Gewerbegrund ist Mangelware
Eine „stiefmütterliche Behandlung von Gewerbegründen im Raum Kitzbühel“ ortet der Immobilientreuhänder Christian Neumayr.
Bezirk | Gewerbegründe sind im Großraum Kitzbühel/St. Johann absolute Mangelware und, wenn überhaupt, nur zu Preisen erhältlich, die für viele Handwerks- und Gewerbebetriebe schlichtweg unerschwinglich sind.“ Das ist die Bewertung des St. Johanner Immobilientreuhänders und Gerichtssachverständigen Christian Neumayr. Unter 250 Euro Quadratmeterpreis seien in diesem Raum keine adäquaten Gewerbegrundstücke mehr zu bekommen. „Wie sollen da Betriebsneugründungen oder -ansiedlungen finanziert werden?“ fragt er sich weiter. Auch Betriebe, die aus Wohngebieten aussiedeln möchten, um Konflikte mit Anrainern zu vermeiden oder Wohnraum für die Bevölkerung frei zu geben, würden keine geeigneten Alternativen vorfinden.
Die Folgen sind für Neumayr offensichtlich: „Neue Gewerbebetriebe suchen sich Standorte im weiteren Umfeld.“ Oder anders ausgedrückt: Betriebe wandern in Gemeinden ab, wo Gewerbegrundstücke noch zu bekommen und vor allem leistbar sind. „In Hochfilzen werden entsprechende Flächen schon ab 40 Euro pro Quadratmeter angeboten“, weiß der Sachverständige. Aber auch hier sei steigendes Interesse zu verzeichnen, auch durch die Möglichkeit, zusätzlich den Pinzgauer Markt zu erschließen.
Die schleichenden Betriebsabsiedlungen haben zur Folge, dass bestehende Infrastrukturen aufgegeben und Arbeitnehmer gezwungen sind, weitere Arbeitswege auf sich zu nehmen.Was wiederum zu einem erhöhten Pendleraufkommen und einer Zunahme des Straßenverkehrs führt.
Als positives Beispiel nennt Neumayr die Gemeinde Oberndorf, die sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort mit mehr als 100 Betrieben entwickelt hat.
Oberndorf: attraktiver Wirtschaftsstandort
Im Gemeindeamt häufen sich die Anfragen nach weiteren Gewerbeflächen, bestätigt auch BM Hans Schweigkofler. Doch die Kapazitäten sind längst ausgeschöpft. Schweigkofler: „Derzeit sind keine Gewerbegrundstücke mehr vorhanden.“ Lediglich im Bereich Würth – Ortseinfahrt Richtung Dorfzentrum – seien noch Gewerbeareale im Raumordnungskonzept ausgewisen. Allerdings wolle der Grundeigentümer nicht verkaufen, bedauert der Gemeindechef.
Am Beispiel Oberndorfs sei ersichtlich, dass man dem Problem nicht machtlos gegenübersteht, sagt auch Neumayr. „Die Kommunalpolitik ist gefordert und muss aktiv werden.“ Durch langfristiges Vorsorgen und Ausweisung in Raumordnungskonzept und Flächenwidmung könne man wirkungsvoll gegensteuern. „Der Tiroler Bodenfond ist zudem ein geeignetes Instrument, um für Gewerbetreibende entsprechende Grundstücksvorsorge zu treffen.“
Alexandra Fusser