Kitzbüheler Anzeiger
01.01.2019
News  
 

Frau Kirchmaier, wie lange kann man das noch essen?

Tagtäglich landen zu viele Lebensmittel im Müll – obwohl sie eigentlich noch genießbar wären. Die in Hopfgarten lebende Ernährungsexpertin Angelika Kirchmaier klärt in ihrem Buch „Nicht alles ist Mist“ über Lebensmittel-Mythen auf, denn die Antwort auf die Frage „Kann ich das eigentlich noch essen?“ lautet öfter als gedacht „Ja“.

Warum haben Sie ein Buch gegen das Wegwerfen geschrieben?
Ich bin im Jahr 2009 gebeten worden, bei einem Projekt zum Thema „Lebensmittelabfall vermeiden“ mitzuwirken. Es handelte sich damals um ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur in Wien, der Caritas, der Abfallgemeinschaft Tirol Mitte und der Supermarktkette Spar, die im Bereich Abfallwirtschafte eine Vorreiterrolle einnimmt.
Dieses Projekt legte damals den Grundstein. Im Sommer fand eine Programmsitzung im ORF statt und wir beschlossen, dass wir dieses Thema heuer als Schwerpunktaktion verankern möchten. Dazu gehört auch das Buch.

Hat der Mensch durch Mindesthaltbarkeitsdatum und Co. verlernt, ein verdorbenes von einem genießbaren Produkt zu unterscheiden?
Viele leider ja! Das zeigt sich auch in meinen Seminaren ganz deutlich. Viele haben Angst, dass sie sich eine Lebensmittelvergiftung holen könnten, wenn sie ein abgelaufenes Produkt verzehren. Dabei gibt es nur ganz wenige Produkte, bei denen man tatsächlich aufpassen muss.
Diese Produkte haben wir in unserem Buch „Nicht alles ist Mist“ deutlich hervorgehoben. Bei allen anderen Produkten kann man entspannt sein. Insgesamt empfiehlt es sich bei jedem Produkt, egal ob abgelaufen oder nicht, auf die Genusstauglichkeit zu achten, denn ein Produkt kann auch vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums verdorben sein, z. B. wenn man es falsch lagert. Daher findet man im Buch auch detaillierte Hinweise zur Lagerung, z.B. wie man Kokosflocken und Nüsse, die beim Backen der Kekse übrig bleiben, so lagern kann, dass sie auch noch in der nächsten Keksbacksaison genießbar sind.
 
Welche Produkte werden besonders leichtfertig wegworfen, obwohl sie eigentlich noch gut wären?
Zu den häufigsten Wegwerfprodukten zählen z.B. Eier, dabei ist es nahezu unmöglich ein verdorbenes Ei zu essen. Denn sobald ein Ei verdirbt, stinkt es fürchterlich und es verändert sich in der Optik deutlich.
Milch und Milchprodukte, wie Joghurt oder Butter, auch bei diesen Produkten lässt sich ein Verderb sehr leicht erkennen
Schokolade – im Handel wird Schokolade schon lange vor dem Ablaufdatum abverkauft, denn keiner will eine Schokolade mit knappem Haltbarkeitsdatum. Weißer Reif an der Schokolade wird häufig als Merkmal für einen Verderb gewertet, dabei handelt es sich nur um einen Fehler in der Lagerung.
Obst und Gemüse, das ein wenig schrumpelt – hier gilt die Regel, dass Trockenprodukte deutlich trockener sind, man diese aber im Alltag ja auch ohne zu zögern verwendet. Z.B. frische Paprika vs. Paprikapulver, Ingwer frisch vs. Ingwer getrocknet, Sellerie frisch vs. Suppenpulver etc.  
Obst und Gemüse, in dessen Packung eine faule Frucht steckt – hier gilt, so rasch wie möglich aussortieren und die restlichen Früchte gut waschen. Wer z.B. seine eigenen Äpfel aus dem Garten im Winter lagert, wirft ja auch nicht die gesamte Kiste weg, nur weil einmal ein Apfel verdorben ist.

In der „Menge billiger“, „Zwei zum Preis von Eins“ – Konsumenten werden darauf gedrillt, oft mehr zu kaufen als nötig. Was kann ich beim Einkaufen schon beachten, damit weniger im Müll landet?
Wenn jemand tatsächlich mehr von den Produkten benötigt, dann sind diese Angebote eine gute Möglichkeit, Geld zu sparen, ansonsten zahlt man mehr, weil man Produkte einkauft, die man nicht benötigt, und sogar noch für die Entsorgung zahlen muss.
Insgesamt sind die altbekannten Tipps, wie das Schreiben einer Einkaufsliste (Handy…), nicht mit Hunger einkaufen gehen etc. immer noch die besten.
Wer im Supermarkt ständig zu viel einkauft, für den ist vielleicht ein Online-Shop eine Alternative, den viele Tiroler Supermärkte mittlerweile anbieten.
 
Wie soll man  Kühlschrank und Co. einräumen, damit alles möglichst lange genießbar bleibt?
Es gibt eine Faustregel: Je weiter nach oben, desto wärmer wird es, gerechnet ab der Platte über dem Gemüsefach, denn im Gemüsefach ist es auch sehr warm. Daher sollte man leicht Verderbliches immer nach unten stellen. In manchen Kühlschränken gibt es 0°C-Zonen, auch biofresh-Fach genannt. In diesen ist es besonders kalt und damit findet man dort den perfekten Aufbewahrungsort für Fleisch, Fisch, viele Gemüse- und Obstsorten etc.
Auch hier gibt es im Buch detaillierte Angaben, wo welches Lebensmittel im Kühlschrank, aber auch im Tiefkühler, am besten seinen Platz findet.
Hinweis: Bei den ganz neuen High-Tech-Kühlschränken muss man sich an keine Richtlinien mehr halten, denn diese kühlen überall gleich gut.
 
Verraten Sie uns Ihr Lieblings-Reste-Rezept?
Sehr gerne! Ich backe gerne ein Restebrot nach einem der Rezepte aus meinen Büchern „Unser Brot“ oder „Brotbacken für Eilige“. Aus Milchprodukten wird ein schnelles hausgemachtes Milch-Fruchteis und Reste von Fleisch, Käse, Fisch und Gemüse wandern auf eine Reste-Pizza, also einem hausgemachten Pizzateig, auf dem ich alle möglichen Reste verteile.
Johanna Monitzer

Bild: Angelika Kirchmaier zählt zu den bekanntesten Ernährungsexpertinnen Österreichs. In ihrem neuem Buch „Nicht alles ist Mist“ sagt sie der Lebensmittelverschwendung den Kampf an. Foto: Trinkl

Buchtipp
„Nicht alles ist Mist“
Hopfgarten | Ist das noch gut? Kann ich das noch essen? Jeder von uns ist schon einmal in der Küche gestanden und hat sich diese Fragen gestellt. Im Zweifelsfall lieber entsorgen – oder doch nicht? Das Buch von Angelika Kirchmaier hilft dabei, Unsicherheit im Umgang mit Lebensmitteln zu beseitigen.

Anschauliche Tipps und Tricks auf 140 Seiten

Der 140 Seiten umfassende Ratgeber klärt über die richtige Lagerung von Lebensmitteln auf und bietet einen Wegweiser, wie man erkennt, ob etwas verdorben oder noch genießbar ist. Außerdem hat die in Hopfgarten lebende Ernährungsexpertin ein paar pfiffige Rezepte zusammengestellt, damit auch das Reste-Essen zum Festessen wird. Ein kleiner praktischer Ratgeber, der in keinem Haushalt fehlen sollte.   

Der Ratgeber von Angelika Kirchmaier „Nicht alles ist Mist“ (ISBN 978-3-7022-3733-2) ist im Tyrolia Verlag erschienen.
jomo

 
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