Kitzbüheler Anzeiger
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16.10.2017
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Werden Heime überrollt?

Ende Juni beschloss der Nationalrat das Aus für den Pflegeregress mit breiter Mehrheit. Mit Anfang 2018 ist es somit den Ländern untersagt, auf das Vermögen von Personen, die in stationären Pflegeeinrichtungen betreut werden, zurückzugreifen. Damit könnte die Hauptlast auf die Gemeinde zurückfallen und auch auf die Pflegeheime kommt eine große Herausforderung zu.

Bezirk | Seit Jahren wurde über die Abschaffung des Pflegeregesses diskutiert, im Juni ging es dann relativ schnell. Mit breiter Mehrheit wurde die Abschaffung im Nationalrat beschlossen. Ab Anfang kommenden Jahres ist es den Ländern untersagt, auf das Vermögen von Personen, die in stationären Pflegeeinrichtungen betreut werden, zurückzugreifen. Gleiches gilt für das Vermögen von Angehörigen und Erben. Im Gegenzug dazu erhalten die Länder jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich über den Pflegefonds. Die Gegenfinanzierung der Maßnahme ist noch offen.

Herausforderung für Heime und Gemeinden

Dieser Neuregelung ab dem Jahr 2018 sieht Karl Hauser, Leiter des Altenwohnheimes Kitzbühel, mit großen Bedenken entgegen: „Unser Ziel sollte sein, die Menschen so lange wie möglich zu Hause zu betreuen. Ohne den Regress werden sicherlich mehr Menschen in die stationäre Betreuung kommen. Wir können die notwendigen Plätze gar nicht zur Verfügung stellen und wenn die Abschaffung des Pflegeregresses schlagend wird, werden die Heime ‚explodieren‘.

Der Bedarf an Pflegeplätzen lässt sich gar nicht abschätzen.“ Hauser spricht aber auch die Belastung für die Allgemeinheit und die Gemeinden, die die Hauptlast trifft, an. Die Mindestsicherung wird zum Großteil von den Gemeinden getragen und diese sind auch zur Schaffung von Pflegeplätzen verpflichtet. „Wenn man bedenkt, dass ein Heimplatz an die 150.000 Euro kostet, kann man sich vorstellen, welche Kostenlawine hier auf die Gemeinden zukommen kann“, erklärt Hauser. Bei diesen Erstellungskosten sind aber Grund und Boden noch nicht eingerechnet. Laut Berechnung des Sozialministeriums müsse durch die Neuregelung mit zehn Prozent mehr Bettenbedarf pro Jahr gerechnet werden.

Durch den Wegfall des Pflegeregresses könnten mehr Personen die Mindestsicherung beziehen und dadurch werden die finanziellen Belastungen auch deutlich erhöht. Bei der Mindestsicherung entfallen 65 Prozent der Kosten auf das Land, die weiteren 35 Prozent haben die Gemeinden zu tragen.

Einzig Vorarlberg machte Berechnungen

Den Ländern wurde im Gegenzug der Abschaffung des Pflegeregresses ein Zuschuss von 100 Millionen Euro über den Pflegefonds zugesagt. Ob diese Summe ausreichen wird, bezweifelt Karl Hauser, denn die Berechnungen wurden mit dem bisherigen Stand an pflegebedürftigen Personen in Heimen gemacht. Laut Schätzungen werden die Kosten zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro anzusiedeln sein. Als einziges Bundesland von ganz Österreich machte Vorarlberg Berechnungen für die entstehenden Kosten beim Wegfall des Pflegeregresses. Und wie die Vorarlberger Sozialreferentin Katharina Wiesflecker auch zu bedenken gab, gilt, dass künftig Selbstzahler – jene Menschen die ihre Heimplätze aus dem eigenen Einkommen und Vermögen bezahlen – künftig auch gleich behandelt werden müssen.

Alternativen sind sehr wichtig

Um einer möglichen Kostenlawine zu entgehen ist es auch weiterhin wichtig, dass die Menschen so lange als möglich zu Hause, natürlich mit Unterstützung, betreut werden. Es gilt auch, Alternativangebote wie die Tagesbetreuung, die Unterstützung durch die Sozialsprengel oder auch „Betreutes Wohnen“ – als Vorstufe zu forcieren, weil damit die Möglichkeit geschaffen wird, dass Menschen so lange als möglich selbständig in ihrem eigenen Bereich wohnen können.

Das Thema Pflege und Gesundheit wird nicht nur damit ein großes Zukunftsthema. Elisabeth M. Pöll

 
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