
Land soll Kontrollen übernehmen
„Jammern allein ist zu wenig. Das Problem muss in die Hand genommen werden.“ Hinsichtlich des öffentlich heftig kritisierten Prozederes im Zuge der Freizeitwohnsitz-Kontrollen wollen die St. Johanner Mandatare jetzt die Initiative ergreifen und beim Land Tirol Druck erzeugen. Auslöser für ihren einstimmigen Gemeinderatsbeschluss war ein vom Freiheitlichen Sebastian Hager eingebrachter Antrag, in dem er den Austritt St. Johanns aus der Verwaltungsgemeinschaft für Freizeitwohnsitzkontrollen fordert, der Kitzbüheler Anzeiger hat berichtet.
„Recht muss Recht bleiben.“
Geht es um die Ausforschung von illegalen Freizeitwohnsitzen, wird im Bezirk der Unmut der Bürgermeister zunehmend lauter. Aber nicht, um Verstöße gegen geltendes Landesgesetz beschönigen oder gar legalisieren zu wollen, sondern weil die Handhabung des Landesgesetzes in der Realität – so der einhellige Tenor – als unpraktikabel empfunden wird. „Recht muss Recht bleiben. Es geht nicht, dass das Gesetz in Österreich nicht eingehalten wird. Wir fordern jedoch eine Änderung des modus operandi, also der Art und Weise des Vorgehens“, darin ist man sich in der Marktgemeinde einig. Nach intensiver Debatte kamen die Kommunalpolitiker überein: „Die Freizeitwohnsitz-Kontrollen sollen nicht in der Verantwortlichkeit der Gemeinden bleiben, sondern vom Land Tirol ausgehen.“ Für Bürgermeister Stefan Seiwald steht fest: „Für die Gemeinden sind diese Kontrollen eine Herkulesaufgabe.“
„Die Kontrollen sind für die Gemeinden eine Herkulesaufgabe.“
Bgm. Stefan Seiwald
Die St. Johanner wollen jetzt ein kräftiges Zeichen in Richtung Innsbrucker Landhaus entsenden. Mit den sieben weiteren Gemeinden in der Verwaltungsgemeinschaft Freizeitwohnsitzkontrollen – Oberndorf, Kirchdorf, Jochberg, Aurach, Reith, Going und Westendorf – will man sich auf eine gemeinsame Linie einigen, Lösungsvorschläge erarbeiten und dann den Ball an das Land Tirol weiterspielen. „Wir hoffen, dass wir auf diese Art mehr Gehör für unsere Anliegen finden“, erklärt Seiwald entschieden. Weiteren Gemeinden, die sich dem St. Johanner Vorstoß anschließen wollen, stehe er jedenfalls offen gegenüber.
Bezirk Kitzbühel mehr betroffen als andere
Wie seine Amtskollegen ist er davon überzeugt, dass der Bezirk Kitzbühel von illegalen Freizeitwohnsitzen mehr betroffen sei als andere Tiroler Bezirke.Vielleicht mangle es im Landhaus deshalb an Verständnis für unsere Situation, die sich mehr und mehr zuspitzt – diese Mutmaßung war schon vor zwei Wochen nach der Bürgermeisterkonferenz in Kitzbühel zu hören.
Was im Rahmen der sogenannten Erhebungen von illegalen Freizeitwohnsitzen als besonders übel empfunden wird, ist die Flut an anonymen Anzeigen, die mittlerweile die Amtsstuben erfasst hat. Zumal auch völlig unbescholtene Leute – Einheimische wie Nutzer von genehmigten Freizeitwohnsitzen – plötzlich unverschuldet ins Visier der Kontrolleure geraten.
„Anonyme Anzeigen lösen Vernaderung aus. Es dürfe nicht sein, das plötzlich jeder jeden im Ort anschwärzt“, so war schon der Grundtenor nach der Bürgermeisterkonferenz im Kitzbüheler Rathaus vor zwei Wochen zu hören.
„Es darf nicht sein, dass jeder jeden anschwärzt.“
Welche Absurditäten dadurch zustande kommen, verdeutlicht eine anonyme Anzeige, die dem St. Johanner Bürgermeister in die Amtsstube flatterte: Darin wird sein eigenes Wohnhaus des illegalen Freizeitwohnsitzes bezichtigt. „Es stimmt, dass in meinem Haus wenig Bewegung ersichtlich ist, weil ich eben wenig daheim bin. Aber bevor anonym angezeigt wird, sollte man sich wenigstens davor erkundigen, wer da überhaupt wohnt“, ist Seiwald verärgert. „Wir brauchen keine Unruhe im Ort. Und auch der Arbeits- und Kostenaufwand für die Kontrollen steht in keinem Verhältnis zu den Ergebnissen, waren sich die St. Johanner Gemeinderäte abschließend einig.