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Unbezahlbare Schätze von gestern und vorgestern

Das Schlüsselerlebnis liegt nun schon beinahe vier Jahrzehnte zurück. Dem Kitzbüheler Gert Sevignani fiel zufällig auf einem Dachboden eine alte Ansichtskarte in die Hände. Und da auch seine Mutter einige Postkarten aufbewahrt hatte, begann der Radio- und Fernsehtechniker zu sammeln. Mit Leidenschaft: Aus einer Handvoll Exponate wurden bis heute mehr als 8000 Post- und Ansichtskarten, Gemälde aller Art und Prospekte, mit denen die Fremden angelockt und informiert wurden.

Die Darstellungen haben durchwegs ein Motiv: Kitzbühel und seine Umgebung und seine Menschen - Abbildungen zurück bis ins 19. Jahrhundert. Wie etwa eine Ansichtskarte vom Kitzbüheler Horn, die der legendäre Kitzbüheler Skipionier Franz Reisch vor mehr als 100 Jahren geschrieben hat, oder eine der ersten Ansichtskarten, die mangels der noch nicht erfundenen Farbfotografie coloriert wurde (1895). Seine älteste Ansicht von Kitzbühel stellt ein Holzstich aus dem Jahre 1875 dar. „Ich habe ihn vor 25 Jahren bei einer Versteigerung in Nürnberg um 4500 Schilling (heute 327 Euro) gekauft“, berichtet er.

Apropos Geld: „Eine sehr gut erhaltene Ansichtskarte mit einer Briefmarke kann schon bis zu 200 Euro kosten“, weiß er. Für den Pensionisten ein Vermögen. „Es muss in der Schweiz einen Kitzbühel-Fan geben, denn bei mehreren Versteigerungen konnte ich aus finanziellen Gründen mit ihm nicht mithalten.“

Aus der Tschechoslowakei

Sieben historische Ansichtskarten kamen auf geheimnisvollem Weg zu Sevignani: „Es war zu jener Zeit, als die Tschechoslowakei noch ein abgeschotteter kommunistischer Staat war“, erzählt er. „Die Karten wurden mir aus Sammlerkreisen angeboten. Ich habe dann mit Bauchweh 700 DM, als0 rund 358 Euro, in Ried im Innkreis an Dritte übergeben.“ Die Sorge, das Geld in den Wind schreiben zu müssen, war unnötig. „Auf Umwegen habe ich sie dann tatsächlich erhalten.“

Grußkarten in der halben Welt

Wie überhaupt viele Exponate nach der Ostöffnung aufgetaucht sind. „Die Menschen hinter dem Eisernen Vorhang waren möglicherweise wegen der Reisebeschränkung eifrige Sammler“, sagt er. „Vermutlich stillten sie auf diese Art ihr Fernweh.“ Wie es überhaupt Ansichtskarten aus Kitzbühel beinahe in der ganzen Welt gibt. „Die Grußkarten sind deshalb weit verstreut, weil es schon immer beliebt war, aus dem berühmten Kitzbühel eine Karte zu versenden.“

Nach einer seiner unzähligen Fahrten zu Sammlertreffen, Tauschbörsen oder Flohmärkten erlebte er eine Überraschung der besonderen Art. „Ich habe in Ebbs einen Spiegel gekauft, weil mir der Rahmen sehr gut gefallen hat“, berichtet er, „als ich dann zu Hause das Glas entfernte, fand ich eine Zeitung aus dem Jahre 1892!“

Von ideellem Wert

Wieviel Geld er für sein Hobby ausgegeben hat, vermag der 66-Jährige auch nicht annähernd zu sagen. „In Sammlerkreisen wird nicht nur gekauft, da es oftmals einiges doppelt gibt, wird sehr viel getauscht.“ Das eine oder andere Mal ist etwas sehr günstig, dann wiederum setzt er auf abwarten: Wie bei einem teuren Bild, welches ihm bei einem Händler, den er immer wieder auf Tauschbörsen trifft, in die Augen gestochen ist. Eines Tages ließ sich der Mann breitschlagen und senkte den Preis auf eine für Sevignani annehmbare Höhe. Wobei nicht immer das Materielle im Vordergrund steht - Sevignani kann Darstellungen von Kitzbühel sein Eigen nennen, die von unschätzbarem ideellem Wert sind.

Heiligenbilder und Aufkleber

Eine finanzielle Unterstützung seitens der öffentlichen Hand oder von privater Seite lehnt er ab. „Es ist jedoch im Moment auch sehr wenig am Markt.“ Ein Grund auch, dass er seine Sammlertätigkeit auf die früher so beliebten Kofferaufkleber und auf Heiligenbilder sowie auf Ansichten von Aurach und Jochberg erweitert hat.

Andererseits ist er auf der Jagd nach Besonderheiten. Wie etwa auf Fotos, die das brennende München während des Zweiten Weltkrieges zeigen. Damals sind Feuerwehren aus Tirol, darunter aus Kitzbühel und Kössen, zum Löschen in die Bayern-Metropole gefahren.

Eine Motivation für seine Tätigkeit: „Der Nachwelt soll erhalten bleiben, wie schön Kitzbühel einmal war“, sagt er wehmütig, „als es noch nicht so zubetoniert war.“
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