
Mandatare als korrupt bezeichnet und beschimpft
St. Johann | Dass man als Gemeindepolitiker so einiges aushalten muss, ist nicht neu. Oft sind es gerade raumordnerische Fragen, die etwa zu ungehaltenen Äußerungen vor allem Bürgermeistern gegenüber, führen. Doch der in St.Johann herrschende Ton ist damit nicht zu vergleichen. Bereits vor der Volksbefragung zur geplanten Umwidmung der Hofstelle „Unterbürg“ in ein Gewerbegebiet gingen die Wogen hoch. Die ursprüngliche Ablehnung der Befragung durch die Gemeinde und die damit einhergehende Auseinandersetzung vor dem Landesverwaltungsgericht sorgte schon für Unmut. Die Initiative „Freunde des Niederkaisers“ hatten, wie berichtet, 1.400 Unterschriften gesammelt, die für eine Befragung ausreichten. Aus juristischen Gründen wurde der Antrag jedoch seitens der Gemeinde abgelehnt – das Gericht gab jedoch den „Freunden“ recht. Die Volksbefragung abgehalten.
Mit Bekanntwerden der von der Gemeinde angestrebten Revision beim Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof in Wien erreicht die Diskussion rund um „Unterbürg“ eine neue Dimension. Inzwischen stehen die Gemeinderäte aller Couleurs – die meisten Beschlüsse für die Umwidmung wurden mit großer Mehrheit gefasst – im Zentrum von Beschimpfungen, die jegliche Höflichkeit entbehren. Unterschiedliche Meinungen und lebendige Diskussionen gehören zum demokratischen Diskurs – das sei gut so und Ausdruck einer funktionierenden Gemeindepolitik, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Gemeinderates.
Was jedoch in den vergangenen Tagen geschehen sei, mache betroffen: Mehrere Mandatare des Gemeinderates wurden in sozialen Medien, auf der Straße oder per E-Mail persönlich beschimpft, bedroht oder pauschal der Korruption bezichtigt. „Solche Angriffe überschreiten eine Grenze, die wir als gewählte Vertreter der Gemeinde nicht hinnehmen können – und auch nicht hinnehmen werden“, sind sich die Mandatare einig. Ein unrühmlicher Höhepunkt der Vorkommnisse: In der Vorwoche wurde die Lebensgefährtin von Bürgermeister Stefan Seiwald nicht nur verbal attackiert, sondern auch bespuckt. Auch Familienmitglieder Seiwalds wurden beschimpft. „Bitte macht meine Familie und mein Umfeld nicht für Entscheidungen verantwortlich“, appelliert er.
Respekt ist Grundlage für Demokratie
„Wir alle haben bei Amtsantritt einen Eid geleistet. Wir haben uns verpflichtet, das Wohl der Gemeinde nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern, uneigennützig und unparteiisch zu handeln. Dieses Versprechen ist keine leere Floskel – es ist unser täglicher Auftrag“, betonen die Mandatare. Auch wenn unterschiedliche politische Meinungen, Ansätze und Positionen vertreten werden, gelte doch bei allen Debatten und auch bei aller Kritik, die man an Entscheidungen äußern darf und soll, eine Regel: Respekt sei die Grundlage jeder demokratischen Auseinandersetzung. „Wir rufen daher zu einem Abrüsten der Worte auf – in persönlichen Gesprächen genauso wie in der öffentlichen und digitalen Kommunikation. Eine Gemeinde lebt vom Miteinander, nicht vom Gegeneinander“, stellen die Gemeinderäte klar.
Dass gerade Bürgermeister immer wieder Anfeindungen ausgesetzt sind – davon kann etwa Kitzbühels Bürgermeister Klaus Winkler ein Lied singen:
Winkler: Respekt ist nicht mehr vorhanden „Der Respekt ist einfach nicht mehr vorhanden. Etwa im Internet nimmt das laufend zu. Da muss man schon einiges ertragen.“ Er habe auch immer wieder darüber nachgedacht, ob er den Klagsweg beschreiten soll. Er stelle sich in jedem Fall schon die Frage, ob man sich alles gefallen lassen muss.
Jochbergs Bürgermeister Günter Resch hat es noch nicht am eigenen Leib erlebt, weiß aber, dass es gerade bei Widmungen oft schwierig ist, da diese meist sehr kritisch gesehen werden. Dass der Ton rauer geworden ist, könne er bestätigen, sagt Kirchbergs Bgm.Helmut Berger. Beschimpft sei er aber noch nie. Es sei aber natürlich auch eine Frage, wie viel man verträgt.