Kitzbüheler Anzeiger
14.09.2019
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„Ich bin ein sesshafter Reisender“

Karl-Markus Gauß bezeichnet sich als  „sesshafter Reisender“. In seinem neuen Buch nimmt er den Leser mit auf eine Entdeckungstour durch sein Zimmer. Im Interview mit dem Kitzbüheler Anzeiger erzählt der Salzburger über die Faszination der kleine Dinge und warum ihm Menschen, die keine Bücher lesen, leid tun.

Wie darf man sich das vorstellen, wenn man im Hause Gauß zu Gast ist – haben Sie dann zu jedem Gegenstand gleich eine Geschichte parat?
Nein, sonst wäre ich auch mit einem Buch alleine nicht ausgekommen, sondern hätte eine Enzyklopädie mit offenem Ausgang verfassen müssen.
Aber es ist schon so: Je länger man einen unscheinbaren Gegenstand anschaut, umso interessanter schaut er zurück. Und es ist mein Wunsch, die Dinge, die mich umgeben, im Zusammenhang mit ihrer eigenen Geschichte wahrzunehmen.
 
Was hat Sie dazu bewegt, das Buch „Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer“ zu schreiben?
Ich habe in den letzten zwanzig Jahren viele Reisereportagen und Reiseerzählungen veröffentlicht, die von meinen Erkundungen und Erfahrungen an den Rändern Europas berichten.
Es war fast eine Wette, die ich mit mir selbst abgeschlossen habe: dass man auch eine Reise durch sein Zimmer machen und trotzdem von der großen Welt erzählen kann. Dass also in der kleinen Welt überall auch die große zugegen ist.
 
Würden Sie sich als Stubenhocker oder als Reisender bezeichnen?
Ich bin wahrscheinlich beides. Ich bin gerne zuhause, aber auch viel und gerne unterwegs. Wenn ich auf Reisen bin, mache ich mir nur Notizen; richtig schreiben kann ich einzig zu Hause, an meinem Schreibtisch, in meinem Zimmer, unter dem Dach.
Ich glaube, ich bin ein sesshafter Reisender.
 
Sie schreiben, sie besitzen über 10.000 Bücher. Woher kommt  diese Liebe zum Geschriebenen?
Ich war in meiner Kindheit immer auf den Beinen, mit den Freunden unterwegs auf den Wiesen, dem Fußballfeld, ein Streuner in der Gegend. Als ich jedoch mit acht Jahren lungenkrank wurde und drei Monate lang fiebernd das Bett hüten musste, habe ich nur überlebt, weil ich schon lesen konnte und die Bücher entdeckte.
Ich lag im Bett und kämpfte gegen Drachen, ich durfte das Zimmer nicht verlassen und war zugleich mit dem Schiff auf den Weltmeeren unterwegs, im Dschungel, in sagenhaften Städten.
Ich entdeckte, dass ich ein Abenteuer nach dem anderen erleben konnte, ohne mich vom Fleck zu rühren. Herrlich! Ich kann auch heute Menschen gar nicht verstehen, die sich nicht begeistert die Zeit nehmen, um sich in ein Buch zu vertiefen. Ich hege gegen sie keinen hochmütigen Dünkel. Aber sie tun mir leid. Johanna Monitzer

Karl-Markus Gauß liest am Dienstag, 17. September, um 19.30 Uhr in der Alten Gerberei in St. Johann. Informationen und Reservierungen: www.literaturverein.at

Foto: Karl-Markus Gauß schreibt nicht nur gerne, er liest auch viel. Der Salzburger besitzt über 10.000 Bücher. Am 17. September gastiert er für eine Lesung in der Alten Gerberei in St. Johann. Foto: Riebler

 
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