Kitzbüheler Anzeiger

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Aktuell 4 Ausgabe 21 „Gewalt wird gelernt, man kann sie aber auch wieder verlernen“, sagt Martin Christandl, Leiter der Männerberatung „Manns- bilder Tirol“. Ein Gespräch über Männer, die Gewalt ausüben und mögliche Lösungen. Frauenmorde dominieren die Schlagzeilen, salopp ge- fragt: Was ist los mit unseren Männern? Es macht betroffen, dass die Gewalt so eskaliert, dass es im- mer wieder zu Frauenmorden kommt. Männer und a uch Frauen haben o viel zu hohe Erwartungen an eine Beziehung. Der Umgang mit Auseinander- setzungen, Konflikten oder, dass z.B. auch eine Trennung oder Scheidung möglich i st, damit können G ewalttäter n icht um- gehen. Ihre Emotionen zu regu- lieren, ist für diese M änner n icht einfach - dann sind manche so- gar zum letzten bereit. Man darf aber nicht alle Män- ner in einen Topf werfen. Ich er- lebe seit Jahren in der Män- nerberatung, dass sich Männer gezielt und frühzeitig H ilfe su- chen, wenn sie merken, sie kön- nen nicht mehr reden, wer- den aggressiv und wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll. Da hat sich in den letzten Jah- ren schon ein anderes Bewusst- sein entwickelt. Welche Rolle kann Männer- beratung dabei spielen, um Ge- walt zu verhindern? Männerberatung ist eine wei- tere wichtige Antwort auf Gewalt. In Tirol wurde die Männerbera- tung auf Anregung von Frauen- häusern ins L eben gerufen. Für Männer g ab es lange nichts, da- bei nutzen Männer dieses A n- gebot – auch meist freiwillig. Es bräuchte v iel mehr davon. Wie erreichen Sie die Männer? Der Großteil der Männer kommt auf uns zu. Viele Män- ner kommen auch aufgrund ih- rer Frauen, die Druck ausüben, dass sie etwas unternehmen müs- sen: Du machst eine Beratung oder sonst geh ich. Prozent der Männer k om- men freiwillig zu uns, ohne Wei- sung eines Gerichtes. Das Frauenberatungszent- rum hat uns den konkreten Fall einer -jährigen F rau im Be- zirk Kitzbühel geschildert , die unter ihrem gewalttätigen E he- mann leidet - wie könnte man die Gewaltspirale bei diesem Mann stoppen? Man kann die Gewaltspirale stoppen, wenn man den Mann erreicht. Den ersten Schritt hat die Frau schon getan: Sie spricht darüber und h at sich Hilfe ge- holt. Nun muss man den Mann damit konfrontieren, dass auch er Hilfe in Anspruch nehmen muss. Wenn Frauen bei uns anrufen, ermutigen wir sie dazu, neben einer Beratungsstelle aufzusu- chen, unbedingt einen Schritt zu setzen. Im schlimmsten Fall auch die Polizei zu rufen. Der erste Schritt ist immer den Tä- ter mit seinem Verhalten zu kon- frontieren. Je länger m an damit wartet, umso schlimmer wird es. Ich erinnere mich an einen Fall, wo eine Frau in dem selben Alter gemeinsam mit der Toch- ter den Mann zu uns in die Bera- tung gebracht hat. Zuerst wusste dieser gar nicht, was er denn bei uns machen soll. Die meisten Männer erken- nen dann aber, wenn sie dar- über mit einem anderen Mann reden, was falsch läu . Wir zei- gen ihnen wie sie reden können, ohne zu brüllen. W ie man mit Wut, Trauer, Belastungen und Ängsten umgehen k ann. Die Politik hat aufgrund der Frauenmorde mehr finanzielle Mittel in Aussicht gestellt, wis- sen Sie schon, ob in die Män- nerberatung in Zukun mehr Geld fließen w ird? Das Titanic Prinzip „Frauen und Kinder zuerst“ ist sicher nicht schlecht. Für v on Gewalt betroffenen Frauen und Kindern muss noch viel mehr getan wer- den. Es braucht aber auch ein niederschwelliges Beratungsan- gebot für M änner, die g ewaltbe- reit oder bereits gewalttätig g e- worden sind. Auch Prävention wäre wich- tige. Schon im Kindesalter ge- hen manche Buben auf andere los, weil sie sich nicht anders aus- drücken k önnen. G ewalt wird gelernt, man kann sie aber auch wieder verlernen. Man kann ler- nen wie man Konflikte gewalt- frei regelt. Dafür b raucht es dringend mehr Geld, ob wir mehr bekom- men wissen wir aber noch nicht. Wäre es notwendig a uch im Bezirk Kitzbühel e ine Beratung für M änner a ufzubauen? Pläne d azu gibt es schon lange. In Wörgl h aben wir vier Be- rater, die mehr als ausgelastet sind. Gerade im Tiroler Un- terland haben wir sehr viele Wegweisungen. Das Innenministerium plant zudem Gewaltpräventions-Zen- tren, wo auch weggewiesene Ge- walttäter verpflichtende Beratung in Anspruch nehmen müssen. Das wäre dringend n otwendig. Johanna Monitzer Gewalttätige M änner b rauchen auch Hilfe – Männerberatung m üsste a usgebaut werden Was ist los mit unseren Männern? Zur Person Martin Christandl Innsbruck | Mag. Martin Christandl ist Psychologe, Psychotherapeut und arbeitet seit über Jahren in der Männerberatung. Er lei- tet die Männerberatung „Manns- bilder Tirol“. Die „Mannsbilder“ bietet Män- nern und Jugendlichen die Mög- lichkeit, ein offenes und ehrliches Gespräch v on Mann zu Mann zu führen. Sie bieten professionelle Hilfe bei Lebenskrisen, Gewalt, Vaterscha , Schwierigkeiten in der Partnerscha , Fragen zu Eherecht, Sexualität u vm. Die Beratung ist kostenlos. „Mannsbilder“ Beratungsstel- len sind in Innsbruck, Landeck, Reutte, Wörgl und L ienz. „Der erste Schritt ist immer den Täter mit seinem V erhalten zu konfrontieren“, sagt Psychologe Martin Christandl. Symoblfoto: Pixabay
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