Kitzbüheler Anzeiger

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3 Aktuell 28. Februar 2019 Der Chef des Tiroler Almwirtschatsvereins warnt vor Schnellschüssen Kuhattacken-Urteil verunsichert Grundsätzlich sind K ühe friedfertige T iere – auch auf der Alm. Doch man sollte beim Durchqueren von Weiden, vor allem mit Hund, gerade auf den Bergen Vor- sicht walten lassen. Foto: Klausner Das Urteil nach der Kuh- attacke im Pinnistal sorgt für A ufregung auch im Bezirk Kitzbühel und es macht sich auch Verunsi- cherung breit. Laut dem Tiroler Almwirtschaftsver- ein soll der Almsommer wie geplant ablaufen. In der Gamsstadt stehen Kitzbühel T ourismus und die Bergbahn AG zu ihren Partnern. Kitzbühel | „Wir werden jetzt ein- mal in Ruhe darüber n achdenken, wie wir mit diesem Urteil umge- hen werden“ – der Obmann des Tiroler Almwirtschatsvereins, Jo- sef Lanzinger aus Itter, hält e inige Tage nach dem Bekanntwerden des Urteils rund um eine Kuh- attacke im Stubaital nichts von Schnellschüssen. Vergangene Woche hatte das Landesgericht Innsbruck ein richtungsweisendes Urteil ge- fällt – d emnach muss ein Bauer nach der tödlichen Attacke ei- ner seiner Mutterkühe den be- trofenen Hinterbliebenen nicht nur 132.832,63 Euro Schadener- satz zahlen, überdies s teht dem Ehemann der tödlich verletz- ten Frau eine monatliche Rente von 1.215,50 Euro, dem Sohn eine Rente von 352,50 Euro so- wie 47.500 Euro zu, entschied das Gericht. Es begründete d as Ur- teil damit, dass der Landwirt den Bereich absperren hätte m üssen. Die 45-jährige D eutsche war mit ihrer Familie im Juli 2014 im Pinnistal mit ihrem Hund auf dem Wanderweg unterwegs. Als die Familie vorbeiging wurden die Tiere – es handelte sich um eine Mutterkuhherde – unru- hig und begannen die Frau zu verfolgen. Die Deutsche wurde von den Tieren geschubst, zu Boden gestoßen und s chluss- endlich zu Tode getrampelt. Jetzt, fünf J ahre später, w urde das noch nicht rechtskrätige Urteil gefällt. „Bauern und Touristiker müssen an einen T isch“ Die Emotionen gehen natur- gemäß auch unter den Land- wirten im Bezirk hoch. Auch Kitzbühels oberster Bauernver- treter LAbg. Josef Edenhauser kann das Urteil nicht nachvoll- ziehen. Selber Almbauer, seine Alm liegt direkt an einem be- liebten Wanderweg im Kai- sergebirge, zeigt Verständnis für jeden seiner Kollegen, der jetzt daran denkt, seine Alm abzusperren. Wie in etwa jener Bauer aus dem Alpbachtal, der das via soziale Medien bereits angekündigt h at. „Solange wir keine Rechtssicherheit haben, kann ich jeden verstehen, der hier seine Wege absperrt. Das kann aber sicher keine Dauer- lösung s ein. Vielmehr ist es not- wendig, dass wir uns gemein- sam mit den Touristikern an einen Tisch setzen und Lösun- gen ausarbeiten“, betont Eden- hauser, der natürlich n icht will, dass Natursuchende von den Al- men ausgesperrt werden. „Unverständliches Urt eil – zum Schaden aller“ Mit dieser hematik bereits beschätigt h at sich Kitzbühel Tourismus und die Bergbahn AG Kitzbühel, die e in klares Bekenntnis zu ihren Partnern äußern. „Das Miteinander auf unseren Wiesen, Almweiden und Bergen wird nicht dadurch gestärkt, indem Eigenverant- wortung gegenüber N aturge- fahren trotz Warnhinweisen völlig r eduziert und die Ver- antwortung zur Gänze Dritten in nicht nachvollziehbarer Art und Weise aufgebürdet w ird“, teilt Bergbahn-Vorstand Josef Burger mit. Das Urteil, welches zu einer verantwortungsvollen Nutzung unserer Natur beitragen hätte sollen, erreicht genau das Ge- genteil: Für die W anderer droht der wohlbedachte Naturgenuss ungebührlich e ingeschränkt zu werden und für diejenigen, die unsere Almlächen p legen und bewirtschaten, ziehen nicht ver- trägliche B elastungswolken am Horizont auf. Kitzbühel T ouris- mus und Berg bahn AG Kitzbü- hel unisono: „Wir stehen für e ine gesunde Wahrnehmung der Ei- genverantwortung als Grundlage eines vernüntigen M iteinan- ders in unserer schönen Berg- welt. Jedenfalls stehen wir voll und ganz zu unseren Partnern, gerade in schwierigen Situati- onen. Wir können n ur hofen und uns im Rahmen unserer Möglichkeiten intensiv dafür einsetzen, dass dieses Fehlur- teil ehestmöglich eine nachhal- tige Korrektur erfährt.“ Der Almsommer läuft wie geplant Almwirtschatsvereins-Obmann Lanzinger – allein im Bezirk Kitzbühel w erden ja 450 Almen bewirtschatet – will nichts übers Knie brechen, wenn ihm aber auch bewusst ist, wie schwierig die Situation ist: „Wir schauen uns jetzt das alles genau an. Fest steht aber, dass die Planungen für den kommenden Almsom- mer laufen und auch die meis- ten Senner bereits engagiert sind. Wir werden aufalpen wie gehabt.“ Aber er bringe natür- lich auch Verständnis f ür a lle jene Bauern auf, die das Risiko scheuen und die Schotten dicht machen. M. Klausner, E.M. Pöll Aus meiner Sicht Gemeinsam Lösung inden Bekanntlich wird ja nicht so heiß g egessen, wie gekocht wird. Doch bei den „Worst-Ca- se-Szenarien“ schaut es für die Almen und für N aturerlebnis am Berg düster a us. Bleiben die Kühe und J ungrinder auch im Sommer im Stall, werden die Almböden, s o wie wir sie jetzt kennen, bald der Vergangenheit angehören, denn sie werden zu- wachsen und verwildern. Geht der Bauer auf Nummer sicher und schließt die W anderwege, so ist das nicht nur ein herber Schlag für d en Tourismus, son- dern auch für die F reizeitgestal- tung der einheimischen Bevöl- kerung. Was also tun? Politik, Touristiker und Bauern müssen nun nach einer optimalen Lö- sung suchen, damit das Erlebnis Berg und der Wirtschatsraum Alm erhalten bleibt. Auklärung ist wichtig, doch auch das Be- wusstsein für die E igenverant- wortung der Freizeitgenießer gehört gefördert. Schilder al- lein werden die Situation nicht verbessern, eine Sensibilisie- rung muss erfolgen, denn die Alm ist eben kein Streichelzoo. Elisabeth M. Pöll poell@kitzanzeiger.at
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