
Golser: Ein Leben nach Maß und Schuh
Der Duft von Leder und Politur hängt noch immer in der Luft, die Leisten stehen in Reih‘ und Glied – als ob hier gleich wieder ein Paar Maßschuhe entstehen würde. Doch in den Geschäftsräumen in der Kaiserstraße liegt bereits der Baustellenschutt.
Nach mehr als 150 Jahren Familiengeschichte endet hier nun ein Kapitel, doch die Leidenschaft der Familie für das Schuhhandwerk bleibt – allen voran bei August „Gust“ Golser, der sein Leben lang Schuhe nicht nur gefertigt, sondern gelebt hat.
Leidenschaft von Anfang an
Für ihn war der Weg ins Handwerk vorgezeichnet. „Man hat mir schon als Säugling gesagt, ich hätte den Schusterdaumen“, erzählt er. Mit den Schustern großgeworden, begann er am 1. August 1965 seine Lehre – für ihn war es nie eine Frage, das Erbe fortzusetzen.
„Ohne Leidenschaft geht‘s nicht“
August Golser, Schuhmacher mit Leib und Seele
Die Wurzeln des Betriebes reichen weit zurück. Schon der Urgroßvater fertigte Dragonerstiefel für die kaiserliche Armee, gemeinsam mit der Urgroßmutter, die die Schäfte nähte. Aus einem Bauernhaus in St. Johann wurde so eine Werkstatt und schließlich ein Geschäft, das für Generationen von Kundinnen und Kunden zur Institution wurde.
Schuhe, die Leben verändern
Im Laufe der Jahrzehnte rückte für Gust immer stärker die Anatomie des Fußes in den Mittelpunkt. „Ein Schuh muss passen wie ein Teil vom Körper selbst“, sagt er. Mit maßgefertigten podologischen Leisten, Einlagen und besonderen Anpassungen hat er Menschen geholfen, die oft jahrelang vergeblich nach passenden Schuhen suchten.
Ob holzgenagelt, rahmen- oder zwiegenäht und immer aus edlen Ledern gefertigt – jedes Paar ein Unikat. Wichtiger als das Material war für ihn jedoch immer der Mensch, der den Schuh trägt. „Wenn ein Kunde nach der Anprobe sagt: ‚So gut hat mir noch nie ein Schuh gepasst‘ – dann ist das für mich das Schönste.“
Ein Familienbetrieb voller Herzblut
Zehn Jahre lang führte Tochter Isabel das Geschäft – mit Respekt vor der Tradition, aber auch dem Wissen, dass es für sie irgendwann Zeit ist, eigene Wege zu gehen. „Jede Generation muss ihren Platz finden“, sagt sie.
Auch Ehefrau Irmi stand jahrzehntelang Seite an Seite im Geschäft: sechs Tage die Woche. Eine Hingabe, die klar macht, wieviel Herzblut die Familie Golser in das Handwerk und in ihr Geschäft gesteckt hat.

Leicht war der Abschied nicht. Als die Umbauarbeiten begannen und die vertrauten Räume ausgeräumt wurden, blieb Gust zunächst in seiner Wohnung. „Das war schon merkwürdig“, erzählt er. Doch die Wehmut wird überstrahlt von Dankbarkeit – für treue Kunden, für ein großartiges Team, für Begegnungen mit Menschen aus nah und fern. Und ab und zu wird man Gust vermutlich auch in Zukunft noch in seiner Werkstatt antreffen. „Ganz lassen kann ich’s wohl nicht – das wäre nicht ich“, meint er augenzwinkernd.
Ein Stück St. Johann bleibt
Diese Leidenschaft hat ihn ein Leben lang getragen – und sie bleibt spürbar, auch wenn die Türen des Geschäfts nun geschlossen sind. Für Gust und Irmi beginnt nun ein neuer Abschnitt. Zeit für sich und all das, was jahrzehntelang zu kurz kam. Auch Tochter Isabel hat schon viele Ideen für ihre Zukunft.
Was aber bleibt, ist das Bild einer Familie, die mit Hingabe und Liebe zum Detail über Generationen hinweg Schuhe nicht nur verkauft, sondern Menschen durchs Leben begleitet hat. Und so wird der Name Golser auch in Zukunft untrennbar mit einem Handwerk verbunden bleiben: Schuhe nach Maß – und mit Herz.