiert werden. Oft melden sich auch Altenpfleger, die sehen, dass es bei einem Menschen auf das Lebensende zugeht. Dann gibt es ein Erstgespräch, bei dem geklärt wird, ob es bereits eine Betreuung braucht. „Wenn das der Fall ist, kommen wir als Beistand und Begleitung dazu“, so Wörgötter.

Umfangreiche Ausbildung benötigt
Alle 17 Begleiterinnen des Teams sind geschult und gezielt für ihr Ehrenamt ausgebildet. Der Dachverband der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft bietet dazu einen Kurs im Umfang von 90 Unterrichtseinheiten und 80 Praktikumsstunden in Hall in Tirol an. Dieser startet wieder im Oktober 2022 - Informationen dazu gibt es unter www.hospiz-tirol.at.
Teil dieser Ausbildung ist auch der richtige Umgang mit dem Tod, wenn man beinahe täglich damit konfrontiert wird. Für Wörgötter braucht es eine intensive Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens, um mit dem Thema Tod fertig zu werden. Außerdem hält sie sich viel in der Natur auf, macht Sport und trifft sich mit Freunden, um den Kopf auch einmal frei zu bekommen.

Der Tod als Teil vom Leben
Das Sterben ist erst in den letzten Jahrzehnten zum Tabuthema geworden. „Früher wurden die Toten noch zu Hause aufgebahrt und die Leute kamen, um Abschied zu nehmen. Jetzt ist das Thema in den Hintergrund gerückt und die Leute tun sich schwer, Hilfe anzunehmen, wenn sie mit dem Tod konfrontiert sind.“ Vor allem in unserer Leistungsgesellschaft wolle jeder alles selber schaffen und es sich nicht eingestehen, wenn man Unterstützung braucht. Deshalb will Wörgötter offen auf die Menschen zugehen, ihnen ihre Arbeit erklären und das Bewusstsein schaffen, dass der Tod auch ein Teil des Lebens ist.

Information, Beratung und Unterstützung
Als Regionalbeauftragte koordiniert Wörgötter das ehrenamtliche Hospizteam im Bezirk und steht unter anderem für Informationen, Beratung, Unterstützung und Palliativ Care zur Verfügung. Das Büro der Hospiz-Beauftragten befindet sich im Bezirkskrankenhaus St. Johann. Ein Termin kann unter 0676/88188305 oder über E-Mail an sigrid.woergoetter@hospiz-tirol.at vereinbart werden. Florian Pirnbacher

Bild: Schwerkranke und sterbende Menschen im Bezirk auf ihrem letzten Weg zu begleiten, ist das Anliegen des Hospizteams. Mit Sigrid Wörgötter (vorne, 2.v.r.) gibt es eine neue Regionalbeauftragte. Foto: Heim

 
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