Mit dem Rollstuhl in die Bergwelt
Der Verein „Behinderte-Barrierefrei“ ist begeistert von Kirchberg und den Kitzbüheler Bergen
Mit dem Rollstuhl in die Bergwelt
Eine Gruppe Rollstuhlfahrer erkundete die Kitzbüheler Bergwelt auf eine ganz neue Art und Weise
Kirchberg |Für staunende Gesichter sorgte die lustige Truppe rund um Oliver Fleiner mit ihren Rollstuhl-Segways letzte Woche in Kirchberg und Umgebung. Die Gruppe vom deutschen Verein „Behinderte-Barrierfrei e.v.“ machte vier Tage lang Urlaub im Gasthof Bräuwirt in Kirchberg. Dabei machten die Rollstuhlfahrer, das, was alle Urlauber bei uns gerne machen: sie genossen die Bergwelt.
Was mit einem gewöhnlichen Rollstuhl schier unmöglich erscheint, wird durch einen eigens vom Verein entwickelten Rollstuhl-Segway zur Wirklichkeit. Die Frauen und Männer fahren in die Berge, sind nicht angewiesen auf Bergbahn und Co. – wie ein ganz normaler Wanderer. „Gestern waren wir am Gaisberg und heute geht es rauf zur Ochsalm“, erzählt Oliver Fleiner, als der Kitzbüheler Anzeiger die Gruppe zum Frühstück trifft. Um 10 Uhr geht`s los. Gestartet wird direkt vom Hotel aus. Das Auto braucht die Gruppe nicht. „Der Rollstuhl-Segway hat eine Reichweite von 30 bis 40 km, je nach Steilheit des Geländes. Oben auf der Hütte laden wir die Geräte wieder auf“, erklärt Fleiner.
Bräuwirt-Chefin Kathrin Koidl kümmert sich rührend um ihre Gäste. Nach einem Unglück im Familienkreis, baute die Familie rollstuhlgerecht um. „Wir haben vor dem Umbau den Markt in Holland, Deutschland, Italien, Belgien, Österreich und in der Schweiz analysiert und sind drauf gekommen, das wir hier eine Nische gefunden haben“, erzählt Koidl. 18 der insgesamt 33 Zimmer im Gasthof Bräuwirt sind für Rollstuhlfahrer geeignet. Mittlerweile machen 80 % der Sommergäste Rollstuhlfahrer aus. „Aber auch im Winter, wenn wir nicht so viele Rolli-Fahrer haben, haben die Leute eine Gaudi mit den großen Zimmern“, so Koidl.
Wunsch nach Akzeptanz und Rücksicht
Die Rollstuhlfahrer fühlen sich wohl bei Familie Koidl, vielleicht gerade deshalb, weil sie hier wie normale Gäste behandelt werden. Mehr Akzeptanz und Rücksicht würde sich Kathrin Koidl auch vom örtlichen Tourismusverband sowie von der Gemeinde wünschen. „Der Bahnhof in Kirchberg ist nicht barrierefrei. Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln gilt es immer zu hoffen, dass ein Niederflurbus kommt – sonst können meine Gäste nicht einsteigen“, klagt Koidl. Die Gondeln der Bergbahn sind meist nur für schmale Rollstühle gebaut. „Eine Gondel mit 88 cm Einstiegsbreite würde schon viel bringen, dann könnten meine Gäste mit dem eigenen Rollstuhl auf den Hahnenkamm fahren“, erklärt Koidl.
Das Problem mit den Bussen oder den zu schmalen Gondeln bei der Bergbahn kümmert Oliver Fleiner und seine Truppe wenig. Fast pünktlich um 10 Uhr sind alle startklar und versammeln sich vor dem Gasthof „Heute scheint endlich auch mal die Sonne“, freut sich Fleiner. Und dann geht`s auch schon los. Ziel ist die Ochsalm. Bräuwirtin Kathrin Koidl ruft ihm noch nach, er soll Ochs–almwirt Thomas einen schönen Gruß ausrichten, aber so schnell kann man gar nicht schauen, schon ist die Gruppe mit ihren Rollstuhl-Segways verschwunden. Der Berg ruft!
Johanna Monitzer