Eine Seilbahnkapazität sagt adieu
St. Johann i. T. Die Geschäftsführung der Bergbahnen St. Johann hat er bereits im April in jüngere Hände gelegt, bei der Wirtschaftskammer zieht er sich im kommenden April zurück, die Aufgabe als weltweit oberster Seilbahner gibt er im Mai 2011 auf: Ingo Karl wechselt Schritt für Schritt in den Ruhestand.
Nichts ist älter als eine Tageszeitung von gestern. Diese Weisheit hat bei Ingo Karl die Gültigkeit verloren. Denn just eine ein Tag alte Ausgabe sollte 1978 sein Leben grundlegend verändern: In einer zufällig in die Hände gefallenen ein Tag alten Ausgabe fand er ein Inserat, in dem ein aufstrebendes Skigebiet in Westösterreich einen Geschäftsführer suchte. Das stach Karl in die Augen.
Das Skigebiet sollte sich als in Nauders liegend erweisen - Ingo Karl bewarb sich erfolgreich um den Job. „Als Unterländer hatte ich einen schweren Stand“, erinnert er sich, „zumal ich den Ausbau eines Skigebietes durchgesetzt hatte, welches von den Nauderern abgelehnt worden war.“ Gerade dadurch gewann er an Ansehen - zeitweise wurde er sogar als Bürgermeisterkandidat gehandelt.
Anteile an Bergbahnen
Von seinem Vater hat er Gesellschafteranteile an den Bergbahnen St. Johann geerbt. „Weil ich immer an den Hauptversammlungen teilgenommen habe, kannte ich das Unternehmen sehr genau.“ Als 1983 ein Geschäftsführer gesucht wurde, lag nichts näher, als Karl mit der Aufgabe zu betrauen. „Ich trat mit drei Zielen an: der Zusammenschluss von Skigebieten, Beschneiungsanlagen und gemeinsame Skipässe.“ Nur Wunsch eins erfüllte sich nicht: Aus Gründen der Lokalpolitik gelang es ihm nicht, seinen Traum von einer Skierschließung bis zur Spitze des Kitzbüheler Horns von St. Johann aus und damit die Vereinigung mit Kitzbühel zu verwirklichen. „Sie ist eine Notwendigkeit für beide Seiten, sie kommt ganz bestimmt in den nächsten Jahren“, ist er überzeugt.
Tiefpunkt Kaprun
1981 wurde er Mitglied der Fachgruppe Tirol der Seilbahnunternehmen in der Wirtschaftskammer - ab November 1990 steht er österreichweit an der Spitze der Vereinigung. Darüber hinaus wurde er 2005 Direktionsmitglied des weltweiten Verbandes OITAF, dem alle am Seilbahnwesen interessierten Gruppen aus 22 Nationen angehören. Seit vier Jahren ist er Präsident des internationalen Verbandes der nationalen Seilbahnbetreiber FIANET. Im November 1999 erlebte er die dunkelsten Stunden seiner Berufslaufbahn: Nach dem Unglück in Kaprun mit 155 Toten hatte er als Österreichs oberster Seilbahnvertreter wochenlang hunderten Medienvertretern aus aller Welt Rede und Antwort zu stehen.
In zwei Jahren Schluss
Ingo Karl ist nun dabei, aus dem Berufsleben den altersbedingt geordneten Rückzug anzutreten: Bei den St. Johanner Bergbahnen sagte er am 30. April dieses Jahres adieu, in der Wirtschaftskammer stellt er sich im März 2010 nicht mehr der Wiederwahl. International laufen seine Perioden 2011 aus: FIANET im Juni, OITAF im November.
Alexander Rußegger