Mama Bibi - Die Geschichte einer starken Frau

Die Tiroler Hilfsorganisation „Zukunft für Tshumbe“ richtet den Blick auf jene Mütter, deren Alltag nicht mit Blumensträußen und Frühstück im Bett beginnt – sondern mit Hunger, Angst, Gewalt und unvorstellbarem Durchhaltevermögen.
Die Gründerin der Nicht-Regierungsorganisation, Manuela Erber-Telemaque, kennt diese Frauen persönlich. Seit über elf Jahren engagiert sie sich im kongolesischen Tshumbe, das längst zu ihrer zweiten Heimat geworden ist. Die Menschen dort nennen sie „Waale Waana“ – „Mutter aller Kinder“.
„Schwanger zu sein und Mutter zu werden – das bedeutet in Tshumbe in Lebensgefahr zu schweben. Alle derzeitigen medizinischen Einrichtungen in der Region sind komplett unterversorgt und desolat. Frauen entbinden auf einer Holzpritsche. Es fehlt an jeder medizinischen Ausstattung. Wenn Mütter die Geburt überlebt haben, sehen sie sich mit vielen weiteren Herausforderrungen konfrontiert.
Sie müssen Wasser und Feuerholz holen, Essen kochen, für das Überleben ihrer Kinder sorgen und verzichten dafür selbst oft auf Nahrung, damit ihre Kinder nicht verhungern. Sie gehen oft bis zu 100km weit, um bei uns Hilfe zu suchen“, schildert Manuela Erber-Telemaque. Durch die dramatische Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo und internationale Mittelkürzungen bei humanitärer Hilfe verschärft sich die Situation von Millionen von Müttern und ihren Kindern immer weiter.
In der D.R. Kongo sind laut des jüngsten IPC-Berichts (Integrated Food Security Phase Classification) 3,7 Millionen schwangere und stillende Frauen von akuter Mangelernährung betroffen. Hinzu kommt, dass das Land eines der gefährlichsten Länder für Frauen ist. Nirgendwo sonst werden mehr Fälle von sexualisierter Gewalt weltweit registriert.
Die Geschichte von Mama Bibi – Ein Beispiel für unermessliche Stärke
Eine der stärksten Frauen, die Manuela je kennengelernt hat, ist Mama Bibi. Ihre Geschichte steht für die unfassbaren Herausforderungen, mit denen Frauen im Kongo täglich konfrontiert sind. „Ich traf Mama Bibi im Jahr 2014. Damals lebte sie in einer zusammengefallenen Hütte, kurz nachdem sie dort allein ihre Tochter zur Welt gebracht hatte. Ihre Tochter war das Ergebnis sexueller Gewalt, die sie immer wieder über sich ergehen ließ, nur um einen Teller Reis pro Tag zu bekommen“, erzählt Erber-Telemaque. Mama Bibi wurde mit einer körperlichen Behinderung geboren und kann nicht laufen. Sie hatte kaum eine Chance, sich selbst zu versorgen. Männer nutzten ihre Notlage aus. Immer wieder wurde sie schwanger – insgesamt 11 Mal. Doch neun ihrer Kinder überlebten nicht. Manche starben bei der Geburt, andere verhungerten, weil Mama Bibi keine Muttermilch hatte, oder sie starben an Krankheiten, weil es keine medizinische Versorgung gab.
„Nur zwei Kinder haben überlebt – dank der Spenden für unsere Organisation“, betont Erber-Telemaque. Trotz allem hat Mama Bibi niemals aufgegeben. Heute sitzt sie in einem Rollstuhl und lebt in einer kleinen Lehmhütte, finanziert durch Spendengelder. „Mama Bibi ist ein Beispiel für den unermesslichen Überlebenswillen der Frauen im Kongo. Sie zeigt uns, dass es trotz aller Widrigkeiten immer Hoffnung gibt – und dass grenzübergreifende Solidarität echte Veränderung bewirken kann“, sagt die Obfrau des Vereins.
Nachhaltige Unterstützung für Mütter in Tshumbe
Mütter wie Mama Bibi sind für Manuela Erber-Telemaque Heldinnen des Alltags. Für sie ist die Organisation eine lebensverändernde Anlaufstelle. Mit dem dortigen Mutter-Kind Programm sowie einem Ernährungsprogramm bewirkt „Zukunft für Tshumbe“ eine Verringerung der Kinder- und Müttersterblichkeit sowie der Unterernährung in der Region.
Einen weiteren entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der lokalen Gesundheitsversorgung leistet die Nonprofit-Organisation mit dem derzeit entstehenden Krankenhaus – der ersten gut ausgestatteten medizinischen Anlaufstelle für über 100.000 Menschen in der Region, mit besonderem Schwerpunkt auf Frauen- und Kindergesundheit. Als wichtigster Arbeitgeber in der Region bietet die Organisation außerdem vielen Müttern eine Arbeit mit fairer Bezahlung sowie einen Kindergarten- und Schulplatz für ihre Kinder.

„So wie mich die Mütter aus Tshumbe schätzen, schätze und bewundere auch ich sie. Was die Familien, Frauen und Kinder dort durchstehen müssen ist unvorstellbar. Es ist entscheidend, dass wir das Bewusstsein für die Herausforderungen der Mütter in Krisengebieten schärfen. Muttertag ist eine Gelegenheit, an diese Frauen zu denken und ihnen die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie verdienen“, so Erber-Telemaque.
Für ihr Engagement wird Manuela Erber-Telemaque von den Menschen in der Region geschätzt und erhielt bereits eine lokale Auszeichnung. Die Einheimischen nennen sie „Mutter aller Kinder“. Denn „Mama" bezeichnet in der Region D.R. Kongo nicht nur die biologische Mutter, der Begriff wird auch unter anderem als respektvolle Anrede für Frauen verwendet, die sich um andere kümmern und eine Schlüsselrolle in der Gemeinschaft spielen.
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