Kitzbüheler Anzeiger
11.04.2022
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Der Boom der Wahlarzt-Praxen

Drei Kassenvertragsstellen sind mit 4. April neuerlich ausgeschrieben worden. Im Bezirk Kitzbühel fehlen ein Allgemeinmediziner sowie zwei Fachärzte. Bewerber sind dafür kaum in Sicht.

Kitzbühel | Der Bezirk Kitzbühel zählt nach Angaben der Tiroler Ärztekammer 130 niedergelassene Ärzte, die sich in 51 Allgemeinmediziner (Hausärzte) und 79 Fachärzte aufgliedern. Für die medizinische Versorgung der Bevölkerung sind die Mediziner mit eigenen Ordinationen allesamt unabdingbar - allerdings hat davon nur ein gutes Drittel, konkret sind es 47 Ärzte im Bezirk, einen Kassenvertrag.  

Wie Dr. Günter Atzl, Direktor der Tiroler Ärztekammer, auf Anfrage präzisiert, handelt es sich bei 29 der insgesamt 51 Allgemeinmediziner im Bezirk um Kassenärzte der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse), die restlichen 22 seien Wahlärzte. Bei den Fachärzten haben sogar nur 18 einen Kassenvertrag, während 61 als Wahlärzte praktizieren. Zum Leidwesen jener Patienten, die zum Kassenarzt wollen oder müssen, boomt im niedergelassenen Bereich aktuell der Wahlarztsektor, während Vertragsstellen nur schwer oder kaum nachzubesetzen sind, wie Atzl bedauert. „Wir haben landauf landab einen Mangel an Kassenärzten.“

Kassenstelle Kinderarzt: 53 Mal ausgeschrieben
Im Bezirk Kitzbühel sind seit 4. April neuerlich drei freie Vertragsstellen zur Nachbesetzung ausgeschrieben. „In Kirchberg ist der Posten eines Allgemeinmediziners vakant“, schildert Atzl; noch immer unbesetzt sei seit vergangenem Sommer die Vertragsstelle für einen Facharzt der Psychiatrie im Bezirk. Nach wie vor offen ist seit 2012 die zweite Kassenstelle für einen Kinder-Facharzt. „Wir haben sie mittlerweile 53 Mal ausgeschrieben“,  hält Atzl fest. „Leider erfolglos.“

Früher: Zehn Bewerber für einen Kassenvertrag
Dass Kassenverträge für junge Mediziner an Attraktivität eingebüßt haben, ist in Österreich ein altbekanntes Problem, denn schon seit Jahren steigt die Zahl der Wahlarztpraxen stark an. Atzl: „Noch vor 15 Jahren gab es pro Kassenvertragsstelle an die zehn und sogar bis zu 15 Bewerber. Heute sind wir glücklich, wenn wir sie überhaupt  nachbesetzen können.“
Die Ursachen für diesen Sinneswandel unter den Ärzten seien mannigfaltig. Viele gehen nach absolvierter Ausbildung ins Ausland, viele geben Krankenhaus-Anstellungen gegenüber eigenen Ordinationen den Vorzug. Wer sich hingegen niederlassen will, entscheidet sich zunehmend für eine Wahlarztpraxis - weil sie unabhängiger zu führen und lukrativer sei. Und nicht zuletzt sei die Medizin auch weiblicher geworden, erklärt Atzl:  „Familie und Beruf lassen sich bei einer Tätigkeit im Spital unter einen Hut bringen. Teilzeitarbeit ist für eine Landärztin mit Kassenvertrag hingegen gar nicht machbar.“

Viel Hoffnung, dass die drei offenen Vertragsposten im Bezirk Kitzbühel in absehbarer Zeit nachbesetzt werden können, hat der Tiroler Ärztekammer-Direktor also nicht. „Wir schreiben alle frei gewordenen Stellen europaweit aus. Doch der Markt ist leider überschaubar geworden.“ Alexandra Fusser

Bild: Kassenvertragsärzte sind gefragt, aber rar geworden. Die Zahl der Wahlarztprxen hat hingegen deutlich zugenommen. Foto: pixabay

 
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