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Kitzbüheler Anzeiger

Schrittweise in Normalität zurück

Woche vier nach der Jahrhundert-Flut: In Kössen hat der Alltag wieder Einzug gehalten. Aber wie gestaltet sich die Zukunft in einem Ort, dem das Hochwasser mehr als 50 Millionen Euro Schaden zugefügt hat?

Kitzbüheler Anzeiger: Herr Bürgermeister, in Ihrem Büro sammeln sich die Spendenschecks. Beinahe täglich nehmen Sie Geldbeträge von Privatpersonen, von Unternehmen bzw. die Erlöse aus Benefizveranstaltungen entgegen. Nach welchen Kriterien werden Sie die Spenden verteilen?

BM Stefan Mühlberger: Wir haben ein zehnköpfiges Gremium gebildet, das aus Kössenern aus allen Bereichen besteht. Dieses Gremium wird den Maßstab für die Verteilung der Gelder festsetzen. Von vielen Spendern habe ich den Auftrag, die Beträge an die Härtefälle weiterzuleiten – und dafür habe ich mich auch verbürgt. Das bedeutet gleichzeitig, dass ein Leicht-Geschädigter möglicherweise leer ausgeht. Ich weiß, dass ich mich mit dieser Handlungsweise nicht bei allen beliebt mache, aber damit muss ich eben leben.

KA: Wie kommen die Geschädigten jetzt rasch zu Geld?

Mühlberger: Als Sofortmaßnahme zahlt das Land  50 Prozent der Schadenssumme aus dem Katastrophenfonds aus. Dafür muss ein geprüfter Antrag vorliegen. Für Geld aus dem Spendentopf der Gemeinde braucht es ebenfalls einen Antrag, der an jeden Betroffenen bereits ausgeschickt wurde. Ich appelliere an alle Geschädigten, die Anträge so schnell wie möglich einzureichen. 

KA: Wird die Verbauung der Großache – die Fertigstellung ist für 2020 geplant – durch das Hochwasser beschleunigt?

Mühlberger: Es gibt bereits die Zusage von den Behörden, dass die Verbauung rascher in Angriff genommen und zwei, drei Jahre früher fertig gestellt wird. Aber das alleine genügt nicht. Ich werde alles daran setzen, um unsere Erfahrungen aus dem heurigen Ereignis einzubringen, damit die Maßnahmen noch stärker greifen. Wenn die Verbauung dann um zehn oder 15 Millionen mehr kostet, darf nicht darüber diskutiert werden. Kössen muss sicher werden.

KA: Wie konnte ein derartiges Hochwasser überhaupt entstehen?

Mühlberger: Die Großache  ist in St. Johann und in Kirchdorf sehr gut verbaut, aber es wurden dort keine Retensionsflächen geschaffen. Das bedeutet, dass diese Orte heuer von den Überflutungen verschont blieben, aber das gesamte Wasser im Gegenzug nach Kössen geflossen ist. Dort traf es im Bereich der Staffenbrücke mit jenen Wassermassen zusammen, die sich zwölf Meter hoch von der Entenlochklamm über das gesamte Klobensteinertal zurückgestaut haben. Und dann war die Katastrophe da. 

KA: Welche Maßnahmen schlagen Sie im Zuge der Achenverbauung vor?

Mühlberger: Wir brauchen zusätzliche Retensionsflächen im Hagertal. Dort muss auch die Errichtung einer Rückhalteklemme technisch überprüft werden. Im Ort verfügen wir bereits über sieben Hektar für Rückhaltebecken unter der Staffenbrücke und im Bereich der Kohlbach-Einmündung.

KA: Stimmt es, dass sichdie Siedlung im Ortsteil Erlau im Gefahrenbereich befindet?

Mühlberger: Es gibt erst seit 2007 einen Gefahrenzonenplan für die Großache. In diesem ist ausgewiesen, dass sich das Siedlungsgebiet Erlau in der gelben Zone befindet. In der roten Zone stehen nur sieben Häuser, allerdings schon seit mehreren Jahrzehnten.

KA: Kann man diese Katastrophe jemals vergessen?

Mühlberger: Nur ein ganz geringer Prozentsatz will den Ort nach dem Ereignis verlassen. Die Kössener wollen in ihrem Heimatdorf bleiben und ich denke, dass das positive Denken wieder überhand nehmen wird. Voraussetzung dafür ist  ein massiv verbesserter Hochwasserschutz.

Das Gespräch führte Alexandra Fusser

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