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Klaus Staudacher (links) und Georg Foidl sind Gastro-Profis. Ihre Software-Lösungen basieren auf den eigenen Expertisen.

Weniger Abfall, mehr Effizienz

Nicht aufgegessene Speisen auf den Tellern, Berge von übriggebliebenen Lebensmitteln am Buffet, Überproduktion an Gerichten und am Saisonende sogar noch ein gut gefülltes Kühlhaus – in den österreichischen Gastro- und Hotelbetrieben landen nach Schätzungen des österreichischen Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus jedes Jahr etwa 200.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle im Müll.

Tiroler Lösung gegen Lebensmittelverschwendung überzeugt

Die anewo GmbH, ein innovatives Unternehmen mit Sitz in Waidring, hat sich dieser Problemstellung angenommen und entwickelt, zielgerichtet für Hotellerie und Gastronomie, digitale Lösungen. Ein wegweisendes Konzept, das aufhorchen lässt, von der Regio Tech GmbH in Hochfilzen unterstützt wird und bereits im Jänner mit dem Innovationsaward der Wirtschaftskammer Kitzbühel ausgezeichnet wurde.

Hauptziel ist die nachhaltige Reduktion von Lebensmittelverschwendung in der Außer-Haus-Verpflegung (Hotels, Restaurants, Altenwohnheime, Kantinenküchen, etc.). Das größte Einsparpotenzial im Hotel liegt laut Abfallanalysen bei den Tellerretouren und bei den Buffets, aber auch im falsch falsch berechneten Einkauf. Zwischen 20 und 40 Prozent der Lebensmittel, teilweise sogar bis zu 60 Prozent, landen demnach im Biomüll, wissen Staudacher und Foidl. Aber woran liegt das?

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„In der Hotellerie landen zwischen 20 und 40 Prozent der Lebensmittel im Biomüll, manchmal sind es sogar 60 Prozent.“

Fehleinschätzungen beim Wareneinkauf, falsche Lagerung, Überproduktion an Speisen, die nicht verkauft werden, Speisereste auf den Tellern und Reste von Buffets – all das sind Komponenten für Lebensmittelverschwendung und ein Zeichen einer zum Teil ineffizienten Küchenwirtschaft. „Oftmals sind die Standardportionen generell zu groß, andererseits sind Gäste beim Hauptgang schon satt, weil sie sich zuvor reichlich am Vorspeisenbuffet bedient haben“, beschreibt Foidl, der auch sämtlichen Produktionsprozessen in der Küche auf den Grund geht. „Fleischparüren und Fleischreste vom Zuputzen werden nicht mehr zum Ansetzen von Jus verwendet, Karottenschalen oder Brokkoli-Strünke werden weggeworfen, obwohl Saucen oder Suppen daraus zubereitet werden könnten.“ Es fehle hier oftmals das Fachwissen, wie und aus welchen Produkten noch weitere Speisen gezaubert werden können.

Dieser Ist-Zustand schmerzt die beiden Gastro-Profis – aus ökologischen und moralischen Gründen, aber auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit.
„Ein Kilogramm Bioabfall kostet zwischen vier und sechs Euro, darin enthalten sind durchschnittlicher Einkaufspreis, Lagerung, Energie, Arbeitsleistung und Biomüllentsorgung. Pro Kilogramm Abfall fallen 2,1 Kilogramm CO2 an“, rechnet Klaus Staudacher vor. Ein Vier-Stern-Haus in Tirol, das bei 100.000 Euro Wareneinkauf einen Jahresumsatz von 1,6 Millionen Euro erwirtschaftet, dient ihm als Beispiel. 210 Tage (30 Wochen) im Jahr ist das Hotel geöffnet, 80 Hausgäste sowie 50 A-la-Carte-Gäste werden im Durchschnitt täglich verköstigt. Vier Biomüllbehälter mit je 100 Litern Fassungsvolumen werden dabei jede Woche entsorgt. Bei 30 Wochen Saisonbetrieb macht das 12.000 Kilogramm Biomüll aus, sagt Staudacher. Multipliziert man diese Menge mit durchschnittlich 5 Euro pro Kilogramm an Biomüll-Kosten, kommt man auf eine Summe von 60.000 Euro im Jahr, die vom Betrieb für entsorgte Lebensmittel ausgegeben werden müssen. „Wirtschaftlichkeit sieht anders aus“, betont Staudacher.

Seinem Rechenbeispiel zufolge können die Kosten erheblich reduziert werden: Bei nur 20 Prozent Müllreduktion macht das immerhin 12.000 Euro im Jahr. „Das Programm amortisiert sich in einem Jahr und schon im zweiten Jahr seiner Anwendung lässt sich ein satter Gewinn erzielen“, ist Staudacher überzeugt.

Die anewo GmbH hat sich auf das umfassende Monitoring und Management der gesamten Lebensmittelkette spezialisiert. Die eigens entwickelte „nomy Software“ bietet eine vollständige Abdeckung vom Einkauf bis zur Abfallmessung. Zu Beginn wird in jeweiligen Betrieben systematisch untersucht, welche Speisenkategorien die größten Abfallmengen verursachen. Sie werden in Salate, Vorspeisen, Suppen und Hauptspeisen (Fleisch, Fisch, vegetarisch) eingeteilt.

Anhand der erfassten Daten erfolgt eine detaillierte Analyse der Abfallmengen. Die Datenbank erfasst und dokumentiert dabei alle Schritte lückenlos. Einkäufe, Rezepturen, verkaufte Speisen und Abfälle sind dabei genau im Blick. Besonderes Augenmerk wird auf den Warenursprung gelegt, der über eine Schnittstelle zur Einkaufssoftware nachvollzogen wird. Vernetzt ist diese wegweisende Küchensoftware auch mit dem Rechner des Front-Office. So weiß der Küchenchef genau, wie viele Gäste an welchem Tag im Haus sind und verköstigt werden müssen.

Digitale Tools unterstützen bei der Abfallreduktion

Bedarfsgerechter planen und einkaufen, Lebensmittel ganzheitlich verwenden, richtig lagern und den Bestand transparent machen, abwiegen, abmessen und portionieren sind die Schlüsselworte für die Reduktion von Küchenabfällen, die mit dem neuen digitalen System möglich werden. „Wenn der Küchenchef am Montag weiß, dass er am Freitag 100 Wiener Schnitzel mit Petersilienkartoffel zubereiten muss, genügen wenige Mouseklicks und er weiß, wie viel Kilogramm Fleisch, Kartoffel, Öl, Petersilie und Panierzutaten benötigt werden, wie viel davon im Haus ist und was zugekauft werden muss“, schildern Foidl und Staudacher. Und sogar die einzelnen Produktionsschritte für die Küchenbrigade sind tagtäglich abrufbar: „Der Küchenmitarbeiter loggt sich ins System ein und weiß sofort, was er zu tun hat – auch wenn der Küchenchef nicht vor Ort ist“, erläutern Foidl und Staudacher. Sogar die Größe der zu schneidenden Gemüsewürfel wird ihm auf diese Art mitgeteilt. 1.200 Rezepturen auf Haubenniveau werden außerdem digital bereitgestellt.

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Im Hotel Berghof in Erpfendorf wird die innovative anewo-Entwicklung bereits getestet und stetig verbessert. Im Bild: Klaus Staudacher, Patrick und Paskal Unterrainer (Hotel Berghof) sowie Georg Foidl (von links).

Möglichst effiziente Küchenwirtschaft ist das große Ganze, das sich die anewo zum Ziel gesetzt hat. Das Tüpfelchen auf dem „i“ ihrer wegweisenden Entwicklung gegen Lebensmittelverschwendung kommt in sechs Monaten auf den Markt: Mit Hilfe einer Waage, die mit Sensoren ausgestattet wird, kann künftig sogar die Dichte der entsorgten Lebensmittel (Fett- und Eiweißgehalt, Wasser) genau gemessen werden – ein Novum im Bereich der digitalen Food-Waste-Maßnahmen. Gemeinsam mit der Familie Unterrainer vom Hotel Berghof in Erpfendorf wird die neuartige Entwicklung auf Herz und Nieren geprüft und stetig verbessert.

Das erwartete Ergebnis durch diese innovativen Lösungen ist die Reduktion der Lebensmittelabfälle um mindestens 30 bis 50 Prozent, schildern Klaus Staudacher und Georg Foidl. Die Kombination aus digitalem Monitoring und einem Zertifizierungssystem gibt den Betrieben klare Richtlinien und schafft Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Die EU-Vorgaben sehen ab 2025 verbindliche Kennzahlen zur Reduktion von Lebensmittelabfällen vor, die bis 2027 für alle Betriebe verbindlich werden.

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Nachhaltige Küchenwirtschaft

Der Waidringer Georg Foidl und der Zillertaler Klaus Staudacher sind Vollprofis in der Hotellerie und Gastronomie. Foidl absolvierte seine Kochlehre im Vier-Stern-Hotel Berghof in Erpfendorf, war schon mit 19 Jahren Küchenchef in Fieberbrunn und schwang später den Kochlöffel in einem Vorarlberger Zwei-Hauben-Lokal, bevor er als Souschef wieder in den Berghof zurückkehrte. Klaus Staudacher ist diplomierter Tourismusmanager und leitete nicht nur den elterlichen Betrieb im Zillertal, den er zum Vier-Stern-Hotel ausbaute, sondern u. a. auch die Wildkogel Resorts im Oberpinzgau und er sanierte finanziell marode Hotels erfolgreich. Kennengelernt haben sich die beiden vor Jahren bei der gemeinsamen Arbeit in einem St. Johanner Software-Unternehmen.

Georg Foidl hat darüber hinaus vor einigen Jahren eine hochmoderne Produktionsküche in Buch realisiert, um für Hotels auf Bestellung Menüs zuzubereiten und sie damit zu beliefern.

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