Kitzbüheler Anzeiger
09.08.2020
News  
 

Es braucht eine schnelle Lösung

Es ist nicht die Angst, welche die Bauern verzweifeln lässt, sondern die Ohnmacht, nichts gegen den Wolf unternehmen zu können, außer die Tiere von den Almen ins Tal zu holen. Und auch das ist keine dauerhafte Lösung: Verbuschung und eine erhöhte Lawinengefahr wären die Folge. Ein Herdenschutz durch Einzäunung ist auf Almen nur sehr schwer umsetzbar.

Kössen | „Eine Woche bevor hier auf der Naringalm die ersten Schafe gerissen wurden, war der Wolf in Walchsee unterwegs und tötete dort Schafe. Am 26. Juni riss der Wolf in Kössen die ersten drei Schafe. Durch Wildkameras hatten wir dann Sichtungen und zwei Bilder des Wolfes“, erzählt Leonhard Mühlberger über den Anfang der Wolfsattacken auf der Naringalm, die ihm und Anton Dagn gehört. Der Wolf kam wieder und riss Schafe. Der traurige Höhepunkt wurde in der Nacht vom 22. auf 23. Juli erreicht. Der Bauer fand auf dem gesamten Almgebiet mit einem Ausmaß von 90 Hektar 14 gerissene Schafe, aber nicht alle waren tot. „Hinter der Alm stand ein Schaf mit einem riesigen Riss. Ich musste  das Tier gleich erschießen“, erzählt  Mühlberger, der berechtigt fragt: „wo bleibt hier der Tierschutz, wenn ein Schaf so leiden muss?“

DNA-Analyse bestätigt Wolf im Unterland
Just an jenem Tag, an dem die Bauernvertreter mit den Betroffenen zu einem Lokalaugenschein luden, bestätigte das Land, dass die DNA-Analyse der Risse einen Wolf bestätigen.
In Summe wurden seit Anfang Juni im Tiroler Unterland 26 Schafe und elf Ziegen tot aufgefunden. „Bei den Schafsrissen im Gemeindegebiet von Kössen am 26. Juni, in Walchsee am 19. Juni sowie bei den toten Ziegen im Gemeindegebiet von Kirchdorf am 3. Juni wurde jeweils ein und dasselbe Individuum nachgewiesen. Es handelt sich um einen männlichen Wolf, der aus Südosten, aus der dinarischen Population, stammt“, informierte Martin Janovsky, Experte des Landes für große Beutegreifer.

Auswertung der Tests dauert zu lange
Erst einen Monat nach den ersten Rissen liegen die Testergebnisse vor, das kritisierte der Bezirksobmann der LK Josef Heim: „Das kann es nicht sein, auch in Walchsee gab es Risse, wahrscheinlich hat ein und derselbe Wolf in dieser Zeit über 30 Schafe getötet. Somit ist er aus unserer Sicht klar als Problemwolf zu definieren und zu entnehmen. Wenn aber die Auswertung der Proben so lange dauert, wird es nie zu einer Entnahme kommen, da der Wolf dann eventuell schon wieder in einem anderen Bezirk und somit Zuständigkeitsbereich wütet.“
Für Heim gilt es, auch den Schutzstatus des Wolfes zu überdenken, denn seiner Ansicht nach ist der Bestand in Europa nicht mehr gefährdet. Er könnte sich auch gut vorstellen, dass der Wolf im Unterland entnommen wird und in einem nicht besiedelten Gebiet ausgesetzt wird: „Der Staat ist der größte Grundbesitzer, da wird sich schon ein geeignetes Gebiet finden lassen“, so Heim.

Wolf-Problematik trifft nicht nur die Bauern
Die Wiederansiedelung von Wölfen ist nicht nur ein Problem für die bäuerliche Welt, sondern weit darüber hinaus. Deshalb wurde kürzlich der „Verein zum Schutz und Erhalt der Land- und Almwirtschaft in Tirol“ gegründet. „Es soll aufgezeigt werden, wie die Realität für die Bäuerinnen und Bauern aussieht, wie es ist, wenn sie ihre Tiere zerbissen auf den Almen zusammensuchen müssen. Damit muss auf EU-Ebene ein Bewusstsein für ihre Situation geschaffen werden, damit der strenge Schutzstatus des Wolfes gesenkt wird,“ sagt LK-Vizepräsidentin Helga Brunschmid.

Basis für Tourismus
„Tirol ist touristisch nur deshalb so erfolgreich, weil es eine wunderschöne, gepflegte Kulturlandschaft in Kombination mit hervorragender Infrastruktur anbietet. Dazu zählen auch beste Lebensmittel, Servicequalität usw.“, ergänzte Josef Edenhauser. Das alles werde durch die Wiederansiedelung der Wölfe aufs Spiel gesetzt. „Unser Ziel muss es sein, Tirol als Region auszuweisen, die aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Struktur und der Tradition der Almwirtschaft einen besonderen Schutzstatus genießt. Bis wir soweit sind, lassen wir die Bäuerinnen und Bauern natürlich nicht mit den Problemen alleine. Gerade finanzielle Aufwendungen zum Schutz der Tiere müssen selbstverständlich entschädigt werden!“
„Es geht nicht gegen die Wölfe, das wollen wir ganz klar festhalten, sondern darum, eine für alle Betroffenen vertretbare Lösung zu finden“, hält Kössens Bürgermeister Reinhard Flörl fest.
Elisabeth M. Pöll

Foto: LAbg. Josef Edenhauser, Bürgermeister Reinhard Flörl, BLK-Obmann Josef Heim, Peter Rainer (Bauer aus Walchsee), Helga Brunschmid (LK-Vizepräsidentin), Almbauer Leonhard Mühlberger, Stephanie Hörfarter (Landesleiterin Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend), Anton Dagn (Alm-Mitbesitzer) und Bezirksjägermeister Martin Antretter (v.l.). Foto: Pöll

 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen