Kitzbüheler Anzeiger
27.11.2022
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Hilferuf zeigt wenig Wirkung

Die Weidetiere sind im heimatlichen Stall, doch die Wolfsproblematik ist damit nicht beseitigt. Ministerin Gewessler sieht den hohen Schutzstatus des großen Beutergreifers indes als „angemessen“.  

Westendorf | Die Bilanz ist ernüchternd: 400 getötete und mehr als 200 vermisste Schafe wurden heuer in Tirol im Zusammenhang mit dem Wolf registriert (Stand 7. November). Darüber hinaus wurden 1.500 Schafe aufgrund des Wolfes  vorzeitig von den Almen ins Tal getrieben, so die vorläufige Bilanz des Landes Tirol.

Das Brixental blieb heuer neuerlich nicht von Wolfsrissen verschont: Im August wurden auf der „Geig“ in Kirchberg/Aschau im Grenzgebiet zur Gemeinde Neukirchen im Oberpinzgau vier durch Kehlbiss getötete Schafe aufgefunden. 28 weitere Tiere waren abgängig, der Kitzbüheler Anzeiger berichtete. Die verbliebenen 62 Schafe wurden umgehend in die heimatlichen Stallungen in Sicherheit gebracht. Während die LLA Weitau fünf Tiere nach Hause bringen konnte, blieben von der Herde des Kirchberger Schafzüchters Paul Aschaber nur 57 von 89 Tieren übrig.

Andere Schafbauern haben hingegen den Almauftrieb erst gar nicht in Erwägung gezogen und ließen ihre Tiere im Tal oder beförderten sie quer durchs Land in Ausweichquartiere: An die 360 Schafe, die auf der Rosswildalm in der Kelchsau normalerweise den Sommer verbringen, weideten heuer auf einer hochalpinen Alm im Außerfern.

Bevölkerung ist verunsichert
Da schon im Winter und im Frühjahr Wölfe und Risse in unmittelbarer Nähe zu Siedlungen in Hopfgarten und Westendorf gesichtet wurden – direkt neben einer Kinderschaukel wurde ein gerissenes Reh gefunden – schlugen die Planungsverbände Brixental-Wildschönau und Wilder Kaiser Alarm: Die Bürgermeister der zehn Gemeinden verfassten eine Resolution, in der sie Ministerin Leonore Gewessler aufforderten, sich für die Herabsetzung des Schutzstatus einzusetzen und eine unbürokratische Lösung für die Entnahme von Problemwölfen zu schaffen. Die Resolution wurde von LA Josef Hechenberger im Mai übergeben.  

Angriffe auf Menschen seien die Ausnahme
Jetzt, sechs Monate später,  langte die für die Bürgermeister wenig zufriedenstellende Antwort Gewesslers ein. In dem Schreiben werde angeführt, dass der Wolf nur in Ausnahmefällen Menschen angreife und darüber hinaus eine wichtige Rolle im Kampf gegen das Artensterben in Europa einnehme, wie Hechenberger und Westendorfs Dorfchef René Schwaiger berichten. Den unionsrechtlich hohen Schutzstatus des Wolfes halte die Ministerin für angemessen, für Ausnahmeregelungen seien die Länder zuständig.
Ein schwacher Trost für die 25.000 Menschen, die in den zehn Gemeinden der beiden Planungsverbände leben, stellt LA Hechenberger fest. „Wölfe sind längst kein landwirtschaftlichen Problem mehr, sondern ein gesellschaftliches.“ Wie Schweden müsse auch Österreich bei Problemwölfen eigene Wege gehen und wolfsfreie Gebiete ausweisen. Hechenberger: „Dazu braucht es aber die Bereitschaft der zuständigen Ministerin, die aber momentan nicht erkennbar ist.“

Bürgermeister Schwaiger sieht Gewessler weiter in der Pflicht: „Auch wenn ein Übergriff auf Menschen die Ausnahme ist, möchte ich nicht sehenden Auges darauf warten“, sagt er stellvertretend für seine Amtskollegen, die die Resolution unterschrieben haben.

Das Fazit der beiden Politiker: „Mit dem Ende der Almsaison kommen nicht nur die Nutztiere, sondern auch der Wolf ins Tal.“ In Westendorf war dieses Phänomen im vergangenen Winter zu beobachten, durch jüngste Vorfälle in Mutters sowie im Kärntner Dellach, wo erst kürzlich 30 Schafe dem Wolf zum Opfer fielen, wird es bestätigt. Zur Erinnerung: In Tirol wurden heuer in Summe 18 Wölfe mit DNA-Tests nachgewiesen, davon zwei verschiedene Individuen im Brixental. A. Fusser

Bild: Westendorfs Bürgermeister René Schwaiger (l.) und LA Josef Hechenberger setzen sich für die Entnahme von Problemwölfen ein. Foto: Gwiggner

 
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