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Kitzbüheler Anzeiger

Im Wettlauf gegen die Pandemie

Anfang der Woche machte bereits die Aussicht auf einen baldigen Impfstoff gegen Corona die Runde. Dr. Josef Penninger forscht indessen an einem Medikament für Patienten, die bereits mit dem Covid-19-Virus infiziert sind. Im Interview verrät er dem Kitzbüheler Anzeiger den Forschungsstand.

Bezirk, Wien | Wann kann man mit einem Medikament gegen Covid-19 rechnen?
Es gibt schon sehr viele Ansätze. Unser Medikament wird gerade getestet. Wir sind im Spätstadium der Rekrutierung. Weihnachten, Januar, wenn alles gut geht sollten die Daten vorliegen. Natürlich werden viele andere Medikamente auch getestet.

Ist der Ansatz dabei immer derselbe?
Unser Ansatz ist, wie wir glauben, einer der rationalsten, weil das Virus dabei blockiert wird, bzw. der lösliche Rezeptor. So kann das Virus nicht ausmutieren. Und zweitens schützt eine Enzymfunktion die Organe – unser Medikamentenkandidat sollte vor Lungenversagen schützen, er schützt aber auch das Herz, die Nieren und die Blutgefäße.

Kann man ACE2 auf natürlichem Wege stärken?
Manche Leute versuchen das, es ist durchaus ein interessanter Ansatz.

Wie sieht es aus mit einem Impfstoff?
Was ich höre, werden wahrscheinlich die ersten Daten bald herauskommen. Vielleicht wird bis Weihnachten sogar ein Impfstoff zugelassen sein. Die Frage wird dann halt sein: Wie sehr schützen die Impfstoffe, wie oft muss man sie geben, wie langfristig halten sie?

Wenn wir wieder auf das Medikament zu sprechen kommen: Sollte das Virus mutieren – schützt der Wirkstoff dann trotzdem noch?
Absolut, das wirkt unabhängig davon. Da wir ACE2 einsetzen, um das Virus zu blockieren, kann das Virus hier nicht herausmutieren.

Wie ist die langfristige Perspektive, wie sich Covid-19 entwickelt?
Es kann schon gut sein, dass wir trotz guter Impfstoffe lernen müssen, damit zu leben. Es wird zudem eine Zeit dauern, bis die Impfungen alle bei uns ankommen. Die Frage ist natürlich: Wie lange ist der Schutz, dass man sich nicht neu infizieren kann? Wir haben ja schon Coronaviren, mit denen wir leben müssen – die verursachen Schnupfen. Von dem ist ja bekannt, dass man sich nach sechs bis zehn Monaten neu anstecken kann, und zwar mit dem selben Virus. Ich glaube, das Covid-19-Virus wird noch längere Zeit mit uns sein.

Was bei Covid-19 auffällig ist: Manche Menschen entwickeln sehr schwere Symptome, manche jedoch überhaupt keine. Wie lässt sich das erklären?
Das weiß keiner, warum die einen nur einen leichten Schnupfen bekommen, und rund 10 Prozent mit einer schweren Lungenreaktion kämpfen. Was wir wissen: Es gibt einige genetische Faktoren, die die Anfälligkeit regulieren, Blutgruppen zum Beispiel. Blutgruppe 0 ist in diesem Zusammenhang anscheinend besser. Das ist eine ganz wichtige Frage, zu wissen, wer es schwerer bekommen wird. Dann können die Ärzte entscheiden: ‚Sie haben zwar das Coronavirus aber mit Ihren Biomarkern im Blut gehen Sie ruhig heim und in fünf Tagen ist es vorbei‘. Eine andere Person muss hingegen sofort ins Krankenhaus gebracht und entsprechend behandelt werden.

Könnte es sein, dass auch hier ACE2 eine Rolle spielt?
Das könnte dazu beitragen, ist aber sicher nicht die einzige Erklärung. Bei der Grundlagenforschung von ACE2 sind wir schon ziemlich weit und wissen, was es alles kann. Die Frage wird sein: Inwieweit schützt es wirklich die Organe vor Covid-19? Ich persönlich glaube, man sollte schon frühere Stadien der Erkrankung behandeln, damit die Patienten schon von Anfang an geschützt werden.

Was kann man grundsätzlich tun, um sich besser gegen eine mögliche Infektion zu wappnen?
Das Übliche: Gesund leben. Aber auch dann kann es einen treffen. Dieses Virus haben wir als Menschheit noch nicht gesehen. Deswegen ist es so gefährlich. Man muss auch ganz klar sagen: Es ist nicht die Grippe. Es kann auch sein, dass langfristigere Folgeerscheinungen auftreten werden. Die Leute müssen aufhören, das zu vergleichen. Die Sorge war und ist noch immer, dass keiner von uns wirklich eine Immunität hat. Das Virus hat das Potenzial für eine Pandemie, weil 30 bis 40 Prozent der Erkrankten keine bis leichte Symptome haben. So wird das Virus verbreitet, da kann auch keiner was dafür. Elisabeth Galehr

Bild: Dr. Josef Penninger bzw. das Unternehmen Apeiron entwickelt schon seit einiger Zeit ein Medikament, das auf der Funktion von ACE2 aufbaut. Foto: IMBA/Tkadletz

Daten & Fakten - ACE2 und seine Wirkung
Bezirk, Wien | Das Enzym ACE2 steht im Mittelpunkt von Josef Penningers Forschungsansatz:  Es ist quasi die Andockstelle des Coronavirus, gleichzeitig hemmt Covid-19 die ACE2-Ausschüttung im Körper, was zu teilweise schweren Reaktionen in der Lunge und anderen Organen führen kann. Penninger und sein Team im Biotech-Unternehmen Apeiron versuchen mit ihrem Medikament die schweren Folgen einer Infektion mit Sars-CoV-2 zu verhindern.

Zur Person - Über Josef Penninger
Der in Gurten (OÖ) geborene, renommierte Genetiker studierte in Innsbruck Medizin. Er ist derzeit Direktor des Life Sciences Institute (LSI) an der University of British Columbia.

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