
Eine Erfolgsgeschichte auf zwei Rädern
Mit Stolz blickt die Radunion St. Johann auf eine außergewöhnlich lange und bewegte Vereinsgeschichte zurück: Bereits 1894 wurde der damalige „Radfahrer-Club St. Johann“ gegründet – und feierte somit im vergangenen Jahr sein 130-jähriges Bestehen. Was einst als kleine Gemeinschaft von 30 Radpionieren begann, hat sich über Generationen hinweg zu einem der traditionsreichsten und aktivsten Radsportvereine Tirols entwickelt.
Schon damals zeigte sich, dass Radfahren mehr war als Fortbewegung. In den Vereinsstatuten wurde als Zweck die „Verbreitung und praktische Verwendung des Radfahrens“ genannt. Besonders kurios wirken aus heutiger Sicht die damaligen Fahrvorschriften: So mussten Radler bei Dunkelheit Laternen tragen, beim Passieren von Vieh absteigen und durften in Ortschaften nur „im Schritttempo eines Fußgängers“ fahren.
Von der Laterne bis zum Weltcup
Der Enthusiasmus war ungebrochen. Bald zeigten die St. Johanner Radler bei Ausfahrten, Wettbewerben und Festen Präsenz – und stellten sich sogar in den Dienst der Allgemeinheit: So beteiligte sich der Club etwa freiwillig am Feuerwehrdienst, was in der Feuerlöschordnung von 1898 dokumentiert ist.


Früh prägten sportliche Erfolge das Vereinsleben. Der St. Johanner Sepp Hellenthaler wurde 1911 Zweiter der Österreichischen Straßenmeisterschaft und Dritter bei „Rund um die Gletscher“. In den 1920er-Jahren setzten Athleten wie Hubert Ritzer und Hans Prock diese Tradition fort und feierten Siege auf den Rennstrecken von St. Johann bis Melk.
Radsport mit Pioniergeist
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Verein 1955 von Roman Putzer und Robert Fuchs neu gegründet. Unter dem Namen „ARDO St. Johann“, später „RadUnion Simplon St. Johann“, entwickelte sich die Organisation zu einem Aushängeschild des Tiroler Radsports. 1969 richtete die Radunion den ersten Senioren-Weltcup aus – mit 200 Teilnehmern aus mehreren Nationen. Schon zwei Jahre später waren es über 350 Starter, darunter erstmals auch Fahrer aus den USA.
Dank engagierter Persönlichkeiten wie Franz Baumann, Robert Fuchs und Hans Moriggl gewann der Verein rasch internationale Bedeutung. Der Senioren-Weltcup wurde zur fixen Größe im Rennkalender und lockte in seiner Hochzeit bis zu 2.000 Athleten aus über 30 Nationen nach St. Johann.
Von der Geschichte in die Zukunft
Heute zählt die Radunion St. Johann rund 125 Mitglieder, davon 42 Lizenzfahrer. Besonders stolz ist der Verein auf seine starke Nachwuchsarbeit. Vizeobmann und Nachwuchscoach Jürgen Waldnig engagiert sich seit 25 Jahren im Kinder- und Jugendbereich. „Bei uns können Kinder ab sechs Jahren ins Training einsteigen“, erzählt er. „Im Vordergrund steht zunächst die Sicherheit am Bike – Balance, Technik und der richtige Umgang mit Geschwindigkeit. Viele Kids kommen ohne Bewegungserfahrung zu uns und entwickeln durch das Training Selbstvertrauen und Freude am Sport.“


Rund 70 Kinder trainieren regelmäßig bei der Radunion. Neben Mountainbike und Cross Country finden auch Disziplinen wie Downhill, Gravity, Enduro und Rennrad ihren Platz. Seit zwei Jahren ist der Verein verstärkt im Leistungssport aktiv – mit beachtlichen Erfolgen: Sowohl Staats- und Tiroler Meistertitel als auch Spitzenplätze bei Europa- und Austria-Cups zieren die Bilanz.
Leidenschaft und Verantwortung
Der Boom der E-Bikes hat neue Herausforderungen gebracht. „Die Geschwindigkeit wird oft unterschätzt“, so Waldnig. „Darum ist Techniktraining heute wichtiger denn je.“ Besonders beliebt bei den jungen Fahrern ist der Bereich „Gravity“ (darunter fällt auch Downhill) – nicht nur in St. Johann, sondern österreichweit wachsen die Starterfelder stetig.
Alle Trainer der Radunion sind speziell ausgebildet und haben viel Erfahrung. „Wir legen großen Wert auf Professionalität – aber auch auf Spaß. Nicht jedes Kind muss gewinnen. Wichtig ist, dass sie Freude an Bewegung und Teamgeist entwickeln“, betont Waldnig.
Inklusion und neue Ziele
Doch nicht nur der Nachwuchs feiert tolle Erfolge. Auch in der U23-Klasse, in der Elite und im Mastersbereich mischt die Radunion bei Rennrad-Klassikern und Mountainbike-Bewerben regelmäßig vorne mit. Im Parasport ist Handbiker Benjamin Hundsbichler auf der ganzen Welt im Einsatz – mit dem großen Traum, eines Tages Österreich bei den Olympischen Spielen zu vertreten.
Nach 130 Jahren richtet sich der Blick der RadUnion St. Johann auch nach dieser Saison weiter nach vorne. „Unser Ziel ist es, weiter professionell zu trainieren und wieder regelmäßig Nachwuchsrennen in der Region auszutragen“, verrät Waldnig.