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Kitzbüheler Anzeiger
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Bgm. Klaus Winkler wünscht sich eine Änderung beim Thema Freizeitwohnsitze und hat schon ein Konzept parat.

"Es ist dringend eine Änderung nötig"

Wie bewerten Sie den Status quo bei den Freizeitwohnsitzen?

Ich halte die derzeitige Rechtslage für politisch untauglich. Das habe ich schon wiederholt kundgetan. Dem eigentlichen Willen des Gesetzgebers, der einheimischen Bevölkerung Siedlungsraum zur Verfügung zu stellen und den Ausverkauf der Heimat zu stoppen, wird damit nicht gedient. Die jetzige Situation führt zu einer überhandnehmenden Bespitzelung und Vernaderung. Es ist dringend eine Systemänderung notwendig. Seitens des Landes ist leider eine fehlende Sensibilität für eine brauchbare Lösung zu erkennen. Obgleich das Freizeitwohnsitzproblem nur ca. ein Zehntel der Tiroler Gemeinden betrifft, kann man es nicht einfach ignorieren. Ich befürchte sogar, dass man die herrschende Praxis durch das Land noch verschärfen will. Um aber eine konstruktive Lösung zu ermöglichen, habe ich mit Experten im Bereich Verfassung und Steuern ein Zukunftspapier ausgearbeitet und dem Land vorgelegt. Unterstützt wird dieser Vorschlag auch von der Wirtschaftskammer.

Wie sieht dieses aus?

Es braucht einerseits eine soziale Integration von Menschen, die zwar nicht den Lebensmittelpunkt, aber einen starken Bezug zur Region haben. Andererseits ist ein sozialer Ausgleich in Form einer Steuerschöpfung zweckgebunden für die Schaffung von leistbarem Wohnraum unabdingbar. Andere Regionen – z.B. in Italien oder Frankreich – zeigen vor, wie es gehen kann. Es ist dringend notwendig, dass eine Abgabe eingeführt wird, die sich an den Verkehrswerten der Grundstücke orientiert. Mit diesen Steuereinnahmen können die Mieten im geförderten Wohnbau stark reduziert werden. Jene Gemeinden, die damit ein hohes Steueraufkommen erwirtschaften, können auch einen Teil an andere Gemeinden abgeben, die nicht in dieser vergleichbaren Lage sind. Damit kann endlich auch den extrem gestiegenen Mietpreisen im Land entgegengewirkt werden. Von der Politik wird laufend von leistbarem Wohnen gesprochen, aber keine schlagkräftigen Lösungen geliefert. Mit unserem System könnte man das Ziel erreichen. Ich bin überzeugt, dass einheimische Familien, die im geförderten Bereich jetzt Mieten von über 1.000 Euro bezahlen, bei einer Mietreduktion von 300 bis 400 Euro im Monat von diesem System massiv profitieren würden.
Ein Beispiel sei noch angemerkt: Derzeit zahlt der Eigentümer einer 10-Millionen-Villa 900 Euro Grundsteuer im Jahr. Ein normales Einfamilienhaus kostet 700 Euro. Das ist sozial ungerecht und schreit daher nach einer dringenden Änderung.

Geht es dann nicht erneut darum, wer als einheimisch gilt und wer nicht?

Einheimischer war und ist, wer seinen Lebensmittelpunkt im Ort hat. Daran ist nichts zu ändern. Zwischen dem Lebensmittelpunkt und dem Freizeitwohnsitz, also der Nutzung von Wohnraum zu Freizeitzwecken und am Wochenende muss eine neue Kategorie geschaffen werden. Diese neue Kategorie ist an ganz strenge Kriterien zu knüpfen, um einen grenzenlosen Zuzug zu vermeiden.

Wäre das rechtskonform?

Die rechtliche Umsetzung ist nicht das Problem. Was fehlt ist die Bereitschaft und der Mut der Entscheidungsträger im Land, das brennende Problem in die Hand zu nehmen und im Sinne der Bevölkerung unseres Landes zu lösen. Statt einer Zukunftslösung erfolgt derzeit eine massive Beschädigung des Image unseres Landes. Das liest man ja zunehmend in internationalen Medien.

Woran machen Sie diesen Schaden fest?

Die derzeitige verschärfte Vorgangsweise hat noch keinen einzigen Quadratmeter leistbaren Wohnraum für Einheimische gebracht und wird auch keinen bringen. Im Gegenteil ist die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe in unserer Region extrem angespannt. Wenn es so weitergeht, sind massive Einbußen in allen Branchen und eine verstärkte Arbeitslosigkeit unausweichlich. Ich nehme eine große Aufregung vieler Unternehmer war, die sich diese Situation nicht mehr länger gefallen lassen wollen.

Hat das neue Konzept in dieser Stimmungslage überhaupt die Chance, Gehör zu finden?

Die Wirtschaft „kocht“ und verlangt eine dringende Lösung. Andererseits sehen viele aus der Bevölkerung die Freizeitwohnsitzsituation problematisch, was auch verständlich ist. Niemand will, dass Wohnungen oder Häuser nur an wenigen Tagen im Jahr, z.B. zu Weihnachten genutzt werden. Man muss aber so realistisch sein, dass der derzeitige Wohlstand in unserer Region auf die Freizeitwohnsitzsituation zurückzuführen ist. Dass es nicht mehr so weitergehen kann, ist aber auch klar. Es bedarf daher einer klaren Regelung zum Nutzen der Bevölkerung. Wenn man diesen Nutzen aufzeigt, werden sich die Bedenken legen. Es ist daher unabdingbar, dass wir diese Frage mit leistbarem Wohnen verknüpfen. Ziel ist, der einheimischen Bevölkerung den ihr zustehenden leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen und nicht mit Verfolgungspolitik für Unfrieden zu sorgen.

In Kitzbühel ist es gelungen, in den vergangenen 15 Jahren 400 neue Siedlergründe und Wohnungen für die Einheimischen zu entwickeln. Das bedeutet für etwa 10 Prozent der Bevölkerung neuen Wohnraum. In der Wohnraumschaffung gehört Kitzbühel zu den erfolgreichsten Gemeinden weit und breit. Aufgrund vieler Umstände, wie Teuerung usw. sind aber Sozialwohnungen auch nur mehr schwer leistbar – und hier muss angesetzt werden. Die Lösung liegt auf dem Tisch.

Wie ist die Bilanz der aktuellen Kontrollen?

Mit den genehmigten Freizeitwohnsitzen nimmt die Stadt ca. 800.000 Euro pro Jahr ein. Mit der neuen Lösung könnte ein Vielfaches davon eingenommen werden und damit für günstige Mieten gesorgt werden. Derzeit sind wir mit den notwendigen Verfahren gegen illegale Freizeitwohnsitze beschäftigt. Wir haben alle Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht gewonnen, leistbarer Wohnraum wurde aber leider nicht gewonnen. Das ist das traurige Resümee der derzeitigen Verwaltungsarbeit.

Wie viel kosten die Kontrollen?

Die Kontrollen kosten die Stadt Kitzbühel ca. 90.000 Euro pro Jahr. Die monetäre Situation ist hier die eine Sache. Entscheidend ist, dass den Einheimischen damit nicht geholfen ist.

Sollten diese Änderungen kommen: Würde das nicht den Zweitwohnsitzen Tür und Tor öffnen – dank vermeintlicher Rechtssicherheit?

Ich bin ein Gegner einer Generalamnestie. Es braucht eine Zukunftslösung, die nicht eine grenzenlose Öffnung des Grundverkehrs herbeiführt, sondern einen Zuzug mit Augenmaß ermöglicht. Ich bin gegen gnadenlose Spekulation.
Die herrschende Rechtslage stammt aus dem Jahr 1994, in welchem die damaligen Entscheidungsträger im Land für ein große Neuregelung bereit waren. Die Verhältnisse haben sich geändert und es ist der Zeitpunkt für eine neuerliche große Reform gekommen.

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