Kitzbüheler Anzeiger
24.06.2018
News  
 

Ein Arbeitstag mit zwölf Stunden

Der jüngste Vorstoß der Regierung für eine gesetzliche Ausweitung der Höchstarbeitszeit – bekannt als 12-Stunden-Tag – sorgte für große Aufregung. Während die Arbeitgeberseite die sehnlichst gewünschte Flexibilisierung der Arbeitszeit preist, befürchten Arbeiterkammer und Gewerkschaft gravierende Nachteile für die Beschäftigten.

Bezirk  | Worum geht‘s? Auch im aktuellen Gesetzesentwurf bleibt die Normalarbeitszeit von acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche bestehen. Änderungen gibt es bei der Höchstarbeitszeit: Bislang war sie mit zehn Stunden am Tag und 50 Stunden in der Woche begrenzt. Längere Dienste waren nur in Ausnahmefällen und mit strengen Auflagen möglich.

Künftig soll jedoch ein Rahmen von zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche gelten. Insgesamt darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit innerhalb von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschreiten.

„Überwiegende Interessen“

Die Beschäftigten haben das Recht, bei „überwiegenden persönlichen Interessen“ die elfte und zwölfte Arbeitsstunde abzulehnen. Kollektivvertragliche Regelungen der Normalarbeitszeit sollen unberührt bleiben.

Änderungen sind beim Durchrechnungszeitraum vorgesehen: Bisher mussten am Ende einer Durchrechnungsperiode übergroße Zeitguthaben abgebaut werden. Das neue Gesetz sieht vor, dass man dieses Zeitguthaben mehrmals in den nächsten Durchrechnungszeitraum verschieben kann.

Überstunden und Gleitzeit

Die vereinbarten Überstunden (elfte und zwölfte Stunde) sind auch laut dem aktuellen Gesetzesentwurf mindestens mit den gesetzlichen Überstundenzuschlägen zu vergüten bzw. die besseren Pauschalen laut Betriebsvereinbarungen oder Kollektivvertrag anzuwenden.

Derzeit spießt es sich noch beim Thema Gleitzeit. Anfang der Woche herrschte Verwirrung darüber, ob Menschen, die in Gleitzeit arbeiten, draufzahlen müssen, sprich ob auch diese Arbeitnehmer ihre Zuschläge für die elfte und zwölfte Stunde erhalten. Zunächst hieß es, die Zuschläge würden fallen – etwa eine Million Arbeitnehmer in Österreich wären davon betroffen. Am Montag stellte die Wirtschaftskammer Österreich fest: „Die Zuschläge bleiben auch bei Gleitzeit erhalten.“

Das neue Modell könnte Arbeitnehmer mit All-In-Verträgen empfindlich treffen. Denn schließlich wird darin ein Pauschallohn vereinbart, mit dem auch Überstunden komplett abgegolten werden.  

Ruhezeiten und Wochenendarbeit

Auch Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe sind in dem Entwurf vorgesehen: Diese sollen höchstens viermal pro Jahr, aber nicht an vier aufeinanderfolgenden Wochenenden möglich sein.

Von der Tourismusbranche begrüßt werden die Änderungen, die für diese Sparte geschaffen werden: „Die Verkürzung der täglichen Ruhezeit auf acht Stunden war bisher nur für Vollzeitbeschäftigte in Saisonbetrieben mit Kollektivvertrag möglich. Dies wird nun auf alle Mitarbeiter in Küche und Service mit geteilten Diensten per Gesetz möglich. Somit können auch Teilzeitkräfte und Mitarbeiter in Jahresbetrieben einbezogen werden“, präzisiert Petra Nocker-Schwarzenbacher, die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft einen der weiteren Eckpunkte des Gesetzesentwurfs.

Die Arbeitnehmervertreter befürchten durch das neue Programm eine massive Verschlechterung der Position der Arbeitnehmer. „Was die Regierung da vorgelegt hat, kostet die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Geld, Gesundheit, Freizeit und Familie“, kommentiert der Leiter der Bezirksarbeiterkammer, Christian Pletzer, auf Nachfrage des Kitzbüheler Anzeigers.

Gewerkschaft und Arbeiterkammer kritisieren, dass die 60-Stunden-Woche zum Normalfall werde und die Beschäftigten de facto keine Wahl hätten, wenn sie ihren Arbeitsplatz nicht verlieren wollen. Lob für den Vorstoß kommt hingegen von der Wirtschaft: „Generell hilft es dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgrund der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit. Und es hilft auch dem Wirtschaftsstandort. Heute ist ein Arbeitgeber froh, wenn er einen guten Arbeitnehmer hat. Ich zwinge ihn in nichts hinein, das kann ich mir nicht leisten“, so WK-Bezirksobmann Klaus Lackner. Elisabeth Galehr

 
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