
Schutz für alte Menschen heuer im Fokus
Bereits seit Jahren stehen im Rahmen der internationalen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“, die vom 25. November (Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen) bis zum 10. Dezember (Internationaler Tag der Menschenrechte) stattfindet, auch im Bezirk zahlreiche Veranstaltungen auf dem Programm. Ziel ist es, das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und Mädchen sichtbar zu machen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen und Menschen zu unterstützen, die sich für die Beendigung von Gewalt einsetzen.
Im Rahmen von „Orange the World“ setzt das Bezirkskrankenhaus St. Johann ebenfalls jedes Jahr ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt. Im Spital gibt es schon seit neun Jahren eine Gewaltschutztruppe, die derzeit aus zehn speziell geschulten Personen – von Ärzten bis hin zu Pflegepersonal – aus unterschiedlichen Abteilungen besteht. Ihre Aufgabe ist zum einen das Erkennen von Gewalt oder Misshandlung an Erwachsenen sowie an Kindern und Jugendlichen, zum anderen die Planung eines koordinierten Vorgehens.
Geleitet wird die Gruppe von Verena Elvira Hauser. Wie die Psychologin erklärt, ist das heurige Jahresthema die Gewalt am alten Menschen. Denn Gewalt im Alter ist alles andere als selten. Wenn ältere Menschen mit anderen Diagnosen oder Symptomen im Krankenhaus behandelt werden, entdecken Ärztinnen und Ärzte nicht selten unspezifische blaue Flecken oder etwa Wunden im Mund – Verletzungen, die entstehen können, wenn Menschen beispielsweise zum Essen gezwungen werden.
Angehörige sind oft überfordert
Derzeit ist daher im Eingangsbereich des Krankenhauses die Wanderausstellung „hALT, keine GewALT“ zu sehen. Die Ausstellung der Organisation Pro Senectute widmet sich dem Thema Gewaltprävention im Alter – einem Bereich, der nach wie vor von großen Dunkelziffern, Unsichtbarkeit und hoher gesellschaftlicher Hemmschwelle geprägt ist, wie die Vorsitzende Gerlinde Hochhauser erläutert. Gewalt im Alter tritt häufig in Nahbeziehungen auf – im Familienumfeld, in Partnerschaften oder Pflegebeziehungen. „Sie ist vielgestaltig und oft unsichtbar. Neben körperlicher Gewalt zählen auch psychische, sexualisierte, ökonomische und strukturelle Gewalt dazu – von Demütigung und Vernachlässigung über Beleidigungen und Einsperren bis hin zu Entzug finanzieller Mittel oder Medikamentenmissbrauch“, erklären die Organisatoren. Besonders gefährdet sind hilfsbedürftige Menschen mit Demenz, die sich nicht mehr ausdrücken können. Gleichzeitig erleben auch pflegende Angehörige und Pflegekräfte aggressive Handlungen von kognitiv eingeschränkten Menschen. Das bestätigt auch Demenzberaterin Katja Gasteiger. Die Ausstellung soll über die Formen und Mechanismen von Gewalt aufklären, für Warnsignale und gesellschaftliche Zusammenhänge sensibilisieren, vor allem aber Mut machen, Hilfe zu suchen – für Betroffene, Angehörige und Fachpersonen.
Sonja Sachsenhofer von Pro Senectute wird die Ausstellung begleiten und steht Interessierten täglich zwischen 10 und 17 Uhr für Fragen zur Verfügung – Schulklassen sind ebenfalls herzlich willkommen.
16 Tage: Neue Leitlinien gegen Gewalt
Die weltweite UN-Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ setzt jährlich vom 25. November bis 10. Dezember ein starkes Zeichen gegen Gewalt und für die Rechte von Frauen und Mädchen. Frauenlandesrätin Eva Pawlata präsentierte gemeinsam mit Thomas Beck (Gewaltambulanz der Tirol Kliniken) und Andrea Laske (Gewaltschutzzentrum) dieser Tage neue Leitlinien für die Gewaltprävention. Unter dem Leitsatz „Gemeinsam gegen Gewalt“ verständigten sich erstmals alle Tiroler Akteure aus Prävention, Opferschutz, Täterarbeit, Polizei, Justiz, Medizin und Sozialbereichen auf eine gemeinsame Basis. Die Leitlinien betonen: Gewaltfreiheit ist eine gemeinsame Verantwortung und ohne Geschlechtergerechtigkeit nicht möglich. Begleitend startet das Land Tirol eine Sensibilisierungskampagne rund um das Internationale Hilfezeichen – mit orangen Jutetaschen und einem Videoclip.
Wie notwendig diese Arbeit ist, zeigen aktuelle Zahlen: Das Gewaltschutzzentrum begleitete heuer rund 1.500 Betroffene, davon 1.240 Frauen. 57 Prozent der Fälle betreffen Gewalt in Partnerschaften, zehn Prozent Stalking; in 90 Prozent der Fälle sind die Gefährdenden männlich. Die Gewaltambulanz in Innsbruck verzeichnet seit März 2024 insgesamt 475 betreute Personen – darunter viele Kinder. In sechs von zehn Fällen stammt die Gewalt vom aktuellen oder ehemaligen Partner; in einem Viertel der Erwachsenenfälle sind Kinder als Zeugen betroffen.
