22. Januar 2008
aktualisiert: 11.04.12, 09:40 Uhr
Der Kitzbühel-Botschafter
Am 27. Februar 1932 erblickte Ernst Hinterseer als jüngstes von vier Kindern im Sanatorium Hohenbalken in Kitzbühel das Licht der Welt. Die Eltern, Hans und Maria, kamen zehn Jahre zuvor zu Fuß von Lofer hier her, um im Bauernanwesen von Gräfin Lamberg ihren Dienst anzutreten. Wenige Jahre später übernahmen sie die dazugehörige Seidlalm zur Pacht, freilich ohne zu wissen, dass dieses Anwesen und der Name Hinterseer in Zukunft weltweite Bekanntheit erlangen würden.
Ernst Hinterseer wuchs in einfachen, aber glücklichen Verhältnissen auf. Seine Kindheit war hart, aber wie er immer betont, vor allem schön. Das mit anpacken daheim war für ihn eine Selbstverständlichkeit. So kam es auch, dass Ernst Hinterseer ab seinem 15. Lebensjahr jeden Sommer auf der Seidlalm verbrachte.
Den Winter nutzte der Bergbauernbursche zum Skifahren – damals gar nicht so einfach: Die Eltern konnten nicht Schifahren und die Skier musste er sich mit seiner Schwester Moidi teilen. Die ersten Rennen lieferte er sich mit den einheimischen Buben. Doch Ernsts Talent wurde schnell erkannt.
Bereits 1945 durfte er als Mitglied im Kitzbüheler Skiclub an den Start gehen. An sein erstes Rennen außerhalb Kitzbühels kann sich Ernst Hinterseer noch ganz genau erinnern. Es fand im Winter 1945/46 in Kössen statt. Hingefahren sind die jungen Skisportler damals mit einem klapprigen Bus, der mit einem Holzgasofen angetrieben wurde. Ernst Hinterseer konnte, wie sollte es anders sein, als Sieger in der Jugendklasse die Heimreise antreten. 1948, als 16-Jähriger, dann die ersten Auslandsrennen und die Premiere beim Hahnenkammrennen.
Mit der heutigen Zeit sind die damaligen Bedingungen natürlich nicht zu vergleichen. Die Anreise zum Wettkampfort wurde mit dem Zug absolviert Die Skier (pro Rennfahrer an die fünf Paar) mussten alle selbst getragen und natürlich selbst präpariert werden.
Die Karriere von Ernst Hinterseer war aber nicht nur von Erfolg gekrönt. Einen schweren Sturz beim Training für das Kandahar-Abfahrtsrennen in St. Anton samt anschließender Embolie hätten ihm 1958 bald das Leben gekostet. Mit unabdingbarem Willen kämpfte sich Ernst Hinterseer aber wieder zurück, bis zu jenem Tag, der sein ganzes Leben veränderte: Am 8. Februar 1960 krönte er sich in Squaw Valley/USA zum Slalom-Olympia-Sieger. In seiner Heimat wurde er als „Retter der Nation“ gefeiert, standen die erfolgsverwöhnten österreichischen Alpinen bis dahin doch noch ohne einer einzigen Goldmedaille da. Im selben Jahr wurde er auch zum „Österreichischen Sportler des Jahres“ gewählt.
Mit dem Olympiasieg beendete Ernst Hinterseer seine Amateur-Karriere. Im Winter darauf war er Promoter der Skifirma Kneissl in Japan. Und im selben Jahr heiratete er seine Reingard, mit der er gemeinsam eine heute noch bis weit über die Grenzen hinaus bekannte Pension aufbaute. Die Winter verbachte er als Ski-Profi in Amerika. Von 1972 bis 1974 arbeitete er schließlich als ÖSV-Techniktrainer. Danach betreute er zwei Jahre lang die deutsche Skinationalmannschaft.
Doch Ernst Hinterseers Lebenslauf war vor allem auch geprägt von seiner Liebe zu Kitzbühel. So setzte er mit dem Bau der Tennishalle einen wichtigen Impuls. Nicht zuletzt, weil dadurch zweimal das Tennisturnier witterungsbedingt gerettet werden konnte. Weitere Verdienste für Kitzbühel erwarb sich Ernst Hinterseer durch seine Tätigkeit im Tourismus, wo er von 1992 bis 1997 als Vorstand tätig war. Als Wegereferent setzte er sich vor allem für den Ausbau des Wanderwegenetzes ein. Natürlich war ihm auch die Förderung des Skisports seit jeher ein ganz besonderes Anliegen.
Die Liste um die Verdienste Ernst Hinterseers für Kitzbühel wäre noch um vieles länger. Alles aufzuzählen, was er für seine Heimatstadt geleistet hat, würde den Rahmen bei weitem sprengen. Die Verleihung des Ehrenringes spricht für sich...Sabine Gratt