
Feuer, Licht und lange Linien
Hopfgarten im Brixental überrascht jene, die mehr als nur durchfahren. Wer vom schnellen Verkehr abbiegt, findet rund um den Marktplatz mit seiner imposanten Doppelturmkirche einen Ort, in dem Handwerk, Glaube und Kunst seit Generationen nebeneinander bestehen. Eine besondere Rolle spielt dabei das Glas – als Werkstoff, Symbol und Spiegel der Zeit.
Vom Feuer in Hörbrunn
Eingebettet zwischen Wald und Wiesen lag einst die Glashütte Hörbrunn. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrieb dort die böhmische Glasmacherfamilie Friedrich eine landesfürstliche Hütte, die zu einem kleinen Kosmos eigener Prägung wurde: Werkstätten, Wohnhäuser, eine Schule und der begonnene, nie vollendete Kirchenbau bildeten ein soziales Zentrum inmitten der Landschaft. Holz, Wasser und quarzhaltige Böden lieferten die idealen Voraussetzungen für die Glasherstellung. Franz Friedrich war es auch, der den Anschluss des Brixentals an das Eisenbahnnetz mit vorantrieb und den Ausbau der Giselabahn unterstützte.
Vom Werkstoff zur Architektur
Nach dem Ende der Glashütte setzte sich die Glasgeschichte in der Region fort. Im angrenzenden Itter entstand Steindl Glas – ein bedeutender Glasereibetrieb, der über Jahrzehnte hochwertige Glasbauten in Tirol realisierte. Nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten wurde der Standort vom Vorarlberger Unternehmen Glas Marte übernommen. So führt der Weg vom Glasmacherfeuer in Hörbrunn bis zur modernen Glasarchitektur aus Vorarlberg – eine Tiroler Linie von Handwerk, Licht und Transparenz.
Fünf Generationen Glas in Hopfgarten
In Hopfgarten selbst blieb das Glas Handwerk und Familiengeschichte. Die Glaserei Schneider steht seit Jahrzehnten für Präzision und Kontinuität. Die Geschichte beginnt mit der Familie Tanzer. Deren Tochter Margit zählt zu den ersten Glasfachmeisterinnen der Glasfachschule Kramsach. Gemeinsam mit ihrem Mann Peter Ainberger führte sie den Betrieb in die dritte Generation. Heute leitet ihre Tochter Andrea Schneider die Werkstatt, während ihr Sohn Christopher als fünfte Generation bereitsteht.
Vom Handwerk zur Kunst
2016 schlug Peter Ainberger ein neues Kapitel auf. Über der Werkstatt eröffnete er den Kunstraum Hopfgarten, in dem er zeitgenössische österreichische Kunst zeigt. Was als private Leidenschaft begann, ist heute ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens der Marktgemeinde.
Gemeinsam mit Kommerzialrat Toni Pletzer sicherte Ainberger den Nachlass des in Hopfgarten geborenen Malers Anton Bucher – rund 700 Arbeiten, die heute zum Teil in der Galerie „Toni & Toni“ und im Kunstraum Hopfgarten zu sehen sind. Eine Sammlung, die an ihren Ursprung zurückgekehrt ist und zeigt, wie sehr privates Engagement Kultur prägen kann.
Noch bis 25. Oktober sind im Kunstraum Arbeiten des steirischen Malers Gerhard Almbauer zu sehen, ab 29. November folgt eine Ausstellung von Hans Seifert, dessen Werk eng mit Tirol verbunden ist. Auch in den Sakralräumen Hopfgartens spiegelt sich die Kunst des Glases wider.

Glas, Glaube und Licht
Die Friedhofskapelle wurde von Adi Holzer mit einem farbintensiven Bilderzyklus ausgestattet, während in der Kapelle im Glockenturm Soja Litwinowa und Galina Gorowaja mit Enkaustikmalerei und Bronzearbeiten ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk schufen – eine der größten Enkaustik-Arbeiten Europas.
Der „Dom vom Brixental“ mit seiner bekannten Orgel bildet das geistige Zentrum des Ortes. Diese Verbindung von Handwerk, Kunst und Glaube setzt sich im Sozialzentrum s’ Elsbethen fort, wo Andrea Schneider und Hartwig Kaltner eine Kapelle aus Glas schufen – ein Raum aus Licht, Stille und Zuversicht.
In Hopfgarten zieht sich eine feine, beständige Linie aus Glas und Licht – durch Geschichte und Gegenwart, von den Feueröfen vergangener Jahrhunderte bis zu den transparenten Räumen der Gegenwart.