Kitzbüheler Anzeiger
21.04.2020
News  
 

Schwere Zeiten in Kössen

Acht Bewohner sowie sieben Mitarbeiter wurden im Alten- und Pflegeheim Kössen positiv auf das Coronavirus getestet. Zudem gab es drei Todesfälle.

Kössen | Das, wovor alle in Alten- und Pflegeheimen Angst haben, ist in Kössen passiert. Das Coronavirus hat seinen Weg in das Haus gefunden. Wie das Land Tirol mitteilte sind mit Stand Karfreitag acht Bewohner, fünf Pflegemitarbeiter und zwei Funktionsmitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden.
Bei drei Bewohnern, die verstarben, war das Testergebnis auch positiv. Wobei im nachhinein oft schwer nachvollziehbar ist, ob das Coronavirus ausschlaggebend für den Tod war.
„Was das Pflegepersonal leistet, ist unglaublich“
Die Situation im Heim ist angespannt, erklärt Bürgermeister Reinhold Flörl im Gespräch mit dem Kitzbüheler Anzeiger: „Meine ganze Hochachtung gilt dem Pflegepersonal. Was die derzeit leisten, um die Versorgung der Bewohner aufrechtzuerhalten, ist einfach unglaublich.“
Wie das Virus seinen Weg in das Heim fand ist unbekannt. Der Bürgermeister steht im stetigen telefonischen Austausch mit dem Pflegeheim. „Man hat ein Gefühl der Machtlosigkeit. Dabei wurde alles getan, um eine Infektion der Bewohner im Vorfeld zu verhindern. Wir haben schon vor der Verordnung das Besuchsverbot ausgesprochen und das Heim abgeriegelt“, erzählt Flörl. Das Heim wurde etagenweise organisiert, d.h. dass immer die selben Mitarbeiter auf einer Etage im Einsatz sind.

Isolation auch privat
Jetzt geht es darum, die weitere Ausbreitung im Heim zu unterbinden. Die Infizierten wurden isoliert. „Auch das Pflegepersonal vermeidet private Kontakte und schläft z.B. in getrennten Schlafzimmern daheim – das muss man sich einmal vorstellen, was da auf sich genommen wird, um die Bewohner zu schützen“, berichtet Flörl. Der Bürgermeister betont, dass so ein Einsatz nicht genug gewürdigt werden kann: „Was das für eine psychische Belastung für die Pflegekräfte ist, vermag man sich gar nicht vorzustellen.“

Schutzausrüstung bleibt Mangelware
Wie in fast allen Heimen fehlt es an Schutzausrüstung. „Man kann hier keinen beschuldigen - es fehlt ja überall an allen Ecken und Enden an Schutzausrüstung“, sagt Flörl. Das Land Tirol teilte auf Anfrage des Anzeigers mit, dass die Landeseinsatzleitung laufend an der Beschaffung und Verteilung von Schutzausrüstung arbeite.
Für die Angehörigen der drei Verstorbenen ist es schwer. Sie durften sich von ihren Lieben nicht verabschieden. Es gab nur ein Begräbnis im kleinsten Kreis. „Welches Leid das Virus mit sich bringt, ist unvorstellbar“, so Flörl.
Ein Lichtblick: Bislang hat sich das Coronavirus im Heim nicht weiter ausgebreitet. Das Land Tirol testete alle Bewohner und Mitarbeiter des Heimes. „Eine weitere Testung wird noch diese Woche erfolgen“, informiert Rainer Gerzabek vom Land Tirol.
Die Kössener halten zusammen. „Das erste Fest, welches wir von Gemeindeseite in Kössen veranstalten dürfen, wird zu Ehren unserer Pflegekräfte sein“, betont der Bürgermeister.Johanna Monitzer

Aus meiner Sicht - Es ist noch nicht vorbei
In Kössen, wie auch sonst allerorts, wird mit großer Anstrengung versucht, das Virus von den Risikogruppen fernzuhalten. Die Machtlosigkeit, gegen das Coronavirus wurde im Gespräch mit Bürgermeister Reinhold Flörl mehr als deutlich spürbar. Wäre es nur irgendwie möglich, wäre der Bürgermeister im Pflegeheim vor Ort und würde unterstützen.
„Dieses Virus wird unfassbares Leid bringen“ – die Worte von Bundeskanzler Sebastian Kurz hallen einem nach solchen Gesprächen wieder in den Ohren.
Er hat leider recht behalten: Die Angehörigen, die sich von ihren Lieben nicht verabschieden können. Die Beisetzungen nur im kleinen Kreis ohne die Verwandtschaft und Freunde. Die psychische Belastung des Pflegepersonals, das immer Angst haben muss, das Virus symptomlos weiterzugeben. Die Wirtschaft ist am Boden. Existenzen wurden (oder werden noch) zerstört. Die höchste Arbeitslosigkeit seit 1946.

Vorsichtig bleiben
Jetzt wird das ganze Land schrittweise wieder hochgefahren. Wir alle würden uns wünschen, dass es jetzt dann mal langsam vorbei ist. Glaubt man den Experten, ist dem nicht so. Bleiben wir weiterhin vorsichtig – nicht unbedingt unserer selbst Willen, sondern der Risikogruppen wegen.
Wir sind auf einem guten Weg, aber es ist noch nicht vorbei – das sollte man trotz Lockerungen stark im Gedächtnis behalten. Johanna Monitzer monitzer@kitzanzeiger.at

Foto: Ein Lichtblick: Alle weiteren Testungen der Bewohner und Mitarbeiter verliefen negativ, teilt das Land Tirol mit. Im Altenwohn- und Pflegeheim Kössen leben 35 Bewohner. Die Pflegemitarbeiter geben ihr Bestes. Foto: Klausner

 
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