Kitzbüheler Anzeiger
06.01.2022
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Auch die Kaiserin kniet in der Krippe

Die bis zu 50 cm großen Figuren der Weihnachtskrippe in der Pfarrkirche Kitzbühel wurden vor rund 200 Jahren erworben. Erst seit 50 Jahren weiß man um die Bedeutung einer ungewöhnlichen Figurengruppe und den Schnitzer Johann Giner aus Thaur bei Innsbruck.

Johann Nepomuk Giner der Ältere (1756 – 1833) Bauer und Bildhauer, stammte aus einer künstlerisch begabten Familie. Seine Figuren sind etwas klassisch- kühl, sehr bildhauerisch aufgefasst und verraten die Hand des ausgebildeten Plastikers (Rudolf Berliner, Die Weihnachtskrippe, Prestel- Verlag, 1925).
Der Kirchenreform Kaiser Josef II. und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erschütterungen der fast ein Vierteljahrhundert andauernden Napoleonischen Kriege führten dazu, dass die ursprünglich in Fürstenhöfen eingeführten pompösen „bekleideten“ Barockkrippen aus Klöstern und Kirchen weichen mussten und schlichtere Darstellungen nachgefragt wurden.

Maler und Bildhauer, bei denen kaum noch Großplastiken bestellt wurden, lieferten geschnitzte Krippenfiguren.  Thaur war dafür über Jahrzehnte ein Zentrum, Johann Giner wurde der am meisten weiterwirkende Tiroler Krippenkünstler seiner Zeit.
Die erste Großkrippe Giners für die Pfarrkirche im Nachbardorf Absam (1794) war das Vorbild für Kitzbühel. Der Zeitpunkt des Ankaufs der „Vorstellungen“ zum Weihnachtsfest, zum Neujahrstag und zu Dreikönig ist nicht belegt, und liegt deutlich nach 1803/04, die Figuren zum Namen-Jesu-Fest wurden 1829 um 32 Gulden durch den Sohn geliefert.

Figuren für Kitzbühel, Reith und St. Jakob i. H.
Die kleinere knieende Madonna mit dem am Boden auf einem Kissen liegenden Kind hat Johann Giner der Jüngere (1806 – 1870), der talentierte Sohn und Werkstattmitarbeiter, geschnitzt. Der Bildhauer Georg Eigentler in Götzens schnitzte um 1990 eine größenmäßig angepasste Madonna, die nun zu Maria Lichtmess aufgestellt wird. Die alte Krippe wurde somit um diese Figur und die verlorene „IHS- Gloriole“ ergänzt. 1)
Johann Giner d. Ä. lieferte neun Figuren auch für die Kirche in Reith bei Kitzbühel (Rechnungslegung 1823) und kleinere Figuren für die Kirchenkrippe in St. Jakob in Haus (um 1820). Letztere wurde 1925 in Salzburg ausgestellt und für den Dom erworben.
Die Figuren der Kirchenkrippen der Kapuziner in Kitzbühel und in Westendorf sind Werke der Giner-Nachfolge im 19. Jahrhundert. Die Pfarrkirche Kitzbühel hatte schon lange vorher eine Weihnachtskrippe.

Barockkrippe nach Kirchdorf verkauft
Die ab 1747 nachgewiesene Krippe mit gekleideten Figuren wurde 1833 an die Pfarrkirche Kirchdorf abgegeben. Mit den von dort eingehenden Raten wurden teilweise die letzten Giner- Figuren bezahlt. 2)
Das Wissen um den Künstler und den Erwerb der einzelnen Figurengruppe gingen in Kitzbühel verloren, wenn auch im Volksmund und in der spärlichen Fachliteratur „Giner“ als Schnitzer vermutet wurde. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Figuren eingesetzte Glasaugen besitzen, die Giner von der süditalienischen Krippe übernommen hat, um die Lebendigkeit zu erhöhen. H.W. Mehr dazu in der aktuellen Ausgabe Heimatblätter (KW 01-2022) Kitzbüheler Anzeiger

Bild: Die Krippe der Pfarrkirche Kitzbühel hat auch die seltene Darstellung zum Namen-Jesu-Fest. Foto: Barbara Kogler

 

 
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