
Schein oder Nichtschein? Digitalgeld im Fokus
Der neue „Kitzbühel Digital Verein hat es sich unter anderem zum Ziel gesetzt, digitale Fragen möglichst verständlich einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nun gibt es kaum ein Thema, das so nahe am Menschen ist, wie das liebe Geld. Auch dieser Bereich bleibt natürlich nicht unberührt von modernen Entwicklungen – und da reden wir nicht nur über Bitcoins.
Der große Informationstag „Digitales Geld – Gefahr oder Chance für unsere Gesellschaft?“ in Kitzbühel fuhr hochkarätige Experten auf, die die Anwesenden auf eine zum Teil sehr aufreibende Reise in die Welt des „Digitalen Euro“ und digitaler Gutscheine mitnahmen. Auch „Stablecoins“ waren Thema: „Stablecoins sind digitale Zahlungsmittel, die auf Blockchain basieren und in der Regel vollständig durch reelle Geldeinlagen gesichert sind“, sagt Thorsten Peisl vom Digital Verein.
„Geldflüsse sind essenziell für unsere Gesellschaft, nahezu wie Blutflüsse im Körper“
Thorsten Peisl, Kitzbühel Digital Verein
Der Informationsabend zeigte deutlich, dass das Thema digitales Geld noch nicht in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist. Frei nach Shakespeare könnte man glauben, das Ganze reduziert sich auf „Schein oder Nichtschein?“ Indessen ist die Realität komplexer: „Geldflüsse sind essenziell für unsere Gesellschaft – nahezu wie Blutflüsse in unserem Körper. Gleichzeitig erfasst uns die Digitalisierung in allen Bereichen, ob wir bereit sind oder nicht. Genau deshalb ist digitales Geld ein so sensibles und kontroverses Thema. Der Verein setzt sich dafür ein, dass wir uns aktiv mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen, um nicht überrollt zu werden, sondern unsere Zukunft bewusst mitzugestalten.“
Digitaler Euro und regionale Zahlmittel
Was hat das jetzt eigentlich alles mit dem Bezirk Kitzbühel und seinen Einwohnern zu tun?
Sehr viel, denn nicht umsonst gab Marlies Stubits von der Österreichischen Nationalbank Einblicke in den Planungsstand beim „Digitalen Euro“ – möglicher Zeithorizont für die Einführung wäre 2028/2029. Soll heißen, dass digitale Bezahlformen nicht nur Sache von Technokraten sind, sondern in die Alltagswelt Einzug halten werden. Aber keine Sorge: Der digitale Euro soll das Bargeld nicht ablösen, er wäre ein zusätzliches elektronisches Zahlungsmittel für die Menschen im Euroraum.
Auch abseits der europäischen Währung gibt es bekanntlich regionale Zahlungsformen wie z.B. Einkaufsgutscheine. Welche Dimensionen das annehmen kann, daran erinnerte im Rahmen des Informationstages der Film „Das Wunder von Wörgl“ – basierend auf der wahren Geschichte des berühmten Wörgler Freigelds. Beim Thema Regionalität setzte tags darauf ein weiterführendes Informationsfrühstück an: Zentraler Punkt war die Frage, wie man z.B. Initiativen wie den St. Johanner Einkaufsgutschein, den Kitz-Zehner, den Pillerseetaler oder auch den Brixentaler in die digitale Sphäre übersetzen kann – und das ohne Risiko oder Verlust der eigenen Identität.
Regionale Gutscheine digital abbilden
Etwas „in der Hand zu haben“, einen Gutschein verschenken zu können oder Kinder dank der beliebten Münzen den Umgang mit Geld spielerisch zu lehren – das alles macht den Charme des haptischen regionalen Zahlungsmittels aus. Es gibt jedoch auch zunehmend Menschen, die morgens mit nichts außer Schlüssel und Handy außer Haus gehen und die Gutscheine dann nie zur Hand sind, wenn man sie einlösen möchte. Außerdem lässt sich der technische Fortschritt nicht aufhalten. Da gilt es, mit Hausverstand Schritt zu halten. Vertreter der Standortmarketings St. Johann, Pillerseetal, Kitzbühel sowie der Brixentaler Kaufmannschaft stellten in dem Rahmen Überlegungen auf dem Weg zu diesem Ziel an – das, wie mehrfach betont, auch nur eine Ergänzung darstellen soll und keinesfalls einen Ersatz. Die Referenten des Vortags, allen voran Paul Pöltner, Obmann der „Digital Asset Association Austria“, erarbeiteten gemeinsam mit den Anwesenden erste Visionen. Klar, dass die heimischen Standortmarketings sehr firm im Thema ihrer regionalen Gutscheinsysteme sind.
Ein Fazit des Vormittags: „Es wird nur gemeinsam gehen“, wie Elisabeth Obermoser vom Standortmarketing Kitzbühel betonte. Der neue Kitzbühel Digital Verein versteht sich als neutrale Plattform genau für solche Initiativen: Digitalisierungsschritte, die für einen Akteur alleine zu groß wären. Und daher steht der Verein unterstützend zur Seite bei den Bestrebungen, die lokalen Einkaufsgutscheine auf die digitale Ebene zu heben. Der Prozess werde dabei offen gestaltet und nicht übers Knie gebrochen, wie Thorsten Peisl erläutert: „Wir beginnen nicht mit der Frage: ‚Wie schaut die Technik aus?‘, sondern mit einer Problem- und Potenzialanalyse. Wenn wir alles mit Blick über den Tellerrand erörtert haben, also ein klares Bild vor uns liegt, welchen Mehrwert zusätzliche digitale Gutscheine bringen, erst dann können wir entscheiden, ob und wie wir weiter machen. Alles in allem ist ein organisierter Prozess ohne große Anfangskosten wichtig, der alle interessierten Gemeinden im Bezirk involviert.“