Weißes Gold – um jeden Preis?
ST. JOHANN. Ausgehend vom letzten, schneearmen Winter setzt man bei den St. Johanner Bergbahnen im kommenden Jahr noch mehr auf künstliche Beschneiung. 20 Hektar (von insgesamt 80) sollen zusätzlich beschneit werden. Die modernste Anlage Österreichs soll 45 der rund 60 Pistenkilometer bei Bedarf vollautomatisch in nur 60 Stunden beschneien. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf 11,5 Mio Euro, auf Vorschlag der Bergbahnführung sollen davon rund 6 Millionen die Bergbahn, 3 Millionen der Tourismusverband, 1,5 Millionen die Gemeinde St. Johann und rund 1 Million die Gemeinde Oberndorf aufbringen.
Diese Pläne wurden Gemeinderäten als auch Zahlungspartnern wie Oberndorfs Bürgermeister kurzfristig und wenig ausführlich präsentiert, mit den Bauarbeiten wurde hingegen sofort begonnen. Auch wenn grundsätzliches Verständnis für die Notwendigkeit der Beschneiung herrscht, erregt der Ablauf der Ereignisse Ärger.
„Verlange weitere Verhandlungen“
„Laut Vorschlag soll der TVB Oberndorf maximal 400.000 Euro und die Gemeinde 600.000 Euro bezahlen. Am 28. März wurde der Beschluss für die Anlage gefasst, aber nur, falls die Finanzierung geklärt wäre. Im Juli wurden wir vor vollendete Tatsache gestellt. Bis heute ist nichts Fixes ausverhandelt, es gibt kein Konzept und für mich ist so ein Umgang mit Partnern indiskutabel, da ziehen wir nicht mit“, ärgert sich Oberndorfs Bürgermeister Johann Schweigkofler.
„Es muss sich in der Vorgehensweise ebenso wie bei der betrieblichen Struktur der Bergbahn etwas ändern. Mit dieser Rieseninvestition fürchte ich, dass viele andere Tourismus-Projekten auf Jahre hinaus blockiert sind und man nur mehr unter Zugzwang handeln kann. Eine weitere Frage stellt sich auch nach etwaigen Sommerattraktionen. Rundum wird investiert, bei uns passiert dahingehend viel zu wenig! Ich verstehe, dass sich in der Beschneiung etwas tun muss, aber es sind immer noch Rückzahlungen für die letzte Anlage zu leisten“.
Auf Kosten anderer Bereiche?
Ähnliche Töne hört man von den Grün-Gemeinderäten und SP-Gemeinderätin Christine Bernhofer, die im Gemeinderat dagegen stimmten. „Die Vorstellung des gesamten Projektes ohne Fachleute und bildliche Ergänzungen war dermaßen miserabel - sowohl beim Gespräch mit der Bergbahn als auch im Gemeinderat - dass ich dem niemals guten Gewissens zustimmen könnte“, meint Bernhofer. „Für die Jugend ist überhaupt kein Geld da, diese Prioritäten sind mir zu einseitig“.
„Bei der Budgetsitzung im Jänner wurde behauptet, es wäre in der Gemeinde kein Geld mehr vorhanden, außer für Hochwasserschutz und Fernwärme. Nun geht es plötzlich um solche Riesensummen, obwohl auch die Bergbahn eigentlich kein Geld hat“, erinnert Grün-Listenführer Siegfried Pürstl.
„Üblicherweise müssten solche Entscheidungen in den Ausschüssen vorberaten werden, die mangelnde Information ist nicht vertretbar. Was uns besonders ärgert, ist die Tatsache, dass andere Forderungen wie Trendsportplatz oder Bibliothek vollkommen auf der Strecke bleiben. Für diese einseitige Förderung des Wintertourismus müssen wahrscheinlich noch unsere Kinder zahlen. Auch passt die Rundum-Beschneiung nicht unbedingt zu einer Klimabündnisgemeinde und angesichts des Klimawandels setzt man vermutlich aufs falsche Pferd“, kritisiert Pürstl. Auch den enormen Wasserverbrauch sowie die gewaltigen Erdbewegungen prangert er an.
Beschneiung unverzichtbar
Bergbahngeschäftsführer Dr. Ingo Karl sieht dies naturgemäß anders: „Nach einem Winter wie dem vergangenen sehen wir, dass die Beschneiung sein muss. Das merken sogar Gletscherregionen und wir auf 680 Meter können es uns einfach nicht leisten, darauf zu verzichten. Das wichtige an der neuen Anlage ist die Tatsache, dass bei minus vier Grad alles zugleich beschneit werden kann“, so Karl.
Fertiggestellt werden soll sie Mitte November, um für die kommende Saison sofort einsatzbereit zu sein. Er bestätigte auch, dass die Pläne für die Verbindung zum Kitzbüheler Horn zwar aufgeschoben, aber nicht ad acta gelegt wurden und sieht keine Liquiditätsprobleme. „Wir sind auf alle Fälle über die Summe von 6 Millionen kreditwürdig und werden das Geld mittels Leasing, Kredit und Cashflow auftreiben“.
Zur Kritik bezüglich einer überproportionalen Konzen-tration auf den Winter meinte er: „Natürlich beschränken sich unserer Überlegungen nicht alleine auf den Wintertourismus, es wird parallel auch an Sommer-Konzepten gearbeitet. Wir haben ja mit der Sommerrodelbahn bereits eine Attraktion. Man muss sich aber klar sein, dass die Sommerangebote nur mit den Einnahmen aus dem Winter finanziert werden können. Er ist das Zugpferd fürs gesamte Jahr und die gesamte Tourismusbranche“. sura