Kitzbüheler Anzeiger

Westendorf

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Dezember 2020 5 Thema Das Empfinden, was zu un- serer Kultur passt, hat sich durch den Einfluss der Me- dien, aber auch durch die Zuwanderung und den Tou- rismus zweifellos verändert. Besonders deutlich wird das auch in der Zeit zum Jahres- ende hin. Es beginnt mit Halloween, das durch das Fernsehen die Kinder erreichte und durch die Werbebranche in den Städten zu einem der um- satzträchtigsten Feste des Jahres wurde. Bei uns ist die Zahl der Halbwüchsigen, die an Türen läuten und in Gru- selkleidung um Schlecke- reien betteln, in den letzten Jahren wieder zurückgegan- gen, was wahrscheinlich die meisten von uns mit Freude zur Kenntnis nehmen. Im November ist dann das Fest des Heiligen Martin mit Martinimärkten und Marti- nigänsen. In Österreich und Bayern werden die Namens- tage von Heiligen näm- lich mit dem lateinischen Genitiv-i gebildet (Martini, Stefani, Josefi, Floriani), während im Norden des deutschsprachigen Raums bei Namen das Fugen-s ge- bräuchlich ist (Floriansprin- zip, Stefanstag usw.). Bald tauchen in den Geschäf- ten die ersten Weihnachts- männer auf und streiten sich mit Schokolade-Nikoläusen um die Vormacht. Die roten Santa-Claus-Figuren findet man dann in den kommen- den Wochen auch an allen möglichen und unmöglichen Stellen, z.B. auf Balkonen, an Fensterrahmen oder ne- ben Eingangstüren. Manch- mal enthält die Dekoration auch den obligaten Rentier- schlitten, mit dem er durch die Lüfte fliegt. Von gar nicht so wenigen werden die Weihnachtsmän- ner übrigens sogar mit dem Nikolaus verwechselt. Auch musikalisch ver- schwimmen die Grenzen zwischen dem, was tradi- tionell im Advent und zu Weihnachten gesungen und gespielt wird, mit dem, was wir aus Fernsehen und Radio kennen. „Jingle Bells“ und „Last Christmas“ sind wohl schon den meisten Jugendli- chen geläufiger als etwa Es wird scho glei dumpa“. Selbst die Sprache ver- ändert sich. W ir sehen in den Geschäften immer öfter „Adventskalender“ als Adventkalender und lesen öfter von der „Adventszeit“ als von der Adventzeit, weil viele Produkte im Handel aus Deutschland stammen. In Österreich wird zwar das Fugen-s insgesamt häu- figer als in Deutschland verwendet - wir sagen z.B. Schweinsbraten und Rinds- braten (statt Schweinebraten und Rinderbraten) -, beim Advent ist das allerdings an- ders, da verzichten wir auf das „s“. Der Einfluss aus dem Nor- den ist auch auf vielen Ka- lendern zu finden, die das Jahr mit dem „Januar“ statt mit dem bei uns üblichen Jänner beginnen. Bei den meisten bringt aber wenigstens das Christkind die Geschenke und (noch) nicht der Weihnachtsmann (durch den Kamin). Deshalb steht in den Stuben auch ein Christbaum und kein Weih- nachtsbaum. Diese Bezeich- nung hätte man übrigens in der NS-Zeit gerne einge- führt. Noch weiter entfernt von dem, was bei uns üblich ist bzw. war, sind natürlich die englischsprachigen Einflüs- se, die wir vor allem in der Werbung sehen. Wir lesen in den Einkaufspalästen z.B. von X-Mas-Shopping, Black Fridays und Gifts. Es darf jeder selbst beur- teilen, ob es eine gute Ent- wicklung ist, wenn regio- nale Eigenheiten langsam verschwinden und sich – zum Teil sogar weltweit – ein gewisser Einheitsbrei durchsetzt. Zu den Bemühungen um mehr Regionalität in der Wirtschaft würde es aber zweifellos gut passen, auch kulturell nicht alles kritik- los zu übernehmen, was uns über die Medien präsentiert wird, und auch in dieser Hinsicht auf Heimat-Be- wusstein (und Tradition) zu setzen. A.S. (Quelle: Der österrei- chische Journalist) Symbolbilder: pixabay Gedanken zur Weihnachtskultur Auf dem Weg zum Einheitsbrei Weltweit auf dem Vormarsch: der Begriff X-Mas und der allgegenwärtige Ho-ho-ho-Weihnachtsmann
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