Kitzbüheler Anzeiger
14.05.2021
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Das Buch von hinten zu lesen ist relativ einfach, aber…

Kitzbühel, Innsbruck. Am 26. April stellte sich Landeshauptmann Günther Platter im virtuellen Raum den Fragen der Jugendredaktion der BHAK/BHAS Kitzbühel. 

Jugendredaktion: Die Corona-Pandemie hat im letzten Jahr die Schlagzeilen bestimmt. Sind dabei andere wichtige Themen wie der Transitverkehr und der Brenner Basistunnel zu sehr in den Hintergrund geraten? Wie läuft es mit derzeitigen Projekten und stehen weitere an?

LH: Natürlich dominiert die Pandemie im Moment die Politik, allerdings gibt es auch andere wichtige Themen, wie den Brenner Basistunnel, für den erst letztens ein Entwurf eingereicht wurde. Auch die Reduktion des Transitverkehrs, bei der uns die Kommissionspräsidentin der EU, Frau von der Leyen, unterstützt, liegt mir nach wie vor sehr am Herzen.  Ebenso ist die Digitalisierung in meiner Politik ein sehr wichtiger Punkt, denn ich glaube, dass die Zukunft Tirols in der Digitalisierung steckt und dass ganz Österreich von einer digitalen Verwaltung profitieren wird.

Jugendredaktion: Die Unternehmen und Arbeitnehmer/innen bekommen momentan finanzielle Unterstützungen. Diese Zuschüsse und Hilfen haben große Löcher in das Budget gerissen. Was bedeutet das für unsere Zukunft? 

LH: Ich stimme zu, dass im Moment sehr viel Geld ausgegeben wird. Es ist jedoch notwendig, damit die Betriebe und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Ich stand immer für mein Kredo der Nulldefizit-Politik, weswegen Tirol nach der Pandemie um einiges besser dastehen wird als andere Bundesländer. Eines meiner Post-COVID-Ziele wird es sein, zu einer sparsamen Politik zurückzukehren, um der jungen Generation keinen Schuldenberg zu hinterlassen.

Jugendredaktion: Wir in Kitzbühel sehen vermehrt Autos mit Münchner und Wiener Kennzeichen z.B. bei Zweitwohnsitzen parken. Wie stehen Sie zur Einreise in Tirol trotz Pandemie und Ausgangsperre? Vor allem wo Deutschland die Grenzen teilweise dichtgemacht hat!

LH: Die Zweitwohnsitzfrage ist besonders in Kitzbühel sehr wichtig.  Bestimmte Rahmenbedingungen sind unerlässlich für die Einreise in Tirol, zum einen das Einhalten der Quarantäne-Bestimmungen und zum anderen die Unterbindung der illegalen Unterbringung. Wir sind dabei, rigorose gesetzliche Mittel zu entwickeln, um die Rahmenbedingungen zu sichern.

Jugendredaktion: Wann denken Sie, dass die Schülerinnen und Schüler bzw. die junge Generation die COVID-Impfung erhalten?

LH: COVID-Impfungen sind ab dem 16. Lebensjahr verfügbar. Ich selbst habe die Impfung erst letzte Woche Donnerstag erhalten, was auch sehr unproblematisch abgelaufen ist. Ich denke, dass bis Ende Juni alle Schülerinnen und Schüler, die das wollen, geimpft sein werden.

Jugendredaktion: Wie haben Sie persönlich das vergangene Jahr empfunden? War es in Ihrer Zeit als Politiker das herausforderndste Amtsjahr? Wie kurz kommt das Privatleben in solchen Zeiten? 

LH: Es ist die schwierigste Zeit in meinem amtspolitischen Leben gewesen.  Am schwersten fiel es mir, den freiheitsliebenden Tirolerinnen und Tirolern im März 2020 zu sagen, dass sie zu Hause bleiben sollen. Auch die vorzeitige Beendigung der Ski-Saison war eine harte Entscheidung, die leider getroffen werden musste. In der aktuellen Wintersaison empfand ich persönlich das Skifahren als eines der Highlights. 

Jugendredaktion: Welche Maßnahmen wird das Land Tirol in den kommenden Jahren für den Klimaschutz ergreifen?

LH: Klimaschutz ist eine der bedeutendsten Angelegenheiten weltweit in den kommenden Jahrzenten. Ich versichere, dass Tirol in Sachen Klimaschutz nicht nur zuschauen wird. Wir haben schon einiges begonnen, damit wir bis zum Jahr 2050 keinen Strom mehr zukaufen müssen. Außerdem machen wir Fortschritte in der Initiative „Raus aus dem Öl“, wie die 100.000 verkauften Jahrestickets für die Öffis beweisen. Es wird zudem in die E-Mobilität und in Wasserstoff als Treibstoff investiert.

Jugendredaktion: Die Flüchtlingskrise hat ganz Europa geprägt. Wie empfinden Sie die aktuelle Integrationssituation von Flüchtlingen in Tirol? 

LH: Es gibt noch sehr viel zu tun. Das Erlernen der Sprache ist ein wesentlicher Bestandteil von erfolgreicher Integration. Außerdem wollen hier sowohl unterstützen als auch fördern. Auf der einen Seite muss man Flüchtlingen die Möglichkeit geben, zu arbeiten und vernünftiges Geld zu verdienen, aber auf der anderen Seite fordern wir außerdem eine kulturelle Integration.

Jugendredaktion: An unserer Schule wird unter anderem auch ein IT-Schwerpunkt angeboten. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die informationstechnologische Bildung noch mehr voranzutreiben? Wie stark prägt Informationstechnologie Ihren beruflichen Alltag?

LH: Ich selbst bin ein großer Fan der Digitalisierung. Ich denke, ein Land kann in Zukunft nur bestehen, wenn es in Sachen Digitalisierung die Nase vorne hat. Ich habe mich schon sehr lange für eine digitalisierte Verwaltung eingesetzt und 100 Millionen Euro für Investitionen in Breitbandinternet freigegeben. Die Digitalisierung minimiert den Unterschied zwischen Stadt und Land, was ein effektives Gegenmittel für die Landflucht ist. Ich selbst nehme die Möglichkeiten der Digitalisierung in Anspruch, indem ich zum Beispiel Videokonferenzen nutze, um die Umwelt weniger zu belasten und Wege zu sparen.

Jugendredaktion: Wir an der Schule bemerken, dass viele Eltern oder andere Angehörige von Mitschüler/innen derzeit arbeitslos oder in Kurzarbeit sind. Wäre es Ihrer Meinung nach sinnvoll, ein bedingungsloses Grundeinkommen in Österreich einzuführen?

LH: Ich finde nicht, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen zielführend ist. Die Zufriedenheit eines Menschen kommt nicht von Geld, sondern von der Leistung, die er für sein Geld erbringt. Außerdem sind wir schon jetzt massiv von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen, weswegen man Steuergelder vernünftig einsetzen muss, um Unterstützung zu bieten und Arbeitsplätze zu schaffen.

Jugendredaktion: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen und Chancen für die Zukunft in Tirol? Wie hoffen Sie, dass Tirol dasteht, wenn wir Schülerinnen und Schüler in Ihrem Alter sind? 

LH: Ich empfinde Tirol als Land mit tiefen Wurzeln, das aber trotzdem weltoffen ist. Ein wichtiger Punkt ist die Anbindung durch internationale Schulen, denn für einen internationalen Markt ist eine internationale Ausbildung unabdingbar. In meiner Vision ist das Land Tirol ein klimaneutrales Land, ein Land, das liebens- und lebenswert ist, allerdings auch internationale Vernetzungen hat. Ich sehe die Zukunft Tirols nicht in Großkonzernen und riesigen Palästen für Superreiche, sondern in einem Tourismus mit Fokus auf Tiroler Familienbetriebe.

Jugendredaktion: Was sagen Sie dazu, dass gewisse Unternehmen der Meinung sind, dass die Matura der Corona-Generation in diesem Jahr einfacher war und deswegen annehmen, dass diese Matura weniger Wert ist?

LH: Ich mag das Wort „Corona-Generation“ nicht. Ich denke, diese Generation hat mit Homeschooling einzigartige Erfahrungen gemacht, welche sie auch für ihren zukünftigen Lebensweg mitnehmen kann.

Jugendredaktion: Was würden Sie rückblickend in Bezug auf die Pandemie anders machen?

Das Buch von hinten zu lesen ist relativ einfach, aber, wenn man sich in der Entscheidungsphase befindet, ist das richtige Vorgehen oftmals nicht so simpel. Die Entscheidung für den ersten Lockdown wurde neben fachlichen Kriterien auf der Basis der Bilder aus Italien getroffen, wo die Armee dazu gezwungen war, unzählige Verstorbene zu vergraben, die an oder mit dem Coronavirus gestorben sind. Wenn ich mit dem Wissen von heute nochmals entscheiden könnte, würde ich wahrscheinlich den Menschen trotz Lockdown mehr Freiheiten geben, sich im Freien aufzuhalten. Allerdings ist es für die Politik ein schwieriger Spagat zwischen den Fachexpertisen der Virologen und den Wünschen des Volkes.

Die Jugendredaktion BHAK/BHAS Kitzbühel
CvD Julia Reiter (JulRe),
Nikoli Helena (HeNi),
Schipflinger Anna (AnSchi),
Dominic Köstenbaumer (DKö)
Foto: Egger Gideon (GEg)

 
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