Kitzbühels Tourismusobmann Christian Harisch im Gespräch
Bezirk | Christian Harisch über seine Tourismusvisionen, seine mögliche neuerliche Kandidatur zum Obmann und sein Leben als Multiunternehmer.
Kitzbüheler Anzeiger: Kitzbühel hat in den vergangenen Jahren touristisch stark aufgeholt. Wo ist es in zehn, 15 Jahren positioniert?
Christian Harisch: Wir sind derzeit der Aufsteiger unter den Top-Destinationen. Es gibt aber noch immer Schwächen in der Infrastruktur. Jetzt ist es entscheidend, dass wir unseren Weg qualitativ weitergehen. Aber kompromisslos und Kitzbühel-like.
KA: Welche Schwächen in der Infrastruktur meinen Sie?
Harisch: Die Bergbahn AG hat viel investiert, aber sie muss weiter massiv modernisieren. Der Bau des Ganslernlifts war ein Schwachsinn. Die Bahn muss auf den Seidlalmkopf führen, der Hahnenkamm hat als Skigebiet noch Potenzial. Außerdem fehlt uns noch immer ein Kongresshaus, das vergleichbar mit Zell am See oder Schladming ist. Das K3 der Wirtschaftskammer ist gut, aber es ist ein Veranstaltungssaal. Der Golf-Übungsplatz in Reith ist bereits auf Schiene.
KA: Braucht Kitzbühel noch mehr Luxushotels?
Harisch: Hier ist der Bedarf auch schon für die Zukunft gedeckt. Ich kenne keine Destination in Österreich, die über ein vergleichbares Bettenangebot in der obersten Kategorie verfügt.
„Entweder Obmann oder totaler Rückzug“
KA: Sie sind seit zehn Jahren Obmann von Kitzbühel Tourismus, im Dezember wird neu gewählt. Ziehen Sie eine neuerliche Kandidatur in Betracht?
Harisch: Wenn das Team passt, schließe ich eine Bewerbung nicht aus. Eines ist aber jetzt schon klar: Entweder der Obmannsessel oder der totale Rückzug von allen öffentlichen Ämtern. Funktionen wie etwa Vorsitzender des Aufsichtsrates oder Ausschussmitglied kommen für mich nicht in Frage.
KA: Wie sehen sie sich selbst als Tourismusobmann?
Harisch: Primär sehe ich meine Aufgaben nicht im Besuch von Partys, sondern im Hintergrund: Ich stelle die Strukturen her und regle die Finanzen. Unser Haus steht jetzt perfekt da. Das ist eine Leistung des gesamten Teams.
KA: Verraten Sie uns mehr über anstehende Projekte?
Harisch: Kitzbühel Tourismus wird bei den Olympischen Sommerspielen in London nicht vertreten sein. Da Sportler aus Kitzbühel nicht dabei sind, ist es auch nicht vertretbar, wenn Funktionäre auf Kosten der Mitglieder für Werbezwecke nach London reisen. Kitzbühel muss aber im Tirol Berg bei der Ski-WM in Schladming vertreten sein. Über Olympia in Sotschi müssen wir noch reden.
KA: Stichwort Kongress: Dieses Projekt favorisieren sie seit Jahren, aber es kam nie zu einer Realisierung. Wie soll es finanziert werden?
Harisch: In Form eines partnerschaftlichen Modells, in das Stadt, Land, Tourismusverband und die Wirtschaft involviert sind. Ein Kongresszentrum ist für Kitzbühel ein unverzichtbares Zusatzangebot. Das Projekt ist ein Auftrag für die neue Führung im Tourismusverband.
„Für mich gibt es keine heiligen Kühe“
KA: Kitzbühel Tourismus sponsert auch Sportveranstaltungen, z. B. ergehen jährlich 150.000 Euro an den Tennisclub als Veranstalter des Turniers. Wie stehen Sie zu den öffentlichen Finanzspritzen für Groß-Events?
Harisch: Wenn öffentliche Gelder in Veranstaltungen gesteckt werden, so muss das grundsätzlich immer hinterfragt werden. Deshalb haben wir die Fachhochschule Kufstein beauftragt, in diesem Jahr alle Kitzbüheler Events zu evaluieren, und zwar zu den selben Kriterien. Für mich gibt es keine heiligen Kühe, mit Ausnahme des Hahnenkammrennens. Das ist unantastbar. Außerdem sollen die Bürger miteingebunden werden, damit keine Kluft entsteht.
KA: Apropos Kluft: Wie gehen Sie als TVB-Obmann mit den Freizeitwohnsitzlern um? Die Spaltung der Bevölkerung in Zweitwohnsitzler und Einheimische ist ja schon längst vollzogen.
Harisch: Das ist ein ganz schwieriges Kapitel. Denn jeder Gast ist ein potenzieller Zweitwohnsitzler, mit dem Kauf eines Wohnobjekts verliert ihn die Hotellerie. Doch am Anfang steht wieder der Einheimische, der sein Grundstück oder sein Haus verkauft. Ich habe die Hoffnung, dass sich Leute, die sich hier angesiedelt haben, auch für Kitzbühel einsetzen. Etwa bei Sportveranstaltungen oder für einen karitativen Zweck.
KA: Sie sind ja nicht nur Tourismusobmann, sondern auch Anwalt und Multiunternehmer. Wie schaffen Sie es, alle Funktionen und Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen?
Harisch: In Kitzbühel bin ich zu 100 Prozent Tourismusunternehmer, dazu bin ich aus familiären Gründen verpflichtet. In Wien ist meine Immobilienfirma, die Einkaufszentren baut. Außerdem bin ich stark im Gesundheitstourismus in Hamburg, am Tegernsee und in Lans verankert. Unter einen Hut bringe ich alles nur mit starker Disziplin, guten Strukturen und dem richtigen Team. Denn alleine kann man nichts bewegen.
Das Gespräch führte Alexandra Fusser