
Ins Schwarze getroffen
Die in Schottland lebende deutsche Künstlerin Claudia Zeiske war im Herbst 2025 einen Monat lang Artist-in-Residence in Kitzbühel. Unter dem Titel Story Stub’n lud sie die Kitzbüheler ein, über ihr Leben, ihre Stadt und ihre Zukunft nachzudenken.
Eine Tischdecke voller Geschichten
Für Claudia Zeiske war es das erste Mal, dass sie nicht ein buntes, sondern ein heimisches, traditionelles Leinentuch verwendete. Darauf sind alle Orte, Gespräche und Begegnungen als Stickpunkte festgehalten – von der Volksschule über das Café Praxmair bis hin zum Schwarzsee, den meist erklärten Lieblingsplätzen der Kitzbühelerinnen und Kitzbüheler.
Es gibt die Idee, dieses Tischtuch künftig im Museum Kitzbühel zu zeigen – als Dokument eines Monats intensiver Begegnungen und als sichtbares Zeichen einer Stadt, die sich selbst befragt.
In über 60 Interviews und Projekte in Kitzbühels Schulen sammelte Claudia Zeiske Stimmen aus allen Generationen. Viele wünschten sich eine autofreie Innenstadt, mehr Fahrradwege, eine Hochschule, erschwinglichen Wohnraum und mehr Läden für Einheimische statt Luxusgeschäfte.

Schuhmacher Herbert Haderer

Bergbahn Vorstand Toni Bodner

Lisi Patscheider
Das alte Spital sehen viele als idealen Ort für einen neuen Kulturraum – mit Zugang von der Stadtseite. Diese Vision hat Fritz Eller der Kulturreferent von Kitzbühel angekündigt und will sie weiterverfolgen.
Claudia Zeiske, begegnete den Menschen offen und spielerisch. „Ich fühle mich oft wie eine Therapeutin“, sagt sie, „denn ich höre zu – auch dann, wenn Themen unangenehm werden oder ich nicht der gleichen Meinung bin.“ Ihre Beobachtung: „Armut gibt es auch in reichen Regionen, und Reichtum in armen. Die Herausforderungen sind überall ähnlich.“
Zu ihren schönsten Begegnungen zählt Zeiske den Besuch bei Schuhmachermeister Haderer, der ihre Bergschuhe ausweitete, und das Gespräch mit Schneidermeister Prader, der während des Interviews seine Kundinnen und Kunden vermasste. „Es ist wunderbar, dass es in Kitzbühel noch so viel echtes Handwerk gibt“, erzählt sie begeistert.
Ideen für die Zukunft
Ein Vorschlag, der besonders viele inspiriert hat: Leerstehende Häuser von Zweitwohnsitzern könnten zeitweise Künstler beherbergen. Damit würde Kitzbühel zeigen, dass es mehr ist als die Stadt der Reichen und Schönen – nämlich auch ein Ort der Kultur, Begegnung und des Austauschs.
Mit Projekten wie Story Stub’n hat Kitzbühel „ins Schwarze getroffen“, wie Fritz Eller betont. In Zukunft sollen daher weitere Artist-in-Residence-Aufenthalte folgen – als wertvoller Input von außen, der den Blick auf die Stadt immer wieder neu schärft.
