David Kreiner kennt Höhen und Tiefen
Kitzbühel | David Kreiner hat alle Höhen und Tiefen des Sports erlebt: 2001 beinahe gelähmt, kämpfte er sich zurück. Letztes Jahr ein neuerlicher krankheitsbedingter Rückschlag und sogar das höchste Glück eines Athleten, die Freude über Olympiagold sollte schnell getrübt werden. Nichtnominierung für den Bewerb auf der Großschanze. Eine Riesenenttäuschung. Sein Markenzeichen, das sympathische Lächeln und sein positives Denken verließen ihn aber auch in diesen schweren Zeiten nicht. Das Protokoll eines Wellentales.
Dienstag, 23. Februar, 19.42 Uhr Ortszeit. Die österreichische Nationalhymne ertönt auf dem Whistler Medal Plaza, die rot-weiß-rote Fahne wird gehisst. Olympiagold. Die Tränen bleiben aus, David ist voll bei sich, nimmt alles bewusst wahr und saugt die Energie in sich auf: „Ich habe eine tiefe Befriedigung verspürt“, erklärt der 28jährige: „Freute mich riesig, als ich das Handy eingeschalten habe und an die 100 SMS eingetrudelt sind. Das schönste ist, wenn gute Freunde mit dir jubeln. Mir hat aber auch imponiert, dass sich so viele andere Nationen mit uns gefreut haben.“
Getrübte Freude
Dabei hat David schon auf dem Siegertreppchen gewusst, dass Olympia für ihn schon vorbei ist. Kein Einzelbewerb. Doch so oft wird man nicht Olympiasieger, es war ein Kraftakt, den negativen Gedanken, die sich im Kopf aufdrängten, Einhalt zu gebieten: „Ich wollte bewusst das Gefühl des Sieges auskosten.“ Das verdrängte Gefühl verfolgte ihn in den Schlaf: „Ich war einfach nur enttäuscht über das Trainerteam. Niemand hat mir sagen können, warum die Entscheidung so getroffen wurde. In meinen Aussagen und Reaktionen war ich ehrlich, deshalb kann ich mir jetzt gut in die Augen schauen. Da war nichts Egobetriebenes dabei. Was mir keiner mehr nehmen kann, ist die Olympiamedaille.“ Die Goldmedaille, in einem Rennen, das an Dramatik wohl kaum zu überbieten war: „Es ist unglaublich, für das eigene Land zu laufen. Klar war ich nervös, aber ich habe versucht, die negativen Gedanken zu verdrängen und Vertrauen in mich zu haben.“
„Mit Freude und Spaß geht alles leicht!“
Neun Jahre nach seinem schrecklichen Bergunfall, Kreiner´s ungebremster Sturz in 30 Meter Tiefe, der Angst vor der Lähmung: Bandscheiben OP; Intensivstation, Infektion. Doch schon damals, meint David, habe er seine positive Einstellung nie verloren und sich wieder zurückgekämpft: „Für dieses Ziel habe ich meinen Körper, der schließlich mein größtes Kapital ist, Schritt für Schritt trainiert und wieder in Hochform gebracht.“ Und noch einmal sollte es nicht allzu gut um Kreiners Karriere bestellt sein. Im vergangenen Jahr nämlich, ausgerechnet im WM – Jahr: Darmentzündung, Zweifel, Unsicherheit. Eine wahrlich verkopfte und verkorkste Saison, die zum frühzeitigen Abbruch führte: „Ich befand mich in einer Sackgasse, verwechselte Sturheit mit Konsequenz“, erinnert sich der Kitzbüheler. Doch diese schweren Stunden sollten auch eine Initialzündung sein, was folgte bezeichnet David als seinen „Befreiungsschlag“: „Ich habe gelernt, dass Zufriedenheit und Gelassenheit die wohl wichtigsten Attribute im Leben sind. Ich bin überzeugt, wenn man das lebt, dann lebt es sich einfacher.“ Und das macht ihn aus, den David Kreiner, den Olympiasieger aus Kitzbühel. Und mit dieser Bodenhaftung schenkt man Trainer Günther Chromecek gerne Glauben, wenn er meint: „Du bist noch der David, aber viele werden dich anders sehen.“