Nach endlosen 43 Kriegsmonaten
Karl Flick aus Fieberbrunn machte als einfacher Soldat den ganzen Ersten Weltkrieg mit.
Fieberbrunn | Mit einem lesenswerten Büchlein liefert der Heimatverein Pillersee eine ungewöhnliche Sicht auf den Ersten Weltkrieg. Bei der gut besuchten Vorstellung boten Kustos Hans Bachler und Obmann Wolfgang Schwaiger, unterstützt von der „Marktblos’n Fieberbrunn“, eine faszinierende Geschichtsstunde, an der auch die Enkelin Elisabeth Planötscher geb. Siorpaes und der Enkel Kurt Siorpaes Anteil nahmen. Für seine Eltern Lisi und Gustav Flick, hatte der Bäckermeister Karl Flick im Jahr 1921 seine Kriegserinnerungen niedergeschrieben:
Wacher Beobachter des Zeitgeschehens
Auf Wunsch und Bitte meiner Kinder will ich versuchen, nach und nach durch wahrheitsgetreue Schilderung, ohne jegliche Übertreibung, alle jenen körperlichen und moralischen Leiden, Entbehrungen und Strapazen zu schildern, welche mehr oder weniger jedem von uns Kriegsteilnehmern beschieden waren.
Wahrscheinlich auf Grund exakter Tagebuchaufzeichnungen schrieb Flick den Krieg aus der Sicht eines erfahrenen, einfachen Soldaten nieder. Schon beim Einrücken hatte es ihm an dem weit verbreiteten Hurra-Patriotismus gefehlt. Seine Niederschrift zeigt durchgehend klar, aber ohne Anklage, die Realität eines furchtbaren Krieges. Abschließend dankte er für das Glück, heil in die Heimat zurückkehren zu können, stellte aber auch fest: Dass dieser traurige Krieg ein so schlimmes Ende gefunden, das war wahrhaftig nicht unsere Schuld.
Kurt Siorpaes, Spenglermeister in Kössen, übergab die in zwei Heften niedergeschriebenen Erinnerungen dem Heimatverein Pillersee. Altobmann Reg. Rat Erich Rettenwander, der der Familiengeschichte nachging, und Kustos Hans Bachler transkribierten behutsam die Aufzeichnungen und ergänzten mittels Fußnoten zum Gesamtverständnis wichtige Daten.
Aufzeichnungen treu bewahrt
Karl Flick kam 1877 in Kitzbühel als Sohn des aus Oberösterreich stammenden Kastellans auf Schloss Kaps zur Welt. Er wurde Bäcker, leistete Militärdienst und eröffnete nach der Heirat mit Burgi Arnold eine Bäckerei in der Unteren Dorfstraße. Bei der Mobilmachung wurde er – 37 Jahre alt – eingezogen. Aus „flammendem Patriotismus“ meldete er sich zum Fronteinsatz. Er erlebte das erste Kriegsjahr in Serbien und kam dann an die Südgrenze Tirols. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er für über ein Jahr ins „Hinterland“ geschickt, kam in den letzten Monaten 1918 wieder an die Südfront und entging durch eine abenteuerliche Überquerung der Zillertaler Alpen der Kriegsgefangenschaft.
Wichtiger Beitrag zur Lokalgeschichte
In Fieberbrunn führte er die durch den Krieg arg in Mitleidenschaft geratene Bäckerei weiter. Der Verlust der Gattin und der aufkeimende Nationalsozialismus - auch die Bäckerei wurde das Ziel eines Papierbölleranschlags - verdüsterten die letzten Lebensjahre des überzeugten Christen und sozialen Unternehmers, der 1934 verstarb.
Das bereits vierte Buch des Heimatvereins Pillersee „Aufzeichnungen eines Landsturmmannes“ ist Beitrag zur Lokalgeschichte, dem Platz in vielen Häusern eingeräumt werden soll. H.W.