Kitzbüheler Anzeiger
30.09.2022
News  
 

Kleine Möwe an der großen Ache

Über 25 Jahre Hochwasserschutzmaßnahmen durch die Großachengenossenschaft St. Johann.
Von Gertraud Ritter

Der zur Ordnung der Wat-, Möwen- und Alkenvögel (Familie der Regenpfeifer) gehörende Charadrius dubius  wird 15 bis 18 cm groß. Seine Kennzeichen: auffällig gelbe Augenringe, Rücken braun, Unterseite weiß gefärbt, kurzer Schnabel. Ein in Mitteleuropa verbreiteter, aber nicht häufiger Brut- und Sommervogel, der auf Kies-, Schlamm- und Sandflächen und an Baggerseen nistet, aber in den Alpen nur ausnahmsweise auftritt. Sein Ruf ist „piu“ oder „pri“.
Nahrung findet er am Boden oder unter der Oberfläche: Insekten, deren Larven, Spinnen, Würmer, gelegentlich Weichtiere, Krebstiere und Sämereien.
Den Winter verbringt der Langstreckenzieher im Mittelmeerraum oder in Afrika.

Brutgebiete gingen verloren
Seit Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte ein starker Bestandseinbruch, weil der ursprüngliche Lebensraum – Schotterinseln oder flache Ufer von Flüssen – durch Schutzbauten verloren ging. Durch die gleichzeitig einsetzende verstärkte Bautätigkeit wurden „Ersatzbiotope“ wie Kiesgruben geschaffen, die allerdings selten sichere und dauerhafte Brutplätze sind. Vielfach sind sie zu Erholungs- und Freizeitflächen geworden. Badegäste, Geländewagen oder Mountainbikes vertreiben die Vögel oft unbemerkt aus ihren Brutgebieten.
Die Flussregenpfeifer haben Fressfeinde, auch Hunde und Menschen sind im Uferbereich unterwegs, Hochwasser schwemmen Nest oder Küken davon.

Seit fast 120 Jahren Wasserregulierung
Bei den um 1905 mit großer staatlicher Unterstützung begonnenen und durchgehend betriebenen Baumaßnahmen der Großachengenossenschaft St. Johann i. T., in der die Gemeinden Oberndorf, St. Johann, Kirchdorf und Kössen und private Grundbesitzer Pflichtmitglieder sind, waren Maßnahmen zur Wasserregulierung lange die gestellte Aufgabe, aber sie haben ungewollt den Lebensraum vieler Tiere stark beeinträchtigt. Seit 1996 beschäftigt sich die Großachengenossenschaft mit dem Hochwasserschutz.
Aufweitungen im Gemeindegebiet Kirchdorf haben sich bei den letzten Hochwasserereignissen als erfolgreich erwiesen. Offenbar hat sich die Situation durch die geänderten Maßnahmen auch für den Flussregenpfeifer verbessert.

Im Brutvogelatlas wird erwähnt, dass an der Großache bei Erpfendorf 2015 eine erfolgreiche Brut entdeckt wurde. Ich konnte Bird Life (Ornitho) im Frühjahr und Sommer 2019 durchgehend Flussregenpfeifer zwischen St. Johann und Erpfendorf melden und schloss aus dem Balzen einen Brutversuch. Am 16. Mai 2020 sah ich zwei Tiere, zwei Tage später einen Vogel. Ein Revier mit Brutversuch wäre möglich.
Im Sommer 2022 konnte Dipl. Ing. Christian Bachmann einen Brutnachweis in Kirchdorf fotografisch belegen.

Gemeinden sollen Brutplätze abgrenzen
Für den Flussregenpfeifer scheint das Gebiet beim Sextanten T 136/131 in Kirchdorf günstig. Auch die Aufweitung bei Kössen ist für eine Brut geeignet. Hochwasser gefährden die Brutplätze massiv. Die Störung durch Erholungssuchende könnten die Anrainergemeinden durch eine Abgrenzung einschränken.
Die begeisterte Kitzbüheler Vogelkundlerin Gertraud Ritter arbeitet seit über 20 Jahren für Bird Life und die Naturwissenschaftlichen Sammlungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum.

Bild: Flussregenpfeifer an der Großache in Kirchdorf (2022). Foto: Dipl. Ing. Christian Bachmann

 
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