Weißer Tod lauert auch im Frühling
Kitzbühel | Warme Temperaturen, aufgefirnte Hänge: Das Frühjahr ist die klassische Tourengeherzeit. Die Lawinengefahr ist heuer allerdings noch lange nicht gebannt, warnen die Experten.
Immer wieder ergiebige Schneefälle und starker Wind haben die Lawinenkommissionen heuer in Atem gehalten. Während um die Weihnachtszeit noch ein relativ guter Schneedeckenaufbau festgestellt werden konnte, hat sich das Bild im Jänner und Februar dramatisch verändert, wie der Chef der Kitzbüheler Lawinenkommission, Alois Haselwanter, berichtet. Mehrmals musste zu dieser Zeit Gefahrenstufe vier auf der fünfteiligen Skala ausgerufen werden. Trotzdem ist es erstaunlich, dass es zumindest im Kitzbüheler Raum kaum Verschüttete gab: „Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich weit höher. Denn wenn es bei Abgängen keine Verletzten gibt, werden sie auch nicht gemeldet“, vermutet Haselwanter.
Insgesamt 28 Mitglieder umfasst die Lawinenkommission Kitzbühel. Davon sind elf für den Hahnenkamm, zehn für das Horn und sieben für die Bichlalm zuständig. Die Untersuchung des Schneedeckenaufbaues und die Beurteilung der Lawinensituation gehören zu ihren Aufgaben. Aber auch Absprengungen von Lawinen im Skigebiet, die es heuer mehr denn je gegeben hat. „Auf dem Hahnenkamm existiert bereits eine Sprenganlage am Steinbergkogel. Am Horn und auf der Bichlalm sprengen wir selber“, schildert der Chef der Lawinenkommission.
Auch jetzt und in den kommenden Wochen ist die Gefahr des weißen Todes nicht gebannt. Denn Schnee liegt noch genug in den Rinnen. Anstelle der Trockenschneelawinen im Hochwinter treten im Frühjahr die Nassschneelawinen. „Die Bodenwärme und die Durchfeuchtung der Schneedecke machen sie unberechenbar. Sie können sich auch selbst auslösen“, erläutert Martin Hautz, Bezirkschef der Alpinpolizei. Er warnt die Tourengeher vor zu viel Leichtsinn. „Die Einschätzung von Temperatur und Wettersituation sowie die Einholung des Lawinenlageberichts sind unverzichtbar für die Planung einer Tour“, betont Hautz. „Und natürlich das frühzeitige Aufsteigen und das ebenso frühzeitige Abfahren.“
Auch auf den Pisten kann die Gefahr lauern, deshalb werden bedrohte Abfahrten aus Sicherheitsgründen immer wieder gesperrt. Aus gutem Grund: Erst am Sonntagnachmittag gab es wieder einen Lawinenabgang im Raintal. Alexandra Fusser, Foto: Haselwanter