Thomas Glavinic las aus seinem Buch
St. Johann | 3.11.11, 19.30 Uhr. Wohnzimmerstimmung in der Alten Gerberei: Kerzen am Tisch, gedämpftes Licht, bekannte Gesichter, ein paar neue. Der Obmann des Literaturvereines stellt den Autor vor und beginnt mit einem Hauch Dramatik: ein Lamborghini brettert (fast) gegen einen LKW. Der Mann im Auto überlebt. – Es ist der Autor, unbeschadet sitzt er in Turnschuhen am Pult, den Blick fest auf die abgezogene Armbanduhr.
Die Lesung beginnt … nein noch nicht ganz, zuerst noch ein paar kleinfeine Berichtigungen zu seinem Lebenswerk, denn Thomas Glavinic, Jahrgang 72, hat schon einiges abgeliefert. Ein Beispiel: Sein Buch „Wie man leben soll“ wurde verfilmt und läuft gerade in den heimischen Kinos.
Eine Pilgerfahrt nach Medjugorje
Im aktuellen Buch: „Unterwegs im Namen des Herrn“ fährt der Autor mit einem Bus voller Pilger nach Medjugorje. Beobachtet seine Mitreisenden. Schaut sich selbst beim Beobachten zu und scheitert „trotz“ Rosenkranzexzessen krankheitsbedingt. Er verlässt die Truppe (im Schlepptau 2m-Ingo, der Fotograf) und landet durch die Vermittlung seines Vaters in einem kroatischen Dekadenzalptraum, in dem Frauen schrill und aufgeschminkt sind und eine echte Ziege schließlich ihr Leben lässt (an dem Tod ist der Autor nicht unschuldig).
Während die Fantasie der Hörer in Schwung kommt unterbricht der Autor. Das Flötenduo Adelsberger, Pletzenauer entführt zart in andere Welten. Es gibt an diesem Abend (naja – in dieser Stunde) Kurzweil für Augen und Ohr. Glavinic öffnete den Buchdeckel und gewährte vagen Einblick in seine Pilgerfahrt. So hat er Appetit gemacht auf das ganze Buch, denn es ist sicher hart, das Literaturgeschäft. Ach, was weiß da schon der Leser. Und was er immer mehr will der Leser. Schließlich war er komplett hin. Der Lamborghini. Brigitte Achorner