Kitzbüheler Anzeiger
01.10.2017
News  
 

Olympiade 2026 in Tirol

Olympia ist eine Chance für Tirol – befinden Biathlonass Dominik Landertinger, Steinbacher-GF Roland Hebbel und Bergbahn-Kitzbühel-Vorstand Josef Burger. Der Kitzbüheler Anzeiger bat sie zum Gespräch.

Bezirk  | Sie plädieren alle für ein „Ja“ zur Bewerbung für Olympia. Wieso?

Landertinger: Es ist ganz wichtig, dass man so ein großes Event wieder kriegt, weil wir ja doch gesellschaftlich ein großes Problem haben, was Sport angeht. Die Jugend bewegt sich viel zu wenig. Es ist das Problem da, dass weniger Sportler nachkommen. Aber vor allem gerät der gesundheitliche Aspekt ins Hintertreffen. Da glaube ich, dass das eine große Motivation wäre und ein wichtiger Schritt für den Sport in Österreich.  

Hebbel: Darf ich da etwas einwerfen? Mich würde deine Meinung interessieren, Dominik. Ich denke, solche Olympiaden wie Pyeongchang, die auf uns zukommt, oder wie Sotschi eine war, dass der olympische Gedanke – „Dabei sein ist alles „– mit diesen Events für viele Milliarden bei den Sportlern verloren gegangen ist, und dadurch resultierend auch der „Spirit“ von Olympia. Das ist eine Riesenchance 2026, wieder dorthin zu gehen, wo der Wintersport zu Hause ist, nämlich in Österreich, in Tirol. Und damit auch der Gedanke wieder dorthin kommt, wo er hingehört, nämlich, dass nicht mehr das Kommerzielle im Vordergrund steht, sondern die Leistung des Einzelnen.    

Landertinger: Da gebe ich dir recht, weil Österreich doch ein Land ist, wo diese Sachen am besten genutzt werden. Gerade in Tirol haben wir sehr viele Stätten, wenn wir von Hochfilzen reden, müssen wir teilweise gar nicht viel investieren. Da steht der Sport wirklich im Vordergrund und nicht „Wer zahlt mehr“.  

Burger: Ich habe dazu einen anderen Zugang, und zwar einen touristischen. Der alpine Tourismus generell steht im harten Wettbewerb mit anderen Regionen und Urlaubsformen. Der alpine Wintertourismus stößt an die Grenzen des Wachstums. Er ist in Tirol Arbeitgeber für ein Drittel der Bevölkerung. Wichtig ist mir, unsere Kompetenz als Gastgeber gut und sympathisch einem weltweiten Publikum rüberbringen zu können. Wir sind ein nachhaltiger Wertschöpfungs- und Beschäftigungsmotor und der kann eine neue Zündung und eine zusätzliche Verfestigung der Position kriegen.

Jetzt möchte ich da auch noch gleich ein kritisches Thema angehen, weil es immer heißt, es werden Infrastrukturen errichtet und man weiß nicht, ob es nachgenutzt wird, etc. Ich glaube bei den Veranstaltungsstätten im Sportlichen sind wir sehr gut aufgestellt, da ist der finanzielle Bedarf sehr gering. Das ist ganz ein wesentlicher Punkt.

Und jetzt komme ich zu den Infrastrukturen, die sehr wohl geschaffen werden, jetzt nenne ich mal ein Olympisches Dorf, oder eine Stärkung der Bahninfrastruktur ins Oberland. Ich sage: Wenn es in Innsbruck keinen Bedarf an sozialen Wohnungen gibt, ist keine Nachhaltigkeit gegeben. Wenn es aber einen Bedarf für sozialen Wohnraum gibt, dann ist der einzige Unterschied zwischen Olympia und einer späteren Investition der, dass das ganze halt später kommt. Und dass es jedenfalls zu den Kosten, die sozialer Wohnbau aufwirft, keine Einnahmen gibt, die dagegen gerechnet werden. Zur Zeit haben wir ein Geschäftsmodell, das von Fachleuten dargestellt worden ist, ich habe keine Veranlassung, daran zu zweifeln.

Ungeachtet dessen: Selbst, wenn die Einnahmen nicht die Kosten decken würden – und ich bin nicht der Meinung, dass das der Fall ist – dann muss ich sagen, ist es trotzdem noch günstiger, wie wenn man später dieses Dorf bzw. die sozialen Wohnungen errichtet. Für mich ist es so, man errichtet jetzt ein Olympisches Dorf und hat dafür später soziale Wohnungen. Und wenn man keine sozialen Wohnungen braucht, muss man den Mut haben, das zu sagen.

Nächstes: Bahninfrastruktur ins Oberland. Wenn man der Meinung ist, dass man in den nächsten 20 Jahren da noch immer eingleisig fahren soll, dann ist Ausbau nicht sinnvoll. Wenn das aber sowieso kommen muss, ist es doch wesentlich gescheiter, wenn es jetzt im Rahmen einer Olympiade kommt, wo es noch dazu eine massive Finanzierung vom IOC gibt.

Die wesentliche Voraussetzung ist, dass die definierten Bedingungen tatsächlich eingehalten werden. Es gibt jetzt ein Geschäftsmodell, das basiert auf Annahmen bzw. auf bekannten Anforderungen. Und diese Anforderungen dürfen sich nicht verändern, zumindest nicht zu unserem Nachteil. Es geht darum, dass man was Vernünftiges macht, mit dem man nachher noch leben kann und leben muss.

Welchen Nutzen hat Kitzbühel davon? Die Planungen konzentrieren sich auf andere Regionen?

Burger: Olympische Spiele in Tirol bedeuten, dass man die gesamte Region und die Wintersportkompetenz und natürlich auch Kitzbühel als solches vermarktet. Wenn ich in letzter Zeit die Zeitungen lese, dann ist man zwar gegen Olympia in Tirol, aber man fragt gleichzeitig, warum ist denn Kitzbühel nicht dabei, um so einen Keil hinein zu treiben.

Hebbel: Eine olympische Bewegung hat den Vorteil: Man kann sich hier anhängen. Anhängen dahingehend, dass wir ja bekannt sind mit Innsbruck, Tirol und davon, dass hier schon zwei Olympiaden stattgefunden haben, hat auch Kitzbühel profitiert. Und eine Infrastruktur auch jetzt noch da ist. Aber, und das ist das Thema, ich brauche nicht eine Bobbahn neu zu bauen, wenn sie bestehend ist. Ich muss sie sanieren.

Es gibt auch Regeln, dass die Kosten eingehalten werden müssen. Diese Glaubwürdigkeit müssen wir vorleben. Das heißt klar, es sind 925 Millionen US-Dollar  vorgegeben vom IOC.

Was schon noch ein Thema ist, und das ist für mich die Brücke zwischen Wirtschaft, Tourismus und Sport: eben ein langfristiges Vermächtnis. Wenn der olympische Gedanke weiter mit Füßen getreten wird, dann wird es die Spiele über kurz oder lang nicht mehr geben. Und das ist die Riesenchance für diese Region, dass wir wieder dahin zurückkommen, wo Olympia hingehört. Das muss jedem bewusst sein und wir sollten nicht wieder nach Gründen suchen, um irgendetwas zu verhindern. Das Kirchturmdenken ist schlecht. Das Beste ist, wenn die gesamte Region Tirol Schulter an Schulter zusammen steht dann profitiert nicht nur der Veranstalter, dann profitieren alle. Ob das Kirchdorf ist, Aurach oder Hochfilzen.

Burger: Es braucht Mut, Gutes zu tun und gut darüber zu reden. Dass wir im Tourismus um jeden Gast raufen müssen und uns klar positionieren müssen, ist klar. Dass das ein Vehikel ist, wo wir sympathisch  und authentisch rüber kommen können und Kompetenz zeigen können, ist auch klar.  

Landertinger: Ich glaube, es ist auch ganz wichtig, dass man sich weiterentwickelt. Wir haben in Tirol sehr sehr gute Sportevents, aber eine Olympiade steht halt noch über allem drüber, weil sie einfach das Größte ist, was ein Sportler erreichen kann. Ich bin der Meinung, es wird so viel schlecht geredet „Das kostet so viel“, aber wenn man sich anschaut, wofür der Staat sonst so Geld ausgibt ...

Burger: ... ja richtig, es heißt immer es geht nicht, aber natürlich geht das und du kriegst sogar noch 925 Millionen Dollar vom Olympischen Komittee überwiesen.

Das Thema Sicherheit wird immer wieder ins Treffen geführt. Wie sehen Sie das?

Hebbel: Ganz eine einfache Sache, die Sicherheit strahlt jeder einzelne aus. Wenn der Skiclub Kitzbühel jedesmal die Angst hätte, das bei einem Hahnenkamm-Wochenende etwas passiert, dann würden sie es schon lange nicht mehr machen. Das ist die unternehmerische, die positive Denkensweise. Ich kann nicht immer das Negative sehen, sondern auch die Chance. Wir jammern, wir jammern, wir jammern, anstatt dass wir das Positive sehen. Wir haben eine Riesenchance, diese Veranstaltung zu bekommen und haben die Perversität darüber nachzudenken, warum wir es nicht nehmen sollen!

Burger: Natürlich wird man sich um die Sicherheit kümmern, und das wird auch ernsthaft gemacht werden. Da haben wir den Vorteil einer Europaregion Tirol, dass man mit den Nachbarn ein Sicherheitskonzept erarbeiten kann. So wie uns die Deutschen teilweise zur Assistenz rufen. Wenn wir uns von dem abhalten lassen, dann haben die obsiegt, die uns Unheil bringen wollen.

Landertinger: Das muss ich auch sagen, wenn Sotschi und Pyeongchang es geschafft haben, und da brennt ja wirklich der Hut ...

Wie ist aus sportlicher Sicht der internationale Blick auf den Tiroler Wintersport?

Landertinger: Gerade in Tirol fühlen sich die ausländischen Sportler, was man so mitkriegt, sehr wohl. Das ist für die eines der größten Highlights. Es freut sich jeder auf den Weltcup bei uns. Wir haben super Hotels, super Essen. Du bist gut aufgehoben, hast eine schöne Landschaft und freundliche Leute. Und das findet man selten irgendwo und von dem her glaube ich ist der Stellenwert extrem hoch. 

Das Gespräch führte
Elisabeth Galehr



 
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