Kitzbüheler Anzeiger
04.06.2019
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Mit seiner Kunst der Zeit voraus...

Tirol | „Neuland in der Fotografie zu betreten, ist die ständige Motivation in meiner Arbeit; es ist wie ein Wasserdampf, der am Fenster plötzlich zu wundervollen Eisblumen erstarrt.“ Künstler Karl-Heinz Koller gilt als Pionier der experimentellen Fotografie. Experten staunen über die Qualität und über das künstlerische und technische Niveau seiner analogen Werke – eine Qualität, die heute im Zeitalter der digitalen Fotografie selten erreicht wird.

Der Fotograf, Filmer und Konzeptionist Karl Heinz Koller (1943–1995) wurde in Ötz in Tirol als Sohn des Sprengelarztes Dr. Karl und Maria Koller geboren. Seine Kindheit und Jugend war von einem kosmopolitisch eingestellten Elternhaus geprägt. Reisen nach Frankreich und die Eindrücke der französischen Architektur, wie die Kirche von Le Corbusier in Ronchamp bei Belfast oder die Glasfensterrosette von Notre Dame in Paris weckten seinen Kunstsinn.
1962 verließ er seine idyllische Heimat und ging nach Wien, wo er ein Studium der Ethnologie und Psychologie begann. Bald wechselte er an die Hochschule für Angewandte Kunst, wo er von 1965-69 in die Meisterklasse für Grafik aufgenommen wurde. Karl- Heinz Koller vertiefte während seiner Studienreisen in Europa seinen künstlerischen Zugang zur konzeptionellen Fotografie.

Ausgeklügelte Techniken
Fotografie war genau das Medium, das dem Tiroler Karl-Heinz Koller den Rahmen seiner künstlerischen Entfaltung bot und ihm einen unfassbar vielfältigen Raum des Experimentierens ermöglichte. Karl-Heinz Koller begann mit ausgeklügelten Techniken und Verfahren in der Dunkelkammer zu hantieren. Für seine Mandalas entwickelte er einen speziellen Apparat, einen Drehtisch auf dem er wahlweise Kamera oder unscheinbare, alltägliche Materialien rotieren ließ. Diese Arrangements setzte er durch ein perfektes Zusammenspiel von Licht und Geschwindigkeit auf analoge Art und Weise in faszinierenden Bildern mit ganz besonderen Effekten in Szene und entwickelte eine seiner umfangreichsten Serien der „Mandala Configurations“. Diese archetypischen, kreisrunden Formen beziehen sich vielfach auf die buddhistischen Mandalas. Koller war unentwegt von seinem Künstler-, Forscher- und Entwicklergeist getrieben; seine künstlerische Arbeit zeigte sich dadurch sehr vielschichtig. Als Medium seines fotografischen Ausdrucks diente ihm eine Hasselblad. Sein unbeschreiblich perfekter Blick für Bildstimmungen brachten zahlreiche Aufträge und so avancierte er ab 1973 zum gefragten experimentellen Kunst- und Industriefotograf.

Auf der Suche nach neuen Ebenen
Die Suche nach neuen Ebenen in der Fotografie durchzieht Kollers künstlerische Arbeit wie einen roten Faden. Der Tiroler versuchte auf der fotografischen Ebene Metaphysik zu induzieren. Sein Denken in mehreren Dimensionen und sein bewusster Einsatz der photochemischen Abstraktion bildete seinen künstlerischen Ausdruck und stellt neue Fragen nach den alten Gesetzen der Natur und Physik.
Ebenso widmete sich Karl-Heinz Koller verschiedensten Projekten mit Künstlerkollegen aus denen Body Art Sequenzen und interessante Künstlerpor-
träts mit dem Performer Bruno Demattio und Hans Jascha entstanden, sowie historisch wertvolle Dokumentationen der Europäischen Jugendzentren.
Mitte der 1970er startete Koller auch sein bemerkenswertes Langzeit-Selbstporträt „Ein Monat in meinem Leben“. Dabei stationierte der Künstler eine fixe Kamera in seinem persönlichen Umfeld. Ein Monat lang wurde jede Stunde ein Bild gemacht, sodass eine Bilderserie von 744 Bildern entstand.

Fotografie und Film verbunden
Ab 1976 begann Koller Elemente der Fotografie und des Films miteinander zu verbinden. Dabei inszenierte Koller seine eigenen Bilder in einer perfekten Abfolge. Er griff auf frühere Experimente zurück und entwickelte noch vor dem digitalen Zeitalter skurrile Filme. Einige davon wurden von unabhängigen Jurys ausgezeichnet. Mit der Medienkünstlerin Valie Export ging Koller ab Mitte der 70er Jahre eine Kooperation ein. Es entstanden zahlreiche Filme, wie „Unsichtbare Gegner“, „Überleben“ oder „Syntagma“.
Einblicke in seine Ideen, Inspirationen, philosophische Gedanken und Skizzen bieten 39 sehr interessante Notebooks. Seine Arbeiten werden von zahlreichen Museen und Institutionen gesammelt, wie das Ferdinandeum Tirol, die Kunstsammlung der Universität für angewandte Kunst Wien, das Rupertinum in Salzburg und das MUSA in Wien.

„Analoge Fotografie“ Foto: Archiv Koller, Wien

 
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