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Kitzbüheler Anzeiger

Provokantes Schönreden

Das Schönreden des Kitzbüheler Hotel- und Gastgewerbes ist provokant. 4.364 Kitzbühler Tourismusbeschäftigte fühlen sich durch Aussagen verhöhnt.

In den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu Versuchen, die Arbeitsbedingungen im Hotel- und Gastgewerbe schönzureden. Den Aussagen nach sind schlechte Arbeitsbedingungen, familienunfreundliche Arbeitszeiten und geringe Einkommen ein Ding der Vergangenheit. „­Diese Aussagen haben bei 4.364 Kitzbüheler Tourismusbeschäftigten für großen Unmut gesorgt. Das Vorgehen bei den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen, in denen man Beschäftigten nicht einmal die Erhöhung des mickrigen Mindestlohns von 1.205 auf 1.450 zukommen lassen will, sehen sie als Gegenbeweis für die scheinbar so guten Einkommen.

Die Telefone im ÖGB-Regionalsekretariat Kitzbühel liefen in den vergangenen Tagen heiß. Mitglieder fühlen sich von den Aussagen, wie gut ein Job im Tourismus angeblich zu sein scheint, verhöhnt. In der von Teilzeit, einem 60-prozentigen Frauenanteil und Flexibilitätswünschen geprägten Branche sucht man weitgehend vergeblich nach geregelten Arbeitszeiten. Dazu kommt noch die Tatsache, dass durchschnittliche Tourismusbeschäftigte im Jahresdurchschnitt fünf Monate arbeitslos sind. Die Arbeitszeiten sind keineswegs auf die Bedürfnisse der Beschäftigen abgestimmt. Die Dienste sind gesplittert und die Arbeitszeiten ungenau definiert. Im Durchschnitt wird 50 Stunden pro Woche gearbeitet. Uns wurde von Seiten der Beschäftigten auch mitgeteilt, dass Ruhezeiten, egal ob tägliche und wöchentliche, nicht eingehalten werden. Zudem ist jeder Dritte Tourismusangestellte mit seiner Bezahlung unzufrieden. Auch bei der Bezahlung der Überstunden kommt es immer wieder zu Problemen. Über 60 Prozent der Beschäftigen sprechen offen über Überbelas-tung, die durch Stress, Hektik, Zeitdruck, lange, unflexible und ungeregelte Arbeitszeiten, körperliche Anstrengungen und teilweise zu hohe Erwartung envon schwierigen Kunden hervorgerufen werden. Dadurch bleibt oft das Privatleben auf der Strecke. Rund jeder vierte Tourismusangestellte würde einen Beruf im Tourismus nicht nochmals wählen.

Wir kämpfen weiterhin für eine deutliche Verbesserung im Tourismus und lassen ein Schönreden der Tourismusbetreiber nicht im Raum stehen. Die Arbeitsbedingungen im Tourismus müssen attraktiver gestaltet werden, besonders wenn man junge Menschen dafür begeistern will. Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch altersgerechte Arbeitsplätze, um die Beschäftigten in der Branche halten zu können, oder aber auch Berufsumsteiger zu gewinnen. Das ist besser, als Dinge vorzugaukeln, die es nicht gibt. 

Hansjörg Hanser
Regionalsekretär
ÖGB Kitzbühel

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