Kitzbüheler Anzeiger

Westendorf

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August 2022 5 Thema In der Maiausgabe 2020 fand sich ein Artikel über die weiten Transportwege, denen Kälber ausgesetzt werden, um dann zum Teil als Kalbfleisch wieder nach Österreich zu gelangen. Dazu nun tiefergehende Gedanken: Österreich versorgt sich mit Kalbfleisch nur noch zur Hälfte selbst. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Kälbermast nämlich unrentabel. Höhe- re Futterkosten und Tier- schutzstandards als in anderen Ländern ließen sie zu einer Nische werden, die sich nur wenige Spezialisten leisten. Der Haken dabei: Im Zuge der starken Milchwirtschaft werden hierzulande jährlich 670.000 Kälber geboren. Die männlichen gelten als Abfallprodukt der Branche. Schwer im Inland zu verwerten, werden bis zu 50.000 jährlich in Länder exportiert, in denen kein Heu gefüttert werden muss, das ihr Fleisch rosa färbt. Es genügt mit Palmöl angereicherter Milchersatz. Kälber leben dort auf Voll- spaltenböden in Boxen, lei- den Mangel an Eisen und Bewegung. Bei der Schlach- tung sind sie bis zu doppelt so schwer wie tierverträg- lich gemästete Artgenossen. Ihr Fleisch kehrt tonnenwei- se zurück nach Österreich und deckt zwei Drittel des Bedarfs des Großhandels, der öffentlichen Verpflegung und Gastronomie. Wäre je- des Gulasch, Schnitzel und Kebab aus österreichischem Fleisch, gäbe es keine De- batten über T ierleid auf dem Transportweg. So sind Schnitzel auch ein Sinnbild für andere Sün- den im Tierschutz: Das Ei für die Panier kommt nicht selten aus ukrainischer Kä- fighaltung. Eine Abkehr von Billigimporten scheint un- realistisch, auch Krisen we- gen Eiern, die mit Fipronil und Dioxin belastet waren, rüttelten Industrie, Groß- küchen und Konsumenten nicht wach. Österreichs Landwirte hal- ten den Bioanbau hoch und pflegen im EU-Vergleich strenge Kriterien für Qualität und Tierwohl. Dennoch brö- ckelt es hinter der grünen Fassade, denn Ausnahme- regelungen durchlöchern das Bild der Idylle, das die Branche suggeriert. Wo liegen die größten Prob- lembereiche? IMPORTE (Beispiel Ei) Österreichs Geschäfte mit Eiern klingen auf den ersten Blick nach einer Erfolgs- geschichte, die über mehr Tierwohl und höhere T rans- parenz in der Produktion erzählt. Gemeinsam mit der Schweiz verbot Österreich 2004 die klassische Käfig- haltung für Legehennen. Seit heuer sind auch die letzten ausgestalteten, etwas größeren Käfige Geschich- te. Der Lebensmittelhandel sortierte entsprechende Eier konsequent aus. Konsumen- ten akzeptierten anstandslos die um einige Cent höheren Preise, wodurch auch Land- wirte von der Umstellung profitierten. Mittlerweile versorgen sich die Österrei- cher zu 90 Prozent mit fri- schen Schaleneiern selbst. Mehr als jedes fünfte Ei ist biologisch. Nur Frischmilch hat einen ähnlich hohen Bio- anteil. Der wunde Punkt des Mark- tes: Jedes zweite konsumier- te Ei entspringt nach wie vor Importen. Die Wahrschein- lichkeit, dass dieses ein Kä- figei ist, beträgt 50 Prozent. Die Hälfte der Hühner in der EU hat trotz des Verbots von Legebatterien keinen Auslauf. Drittländer wie die Ukraine regeln die Hal- tungsform überhaupt nicht, was deren Eier naturgemäß um ein Drittel billiger macht als heimische. Das nutzen die Lebensmittelindustrie, Großküchen und Wirte, die Eier flüssig, als Pulver oder tiefgefroren verarbeiten und verkochen. Ob Frittaten, Schnitzelpanier, Nudeln, Sachertorten oder Kaiser- schmarrn – Eier tragen in kulinarischen Schmankerln des Landes selten ein rot- weiß-rotes Mascherl. Eine strengere Kennzeich- nungspflicht für verarbeite- te Nahrungsmittel soll hier bald Abhilfe schaffen. Vor- aussetzung dafür ist, dass das Ei die Hauptzutat ist. Lücken dafür gibt es weiter- hin reichlich. Die Regierung will zwar große Gemeinschaftsver- pfleger stärker in die Pflicht nehmen. Diese sorgen täg- lich für 2,5 Millionen Por- tionen Essen. Gastronomen bleiben davon aber unbehel- ligt: Der Konsument habe bei der Wahl seines Wirts ja Wahlfreiheit. TIERHALTUNG Österreich liebt das Schwein auf dem Teller. Auf 40 Kilo kommen Konsumenten im Schnitt im Jahr. Einen Blick in die Ställe wagen die wenigsten. Österreich ist, das Wohl der Nutztiere betreffend, in vielen Be- reichen anderen Ländern der EU weit voraus. Schweine, die hierzulande millionenfach gemästet, exportiert, importiert und geschlachtet werden, hat Was im großen Agrarbereich falsch läuft Irrwege der Landwirtschaft Etwa 50.000 Kälber werden jährlich in Länder exportiert, in denen die Umweltbestimmungen nicht so streng sind wie bei uns. Das Kalbfleisch findet dann den Weg zurück in die heimischen Regale (Symbolbild: pixabay).
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