Kitzbühel droht Kostenexplosion
Kitzbühel | Die Schließungskosten für das Spital werden das Budget der Stadtgemeinde auf Jahre belasten. Zusätzlich sind mehrere Gerichtsverfahren mit Ex-Mitarbeitern anhängig. Eine Schlichtungsstelle des Landesgerichts stellt darüber hinaus die finanzielle Leistungsfähigkeit Kitzbühels fest.
Stadtchef Klaus Winkler ist erschüttert. Die finanziellen Forderungen der ehemaligen Krankenhaus-Mitarbeiter übersteigen das budgetäre Potenzial der Stadgemeinde bei weitem, erklärte er den Gemeinderäten in der jüngsten Sitzung am vergangenen Mittwoch. „Ich bin bereits ein Dauergast im Landesgericht Innsbruck.“
Unkündbare Mitarbeiter fordern 6,8 Mio. Euro
Zur Vorgeschichte: 133 Mitarbeiter wurden per 30. Juni 2009 gekündigt, davon waren 96 in der Krankenhaus GesmbH beschäftigt, 37 als Vertragsbedienstete der Stadt angestellt. „Alle ehemaligen Gesmbh-Mitarbeiter stehen wieder in einem Dienstverhältnis, ebenso 31 der 37 Vertragsbediensteten“, schilderte Winkler. Nie in Frage gestellt hat die Stadtgemeinde die gesetzlichen Ansprüche (Abfertigungen) über drei Millionen Euro. Diese Summe steht den Dienstnehmern zu, betont der Bürgermeister.
Sechs ehemalige Vertragsbedienstete – es handelt sich dabei um vier Ärzte und zwei OP-Schwestern – stellen die Stadtgemeinde allerdings vor große Probleme: Weil sie länger als zehn Jahre im Krankenhaus Kitzbühel beschäftigt waren und älter als 50 sind, sind sie laut Landesgesetzgebung unkündbar, bestätigt auch der Kitzbüheler AK-Leiter Ludwig Brettbacher gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger. In Ermangelung von Ersatzarbeitsplätzen sprach die Stadtgemeinde trotzdem die Kündigung aus und sieht sich jetzt mit massiven finanziellen Ansprüchen konfrontiert. „Die sechs Unkündbaren fordern 6,8 Millionen Euro ein“, berichtete Winkler kopfschüttelnd.
Winklers Vorwurf:
„Brutales Abkassieren“
Weitere 10,5 Millionen Euro soll die Stadtgemeinde im Rahmen des Sozialplans bezahlen, was der Bürgermeister als „brutales Abkassieren“ bezeichnet. „Hier geht es nicht um eine Milderung der wirtschaftlichen Nachteile ,die durch die Schließung entstanden sind. Zumal mit Ausnahme der Unkündbaren wieder alle Mitarbeiter in einem Dienstverhältnis stehen“, stellt er klar. Die AK fordere die Fortzahlung von 36 Monatsgehältern für jeden Mitarbeiter samt Zulagen und Gemeindepensionen. Und zwar auch für jene Dienstnehmer, die sich in den Ruhestand begeben, behauptete Winkler. Eine „soziale Treffsicherheit“ sei damit nicht gegeben.
AK: „Winkler füttert lieber die Anwälte“
Als „Unwahrheiten“ weist hingegen Brettbacher Winklers Aussagen zurück. „Die 36 Monatsgehälter sollen nur für die einvernehmliche Auflösung der Dienstverhältnisse von den unkündbaren und schwer kündbaren Mitarbeitern bezahlt werden.“ Dass der Sozialplan auch erhöhte Abfertigungen, Gemeindepensionen, etc. für alle anderen Dienstnehmer vorsieht, die wieder in einem Arbeitsverhältnis stehen, bestätigt der AK-Chef. „Eine neue Arbeitsstelle bedeutet nicht, dass es jedem wieder gleich gut wie im Krankenhaus Kitzbühel geht“, sagt Brettbacher.
Die von Winkler genannten Summen kann Brettbacher nicht bestätigen. „Wir verhandeln nicht über Beträge, sondern über Vertragspunkte.“
Das Sozialplan-Angebot der Stadtgemeinde – es beträgt laut Winkler zwei Millionen Euro – hat die AK abgelehnt. Die Folge: Jetzt stellt die Schlichtungsstelle des Landesgerichts die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadtgemeinde fest.
Im schlimmsten Fall mache die Forderung der Mitarbeiter 20,3 Millionen Euro aus, zumal die Stadtgemeinde bereit ist, die Forderungen der Unkündbaren bis zum Höchstgericht auszustreiten, wie Winkler betont.
Nach Ansicht Brettbachers könnten viele gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden, wäre die Stadtgemeinde auf den Vorschlag der AK eingegangen. Brettbacher: „80 bis 90 Prozent der betroffenen Dienstnehmer hätten das Angebot sicherlich angenommen. Aber der Herr Bürgermeister füttert offenbar lieber die Anwälte.“
Gut drei Millionen Euro für Bezirksverband
Damit allein ist es allerdings nicht getan: Die Schließung des Spitals schlägt mit einer weiteren Million Euro zu Buche, die für die Archivierung der Krankenakten und Zahlungen von laufenden Leasingverträgen für Geräte berappt werden muss. Außerdem wird die Stadtgemeinde auch für die laufenden Kosten im Bezirkskrankenhaus St. Johann mit 226.000 Euro zur Kasse gebeten. Das Land hat seinen Obolus bereits entrichtet und mit dem Beitritt Kitzbühels in den Bezirksverband gut drei Millionen Euro für Rücklagen und Ausbau des BKH gezahlt.
Kitzbühel droht jedenfalls ein finanzielles Desaster, betont Winkler und fügt hinzu: „Ohne massive Unterstützung des Landes geht es nicht.“ Alexandra Fusser